Ausgabe Nr.
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J M upload 28.03.2019, Viva Edition 150 | Print article

Rechtstipp Nr. 135 - Touristische Vermietung und touristische immobilien

Neuigkeiten über die Nutzung von touristischen Immobilien und über die touristische Vermietung außerhalb des touristischen Gebietes (Stand März 2019)

Da man überall im Internet und sogar in der Presse viel Falsches und Manipuliertes liest und da Unkenntnis teuer sein kann, und weil Panikmache auch keinen Sinn macht, möchte ich Sie als kanarischer Anwalt richtig informieren. 

Ausgangslage: Das Kanarische Parlament arbeitete bis vor kurzem an einer Änderung des Gesetzes für die „Modernisierung des Tourismus“ (Ley de Modernización Turística). Diese Änderung des bestehendes Gesetzes ist bisher von folgenden Parteien unterstützt worden: Nationalisten, „Coalición Canaria“ (CC), Nueva Canarias (NC) und Sozialdemokraten (PSOE). Dagegen waren die konservative Volkspartei „Partido Popular“ (PP) und die Linken von „Podemos“. 

Diese Reform bestätigte weitgehend den Status quo, enthält also keine großen Neuigkeiten bezüglich der Nutzung der Immobilien in der touristischen Gegend. Allerdings enthielt sie einige Bestimmungen bezüglich des sogenannten „alquiler vacacional“. Damit ist die individuell durchgeführte touristische Vermietung gemeint. Es ist bekannt, dass die kanarische Regierung diese in touristischen Gebieten ein Ende setzen will, und sie in nicht touristischen Gebieten zumindest beschränken will. Die bisherige restriktive Regelung der Kanarischen Regierung wurde aber zuletzt vom Obersten Gerichtshof teilweise annulliert, wobei dieser neue Gesetzesentwurf versuchte, die Wirkung dieses Urteils auszuhebeln. In den letzten Tagen hat das Kanarische Parlament beschlossen, dass ein sogenannter beratender Expertenrat (Consejo Consultivo) die Situation bewertet und einen Bericht über das Gesetzesvorhaben erstellen soll. Der Bericht wurde sehr schnell vorgelegt und besagt, dass einige Teile des geplanten Gesetzes eventuell verfassungswidrig sein könnten. Daraufhin hat das Kanarische Parlament vor wenigen Tagen beschlossen, dass über das Gesetz erst nach den kanarischen Wahlen, die am 26. Mai 2019 stattfinden, wieder verhandelt werden soll.

1. Das Immobilieneigentumsrecht ist in keinem Land unbeschränkt. Rechtliche Beschränkungen des Immobilieneigentums

In keinem zivilisierten Land kann ein Eigentümer einer Immobilie mit dieser alles tun oder lassen, was er will. Bestimmte Gesetze (besonders im Baurecht, im Denkmalschutzrecht, im Naturschutzrecht und im Mietrecht) beschränken schon seit Jahrhunderten stark die Rechte der Eigentümer und das passiert aus verständlichen Gründen im modernen Rechtswesen immer mehr. Eigentum gibt einem nicht nur Rechte sondern auch Pflichten gemäß dem Gesetz. Diese Beschränkungen oder Verpflichtungen muss der Eigentümer hinnehmen ohne deswegen einen Anspruch auf eine Entschädigung zu haben. Es ist durchaus verständlich, dass man z. B. ein Lager im Industriegebiet nicht in eine Villa umwandeln darf, sowie umgekehrt eine Villa in Playa del Inglés in eine Fabrik und, dass man in einem Geschäftslokal im Einkaufszentrum Yumbo nicht wohnen oder dort eine Hühnerfarm betreiben darf. Es ist z. B. auch nicht erlaubt, ein riesiges ländliches Grundstück in fünfhundert 30 Quadratmeter kleine  „Fincas“ aufzuteilen und zu verkaufen, oder einen  Acker einfach wild zu bebauen etc. Selbst da, wo man ein Haus oder ein Gebäude errichten darf, gibt es Beschränkungen bei der Höhe, beim Aussehen des Gebäudes usw. Das moderne Baurecht versucht, mit Gesetzen und mit der Bauplanung der Gemeinden die Nutzung von Immobilien zu regeln, damit kein Chaos entsteht und die Nutzung mit dem Wohl der Allgemeinheit harmonisiert. 

Ob eine konkrete Immobilie touristisch ist oder in einer Wohngegend steht, das entscheidet die jeweilige Gemeinde mit ihrer Bauplanung allein: Weder die Eigentümer selbst noch die Eigentümergemeinschaften können wirksam entscheiden zur Wohnanlage oder zur touristischen Anlage zu werden. Dabei ist es auch unerheblich, wie lange sich die Anlage nicht mehr in einer organisierten touristischen Vermietung befindet.

2. Vor dem Kauf prüfen, was erlaubt ist!

Jeder, der sich eine Immobilie kauft, kann und sollte unbedingt vorher im Grundbuchamt (Registro de la Propiedad) oder bei der jeweiligen Gemeinde prüfen, welche Nutzungen möglich sind. Wenn Sie sich einen Grundbuchauszug von Ihrem Appartement holen (ca. 9 € Gebühr im Grundbuchamt), oder wenn Sie sich eine baurechtliche Bescheinigung beim Rathaus holen (Certificado urbanístico, kostet das eine Gebühr von ca. 25 €), erhalten Sie auf Spanisch ganz klar die  komplette Information darüber. In der Kaufurkunde informiert der Notar ebenfalls über die rechtliche Situation. Sehr viele Käufer sind bei dieser Belehrung nicht aufmerksam und behaupten später nicht selten, nichts davon gewusst zu haben. Auch der Anwalt, der Sie beim Kauf unterstützt, sollte Sie selbstverständlich am besten informieren, er ist ja für Ihren Schutz da. In jedem Fall sollte man aber nicht irgendjemandem  blind vertrauen, der  vielleicht eigene Interesse verfolgt oder gar nicht die nötige Kompetenz dafür hat.

Anm. d. Red.: Bei einem Immobilienkauf geht es um viel Geld. Wir empfehlen immer sich einen eigenen Anwalt  zu nehmen, egal ob Käufer oder Verkäufer, der so ihre persönlichen Interessen vertritt und Sie aufklären wird.

3. Warum versucht die kanarische Regierung mit ihren Gesetzen, die Umwandlung der touristischen Zone in eine Wohngegend zu verhindern?

Auf den Kanaren leben die Meisten direkt oder indirekt vom Tourismus und darum ist es extrem wichtig, so zumindest die Meinung der Regierung, dass die touristische Infrastruktur erhalten bleibt und, dass sich das touristische Gebiet nicht langsam in eine normale Wohngegend verwandelt (das ist die sogenannte „residencialización“). Es ist auch wichtig, dass die touristisch genutzten Appartements und Bungalows weiter professionell und gemeinschaftlich touristisch vermietet werden und dadurch intensiv genutzt werden. Das ist aus folgenden Gründen so: 

a) die touristischen Gebiete sind nicht geplant und nicht ausgestattet worden für Menschen, die permanent dort leben (es fehlen Schulen, Parkplätze und ähnliche Infrastrukturen); 

b) wenn viele Leute ihre Appartements in der touristischen Zone nicht touristisch vermieten (weil sie selbst darin wohnen oder sie nur als Ferienwohnung für ihre Familie nutzen), verringert sich das Angebot und die Zahl der Touristen, die kommen können; 

c) die organisierte touristische Vermietung erhöht in der Regel die Qualität der Anlagen; 

d) die gemeinschaftlich organisierte touristische Vermietung schafft mehr Arbeitsplätze als die individuelle Vermietung; 

e) die gemeinschaftliche Vermietung erhöht die Steuereinnahmen und erschwert  Schwarzvermietungen und  Steuerbetrug.

4. Besteuerung von Mieteinnahmen

Achtung: Wenn Sie als Nicht-Resident eine Wohnung hier vermieten, müssen die Mieteinnahmen hier in Spanien versteuert werden, und zwar alle drei Monate, und nicht in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich, wo sich Ihr Hauptwohnsitz befindet. Im Land, in dem man wohnt, gibt man die Mieteinnahmen nur an, damit man so den korrekten Steuersatz für die dortigen Einkommen bestimmen kann, aber die spanischen Mieteinnahmen werden dort in der Regel nicht besteuert. Wenn es eine organisierte gemeinschaftliche touristische Vermietung gibt, dann muss die „explotadora turística“ (die Vermietungsfirma) einen Steuerabzug von der Miete  vornehmen und diesen alle drei Monate an das Finanzamt abführen (als Anzahlung der Nichtresidenteneinkommensteuer). Das heißt aber nicht, dass Sie die entsprechenden Steuererklärungen nicht machen müssen. Im Gegenteil: Sie müssen diese abgeben, und das Finanzamt weiß genau, dass Sie hier Einkommen haben, gerade wegen der Steuerabzüge. Wenn Sie die Steuererklärung einreichen, müssen Sie dann vielleicht nachzahlen, oder  eventuell erhalten Sie  auch etwas vom Finanzamt zurück.

5. Prinzip der kanarischen touristischen Gesetzgebung

Die touristischen Gesetze der Kanaren basieren auf folgenden Pfeilern:

a) Obligatorische „touristische“ Nutzung der touristischen Immobilien

b) Nutzungsverbote der touristischen Immobilien

c) Pflicht zur Einhaltung der Qualitätsstandards und der Erhaltung der Anlagen („obligación de conservación“)

d) Prinzip der Einheitlichen Vermietung (principio de unidad de explotación)

Fast könnte man auch sagen, dass es einen zusätzlichen Pfeiler gibt: das „Prinzip Realität versus Phantasie“. Die Kanarische Regierung hat anscheinend schon seit dreißig Jahren nicht den Mut gehabt, ihre eigenen Gesetze durchzusetzen. Die Erfüllung der Nutzungspflichten wird so gut wie nicht verlangt. Verstöße gegen Nutzungsverbote werden so gut wie gar nicht bestraft (die Regierung hat extrem wenige Inspektoren, um Kontrollen durchzuführen) und auch die Erfüllung der Erhaltungspflicht wird so gut wie nicht kontrolliert… Seit Jahrzehnten tut hier jeder was er will, und nur wenige, die sehr viel Pech haben, werden ertappt und bestraft. Dass die bestehenden Gesetze überall gebrochen werden, dass man offensichtlich in der touristischen Gegend überall offen, wild, schwarz und illegal vermietet (sogar mit der Hilfe von Maklern) oder fest wohnt und, dass der Regierung bisher der Wille und der Mut gefehlt hat, die geltenden Gesetze durchzusetzen, heißt natürlich nicht, dass die gesetzliche Lage eine andere wäre. Es ist aber natürlich etwas, was die Leute sehen und was ihr Verhalten beeinflusst. 

Ich verfüge hier vor Ort schon über langjährige Erfahrung und habe noch keinen Fall erlebt, in dem jemand bestraft wurde, weil er in seinem touristischen Appartement fest wohnt (in der Tat, die Gemeinde lässt sogar zu, dass Leute sich in den touristischen Appartements anmelden), oder weil saisonal vermietet wird. 

Ich habe auch noch keinen Fall erlebt, in dem eine Eigentümergemeinschaft vom Amt gezwungen worden ist, in die touristische Vermietung zu gehen. Selbstverständlich gab es auch bisher keinen einzigen Fall von Enteignung (die theoretisch sowieso nur dann möglich ist, wenn die Eigentümer, trotz mehrmaliger Mahnungen, nicht in die touristische Vermietung eintreten). 

Die Kanarische Regierung wird „niemals“ eine einzige touristische Immobilie enteignen. Darauf würde ich jede Wette eingehen ...

6. Obligatorische Nutzung, Nutzungsverbote und Prinzip der einheitlichen Vermietung in touristischen Zonen

Eine Immobilie „touristisch“ zu nutzen heißt eigentlich, sie  touristisch zu vermieten (also tageweise oder wochenweise), oder sie als Feriendomizil bzw. Zweitwohnung für sich, seine Familie, seine Freunde zu nutzen oder sie saisonal zu vermieten. 

Im touristischen Gebiet darf man nicht fest wohnen oder langfristig vermieten, mit der Ausnahme der Wohnungen, die nachweislich bereits vor 2017 als Hauptdomizil benutzt wurden (wie bereits im Bodengesetz vom Jahre 2017 beschlossen). 

Die individuelle kurzfristige touristische Vermietung (alquiler vacacional) im touristischen Gebiet ist verboten: Alle Appartements oder Bungalows einer Anlage in der touristischen Zone (ob sie bisher in der Vermietung waren oder nicht, ob die Eigentümergemeinschaften das wollen oder nicht) müssen touristisch genutzt werden (legale Pflicht zur touristischen Nutzung der Immobilien in der touristischen Gegend) und es darf nur einen einzigen touristischen Vermieter (explotador turístico) pro Anlage geben (Prinzip der einheitlichen oder gemeinschaftlichen  Vermietung)

Das Prinzip der einheitlichen Vermietung bedeutet, die Eigentümergemeinschaft sucht sich eine Firma aus und verhandelt mit dieser die Mietbedingungen, die alle Miteigentümer danach akzeptieren müssen. Obwohl viele gerne das Gegenteil behaupten (manchmal mit dem Ziel, von nicht richtig informierten Käufern Phantasiepreise für Immobilien zu erlangen, nachdem man falsch angegeben hat, ein touristisches Appartment dürfte man doch als Hauptdomizil oder zur individuellen Vermietung nutzen), hat bisher kein Gerichtsurteil das Verbot der individuellen touristischen Vermietung in der baurechtlich als touristisch erklärten Zone gekippt. Man sollte nie die eigenen Wünsche mit der Realität verwechseln. Wunschdenken ist gefährlich, besonders wenn man damit andere zu falschen Investitionen verleitet. Man darf schon der Meinung sein, dass die jetzige Regelung unsinnig oder falsch ist (dafür gibt es Anhaltspunkte), aber die wirkliche gesetzliche Lage sollte man stets realisieren …

7. Ausnahmen

Ausgenommen von der Pflicht, an der touristischen Vermietung teilzunehmen sind:

a) diejenigen, deren Immobilien sich außerhalb der touristischen Zone befinden, oder (das kommt sehr selten vor) diejenigen, deren Wohnung „uso residencial consolidado“ genießt (also wo die Gemeinde offiziell anerkannt hat, dass die ursprüngliche touristische Nutzung nie durchgeführt wurde und, dass diese  Immobilie  den Status einer Wohngegend  erhalten hat).

b) Diejenigen, die in der Immobilie fest wohnen oder schon einen festen Mieter vor dem 1. 1. 2017 hatten, solange das so bleibt und die Immobilie nicht touristisch vermietet wird oder verlassen wird. Das muss man aber nachweisen können, zum Beispiel mit einer Anmeldung oder Residencia.  Der Eigentümer kann diese Nutzungsmöglichkeit weitergeben, wenn er die Immobilie verkauft oder vererbt, aber nur, wenn der Erwerber auch selbst dort fest wohnt oder jemand anders das weiter tut.

c) In diesen Anlagen, in denen es eine alte touristische Lizenz gibt und die touristische Firma mehr als 50 % der Wohneinheiten besitzt, sind die restlichen Appartementeigentümer nicht verpflichtet, ebenfalls touristisch zu vermieten,  zumindest solange es diese legale organisierte Vermietung gibt.

8. Die individuelle touristische Vermietung „Alquiler vacacional“

Wenn Sie, meine lieben Leser, es bis hierhin geschafft haben, sollte es für heute genug sein! Die etwas trockene Materie kann schnell ermüden… In meinem nächsten Bericht, wenn Gott und die Herausgeberin von Viva Canarias das noch erlauben, werde ich Ihnen ausführlich weiter berichten, wann man individuell touristisch vermieten kann, sowohl in der touristischen Zone (selten) als auch außerhalb des touristischen Gebiets. Ich werde Ihnen erklären, in welchen Fällen Sie  Ihr Landhaus oder Ihre Wohnung in Las Palmas oder in El Tablero (also außerhalb der touristischen Zone) an Touristen tageweise oder wochenweise vermieten dürfen und welche Bedingungen Sie hierfür erfüllen müssen. Ich werde Ihnen auch von den letzten einschlägigen Urteilen berichten, von den Vereinen, die für die Ausbreitung der individuellen touristischen Vermietung kämpfen, usw.

Ich hoffe, mein Bericht über dieses wichtige Thema hat Sie interessiert und hilft Ihnen, sich in diesem Themenbereich besser zurechtzufinden.

Mit freundlichen Grüssen, 

Ihr 
José Antonio Pérez Alonso
Abogado/Rechtsanwalt
www.kanzleiperezalonso.com