Ausgabe Nr.
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J M upload 03.07.2022, Viva Edition 189 | Print article

540 Jahre Fiestas Mayores de Santiago in Gáldar

Agaldar, die einstige Königsstadt der Altkanarier, wartet im Juli mit einem aufwändigem Veranstaltungsprogramm zu Ehren ihres Schutzheiligen Santiago auf, das dieses Jahr unter das Motto „Jacobeo 21-22“ gestellt wurde. Über den hl. Jakob und seine Bedeutung für Spanien bzw. einige Gemeinden auf den Kanaren haben wir bereits umfassend berichtet (siehe QR-Code li.).

Formal betrachtet wäre 2022 allerdings kein ‚Heiliges Jakobusjahr‘ (Xacobeos), denn dafür müsste der 25. Juli, Santiagos Ehrentag, auf einen Sonntag fallen. Dies wurde im 12. Jhdt. festgelegt. Die Pandemie verhinderte eine adäquate Würdigung und daher wird es dieses Jahr zelebriert. Gleichzeitig finden die Fiestas Mayores de Santiago im ganzen Monat Juli statt, deren Ursprung auf das Jahr 1483 zurückliegt und die somit ein wichtiger Bestandteil des immateriellen kanarischen Kulturguts darstellen. Von Prinzen und Prinzessinnen, bis Pferdchen und Pappmaschee … (siehe Kurioses Brauchtum in Gáldar von den Feuerpferdchen bis zu Papagüevos )

Auf Spurensuche ...

In der prehispanischen Zeit war Gran Canaria in zwei Königreiche unterteilt, und Tenesor Semidarn herrschte als Guanarteme in der Gegend von Gáldar und Doramas in Telde. Wer mehr über das Leben der Urbevölkerung erfahren möchte, ist im 2009 eröffneten Archäologiepark bestens aufgehoben. Dort wurden bedeutende Funde gemacht, u. a. eine Siedlung aus dem 11. Jhdt. sowie die berühmte bemalte Höhle (cueva pintada). Das 6.000 qm große Areal umfasst ein Museum, in dem neben den Originalausgrabungen zur Veranschaulichung Steinbehausungen errichtet wurden.

Im Herzen der Stadt, wo die Geschichte der Altkanarier im 15. Jhdt. durch die spanischen Eroberer ausgelöscht wurde, entstand die neue Stadt „Real Ciudad de Santiago de los Caballeros de Gáldar“. Auf dem gleichnamigen Hausberg ziehen sich die bunten Häuser hoch und wirken wie ein Mosaik. Der historische Ortskern wurde unter Denkmalschutz gestellt und erstrahlt schöner, denn je. Die Investitionen der letzten Jahre in die Renovierungen und Restaurierungen sind nicht zu übersehen, seien es einfache casas oder hochherrschaftliche Anwesen der gehobenen Gesellschaftsschicht.

 ... durch die Altstadt

Den Mittelpunkt der Altstadt bildet die dreischiffige Iglesia Santiago de los Caballeros im neoklassizistischen Stil, deren rechte von den insgesamt drei Pforten nur während einem Jakobusjahr geöffnet ist (siehe Foto o.). Im Inneren wird die Kirche derzeit renoviert und zwar im Besonderen die Deckenfresken aus dem Jahr 1897.

Allerdings ist der Zugang über die „dritte Pforte“ ins Innere bzw. zum dort thronenden Schutzheiligen Santiao (siehe Foto li.) möglich. Er ist mit seinem Attribut, dem Ordensgewand, reitend auf einem Pferd und mit gezogenem Schwert einfach zu erkennen. Lediglich der „morro“ (Mohr), der einst zu seinen Füßen lag wurde als politisch nicht mehr korrekt entfernt.

Davor befindet sich die große Plaza de Santiago, wo mehrere alte Lorbeerbäume Schatten spenden und ein Steinbrunnen in der Mitte dieses Platzes (siehe Foto o.) ein Hingucker ist. Normalerweise finden alle Volksfeste genau hier statt.

An einer Seite dieses Platzes befindet sich das historische Gebäude aus dem 18. Jhdt., das einstige Rathaus im neoklassizistischen Stil, wo heute die Touristeninformation untergebracht ist. Im Innenhof überragt ein über 300 Jahre alter Drachenbaum mit unzähligen Verästelungen in den Himmel. Allerdings wird der Hof derzeit ebenfalls restauriert. Die Gáldenser tauften diesen ‚tausendjährigen Baum‘ stolz „Drago Milenario“, der urkundlich erstmals 1718 erwähnt wurde. 

Wir empfehlen einen Rundgang durch das Erdgeschoss, wo sich ein kleiner Vorführungssaal sowie ein Theater mit der originalen Bestuhlung und Bühne befindet. Ein Highlight ist die vom renommierten kanarischen Künstler Pepe Damaso3) entworfene Decke dieses ehemaligen Theaters.

Ein weiteres historisches Schmuckstück liegt auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes und zwar das Casino de Gáldar aus dem Jahr 1841. Der Jugendstilbau mit seiner Fassade in Curry-Farbe ist nicht zu übersehen. Allerdings handelt es sich trotz des irreführenden Namens nicht um ein Casino, sondern um ein Kulturzentrum mit charmantem Flair. Es bietet ein dichtes Programm an Kulturveranstaltungen an. (Facebook: cdegaldar)

Vom Casino aus sind es nur wenige Meter entlang der beliebten Einkaufsstraße und Fußgängerzone Calle Capitán Quesada (siehe Foto u.) bis zum Casa Museo Antonio Padrón,2) das dem berühmten kanarischen Maler gewidmet ist. Er war wohl der renommierteste Vertreter des Indigenismus.

Auf dem Platz gegenüber führt der Weg zur Plaza de los Faycánes, wo dem letzten König der Altkanarier, Tenesor Semidán, ein Denkmal gesetzt wurde.

Die Landwirtschaft ...

Im Nordwesten von Gran Canaria, eingebettet zwischen Santa María de Guía östlich und Agaete westlich, liegt das Gemeindegebiet von Gáldar. Es zieht sich als schmale ‚Tortenecke‘ ins Landesinnere bis zum Naturschutzgebiet der Pinienwälder. Schon einige Mal haben wir Sie bei unseren Wanderungen in die schönsten Gegenden entführt. Allerdings ist jetzt im Hochsommer keine Wandersaison, da es für körperliche Anstrengungen zu warm ist.

Gáldar ist vor allem für den qualitativ hochwertigen Käse bekannt, der noch nach altbewährter Methode von Hand produziert wird. Eines der Geheimnisse liegt in der Reifung. Die Käselaibe lagern in nach Norden ausgerichteten natürlichen Höhlen - als Reifekammer - und werden so mit feuchter Frischluft versorgt.

Weniger bekannt ist die Bedeutung der Bananen- und der Zwiebelproduktion. Beide Lebensmittel waren vor der Eroberung durch die Spanier nicht bekannt und gelangen erst nach der Entdeckung der Neuen Welt auf die Kanaren. Die „cebollas“4) wurden 2012 sogar zum Agrarschatz des Jahres erklärt. Die Gáldenser widmen ihr sogar ein eigenes Fest.

Archäologiepark Gáldar

Museo y Parque Arqueológico Cueva Pintada in der c/Audiencia n° 2 in Gáldar (100 Meter vom Kirchplatz entfernt). Anfahrt: Autobahn GC1 nördlich, auf Höhe Las Palmas die Umfahrungsstraße Richtung Gáldar und anschließend Küstenstraße folgen. Beschilderung „Cueva Pintada“, Parkplatz in der Nähe. Öffnungszeiten: Di. bis Sa. von 10.30 bis 19.30 Uhr, letzte Führung um 18.00 Uhr, So. und Feiertage von 11.00 bis 19.00 Uhr, letzte Führung um 17.30 Uhr. Montags geschlossen. Eintritt: 6 Euro (Gruppen über 14 Personen und kinderreiche Familien: 4 Euro, Studenten und Rentner über 65 Jahren: 3 Euro). Führungen in Deutsch, Englisch und Spanisch. Museumsshop. Achtung: Sonntags ist der Besuch kostenlos.

JAKOBSWEG GRAN CANARIA

Dieser führt die 66  km lange Strecke quer durch die Insel von Maspalomas bis nach Gáldar. Infomaterial dazu erhalten Sie in den Touristeninformationen Gáldar, Tejeda, Las Palmas de Gran Canaria und San Bartolomé de Tirajana.

Fiestaprogramm Programmhighlights Gáldar 2022

Siehe auch Artikel in Print-Version

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Verweise (siehe www.viva-canarias.es)

1)Viva Canarias Nr. 34 vom 9.9.2018 - Das versunkene Reich der Altkanarier: Cueva Pintada (Teil 1)

2)Viva Canarias Nr. 162 vom 4.4.2020 - 100 Jahre Antonio Padrón: Es lebe der Indigenismus. Maler auf der Suche nach seinen Wurzeln.

3)Viva Canarias Nr. 145 vom 31.10.2018 - Pepe Damaso. 85 Jahre und viel Schaffenskraft.

4)Viva Canarias Nr. 174 vom 2.4.2021 - Zwiebeln, die unterschätzten Alleskönner