Ausgabe Nr.
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J M upload 13.04.2020, | Print article

Semana Santa im Ausnahmezustand 2020

Zu Ostern herrscht auf den Kanarischen Inseln Ausnahmezustand. Ich hätte wohl nie gedacht, dass mein Zitat aus dem Jahr 2018 jemals in diesem Sinn wahr werden würde. Denn damals bezog ich es auf die Menschenmassen, die zur „Semana Santa“ die Hotels, Bungalows, Strände und vor allem auch die Campingplätze in Beschlag nehmen. Diese Zeit wird zur wahren Herausforderung für die Touristenhochburgen, die in dieser Zeit förmlich aus den Nähten Platzen, denn zu den ausländischen Gästen gesellen sich zu den Einheimischen dazu.

Coronavirus hat Ostern 2020 verändert

Das Coronavirus hat in diesem Jahr alles verändert und kreiert ein sureales Bild von Menschenleeren Straßen, Plätzen, Cafés, Parks und sogar die Strände. Durch den Ausnahmezustand dürfen keine Veranstaltungen stattfinden und so bekam in diesem Jahr die virtuelle Welt eine stärkere Bedeutung. Die Karwoche, der Ursprung des Wortes leitet sich aus dem althochdeutschen Wort ‚Kara’ ab, was Kummer und Trauer bedeutet.

Die wichtigsten Termine zu Ostern lauten wie folgt:

5. April: Palmsonntag (Domingo de ramos)
9. April: Gründonnerstag (Jueves Santo, Feiertag)
10. April: Karfreitag (Viernes Santo, Feiertag)
11. April: Karsamstag (kein Feiertag in Spanien!)
12. April: Ostersonntag
13. April: Ostermontag (kein Feiertag in Spanien!)

Während in Spanien heutzutage Ostern primär ein Familienfest ist, jedoch ohne die bei uns üblichen Bräuche wie ‚Ostereier pecken‘ treten die religiösen Festivitäten in den Vordergrund. Die wichtigsten stellen wir hier vor:

 

Start mit dem Palmsonntag

Die ‚Semana Santa’ beginnt mit dem Palmsonntag (Domingo de ramos) und man gedenkt dem Einzug Jesu Christi in Jerusalem auf einem Esel, wo ihn das Volk wie einen König empfing und mit wedelnden Palmzweigen zujubelte. Palmen wurden als heilige Bäume verehrt, während der Esel sinnbildlich für Bescheidenheit und Frieden stand.

In der spanischen Provinz Elche und in Alicante entwickelte sich dazu eine jahrhundertealte Tradition, die vermutlich auf das Jahr 1370 zurückreicht: Die Kunstwerke aus Palmzweigen (Palmas artesanales, siehe Foto). Diese werden zumeist von Frauen angefertigt und zwar in dem Pflanzen gezogen werden, die kaum dem Licht ausgesetzt werden und somit sich kaum der grüne Farbstoff Chlorophyll entwickelt und die Palmwedel eine dezent gelbe Farbe haben. Zusätzlich werden sie in Bädern gebleicht und dann werden sie zu kunstvollen Gebilden geknüpft (siehe Foto). Es gibt auch in Las Palmas diese ‚Kunsthandwerkerinnen‘.

Die Passionsblume

Die Kirchen quellen von aufwendigen Blumenarrangements über. Eine Blume hat eine besondere Symbolkraft zu Ostern und zwar die sogenannte Passionsblume (bot. Passiflora Quadrangularis). Sie steht für das Leiden Christi. Wer genau hinschaut, sieht die „drei Nägel Christus“, die fünf Wunden und die Dornenkrone (siehe Foto li. u.). Sie kommt in weiß und in violett vor. Auch die Farbe violett hat eine tiefere Bedeutung in der Passionszeit und steht für den Übergang und die Verwandlung.

Prozessionen mit "Mantillas blancas", Büßer mit Kutten und Spitzhauben

Bei vielen Prozessionen könnte man es mit der Angst zu tun bekommen … Die Jungfrau Maria mit dem Schwert in der Brust, büßende Kettenträger, in schwarze Spitze verhüllte Witwen, Fackeln, Kerzen und unheilschwangere Klänge der Blaskapellen, die den Zug durch dunkle Gassen begleiten etc. Besonders eigentümlich muten die Büßer in ihren langen Kutten und mit ihren mysteriösen Spitzhauben, die an den Ku-Klux-Klan erinnern, an. Diese Kleidung und die Verhüllung des Gesichts diente dazu, die Anonymität während des Bußaktes zu bewahren. Kaum noch zu sehen sind Selbstgeißelungen, die einst von Franziskaner- und Dominikanermönchen als Zeichen der Solidarität mit den Leiden Jesu Christi durchgeführt wurden.

Auf den Kanarischen Inseln sieht man traditionell auch Frauen mit hüftlangen weißen Kopftüchern (Mantillas blancas) und es gibt sogar eine eigene Prozession (siehe Foto).

Passionsspiele

In vielen Gemeinden finden Passionsspiele statt, wobei auf Gran Canaria Agüimes wohl der imposanteste Schauplatz des Spektakels mit rund 300 Statisten und Laienschauspielern ist, die den Einzug Jesu in Jerusalem, seine Kreuzigung und seine Auferstehung inszenieren. Beginn ist um 20.30 Uhr (Schauplätze: Parque de los Moros, Plaza de San Antón und Plaza del Rosario).

Magna-Prozessionen als Megaspektakel am Karfreitag

Prozessionen sind ein wesentlicher Bestandteil der „Semana Santa“, abgesehen von den vielen Gottesdiensten und Eucharistiefeiern. Der Karfreitag ist formal das Ende der vorangehenden vierzigtätigen Fastenzeit und man gedenkt dem Leiden und dem Tod des Erlösers am Kreuz. Daher wird dieser Tag auch als „Stiller“ oder „Hoher Freitag“ bezeichnet. Unzählige Menschen kommen am Karfreitag nach Las Palmas de Gran Canaria, Kirchenvertreter und Gläubige, Politiker und sogar Militärvertreter und nicht zuletzt auch immer mehr Touristen, die dieses Spektakel interessiert verfolgen (so profan das nun auch klingen mag). Dem Anlass entsprechend nimmt man in festlicher Kleidung teil. Die Heiligenfiguren auf ihren schweren und mit Blumen verzierten Thronen werden von tief Gläubigen beim Umzug getragen, eine unbeschreibliche Ehre.

Eine Besonderheit ist die sogenannte Magna-Prozession. Dabei starten rund ein Dutzend Prozessionen gleichzeitig an verschiedenen Kirchen der Stadt Las Palmas und finden sich allesamt vor dem großen Platz an der Kathedrale Santa Ana ein. Das geschieht für gewöhnlich gegen 18.30 Uhr.  

 

Siehe auch

Las Palmas bereit für Osteransturm