Ausgabe Nr.
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J M upload 01.09.2018, Viva Edition 90 | Print article

Ciao Ciao - Italiener 'eroberten' den Süden Gran Canarias

Auch dieses Mal haben wir wieder ein interessantes Firmenportrait für Sie und zwar das der Ciao Ciao Kette. Um den Namen kommt man auf Gran Canaria nicht herum. Dieser Familienbetrieb ist einer jener, wo die Gründer als Pioniere vor Jahrzehnten auf die Insel kamen und mit viel harter Arbeit, Fleiss und Qualität zu einer festen Größer der hiesigen Unternehmerlandschaft wurden. 

Immerhin beschäftigen sie, je nach Saison, zwischen 90 und 120 Mitarbeiter. Wie war es, zu einer Zeit lange vor dem vereinten Europa sich in das Abenteuer Gran Canaria einzulassen? Sie zählen zu den Visionären, die alles hinter sich ließen und sich wagemutig in einem fremden Land eine Existenz aufbauten. Welche Ängste und Herausforderungen musste man meistern und welches Erfolgsrezept steckt dahinter, dass Ciao Ciao seit fast dreißig Jahren so fest im Sattel sitzt? Wir begaben uns zum Anexo II, wo sich das berühmte Flaggschiff - die berühmte Ciao Ciao Eisdiele samt dem angeschlossenen Café - befindet. Es ist stets gut besucht und zwar nicht nur wegen der exponierten Lage zum Meer. Oft war ich dort. Das Eis kann fast süchtig machen, so unerreicht köstlich schmeckt es. Und nun war ich sehr gespannt auf die Person dahinter steht. Es war ein herrlicher sonniger Nachmittag. Die Crew hatte alle Hände voll zu tun, um die vielen Gäste schnellstmöglich zu bedienen. In Summe bewirtschaften sie hier am Anexo II mit dem Restaurant La Piazza und der Eisdiele Ciao Ciao um die 300 Plätze, routiniert und jeden Tag. 

Mitten im Geschehen

Und genau hier, mittendrin zwischen all den umhereilenden Kellnern ist die resolute Chefin Susanne anzutreffen. Man kann ihren flinken Bewegungen an der Kasse kaum folgen. Dabei hat sie nicht nur ein Lächeln im Gesicht, sondern auch noch das Geschehen rundum fest im Blick. Man ist ein eingespieltes Team, so scheint es. Dezent instruiert sie es, während sie die Tasten drückt.

Schließlich entdeckt uns Susanne und begrüßt uns mit einem festen Händedruck, ihrem einnehmenden Lächeln und interessierten Augen. Sie ist ein sympathischer Mensch, denn man aufgrund seiner herzlichen Art einfach mögen muss. Ich bin ehrlich gesagt ein wenig überrascht, denn oftmals sitzen Chefs herum und lassen das Fußvolk schuften, während sie sich wichtig fühlen bzw. machen. Die Unternehmerin ist nicht abgehoben, sondern vor Ort und das jeden Tag. Wir gehen in ihr daneben liegendes Ciao Ciao Piazza, um uns in Ruhe unterhalten zu können. 

Wir drehen das Rad der Zeit zurück

Susanne erinnert sich: „Ich war sehr jung als ich meinen Mann in einem Café in Oldenburg kennenlernte. Viele Latte Macciatos später heirateten wir und schon kurz danach bekamen wir unseren Sohn Filippo. Es war schon immer sein Traum einmal ein eigenes Eisgeschäft zu haben. Mein Mann ist ein workaholic, so wie ich. Arbeiten musste er schon in frühen Jahren und begann mit zwölf als Kofferträger in Capri. Mit nur 17 Jahren führte er seine erste Pizzeria in Berlin. Hätte ich meinem Mann nicht zu hundert Prozent vertraut, hätte ich den Schritt ins Ausland zu gehen wohl nicht gewagt. Wir waren jung und unbeschwert.“

Sehr viel Arbeit und sehr wenig Schlaf

Susanne erzählt das mit einer entwaffnenden Offenheit und man merkt in der respektvollen Art und Weise wie sie ihren Mann beschreibt, dass das auch stimmt. „Der Anfang war sehr schwer, denn mein Sohn Filippo war erst zweieinhalb Jahre alt. Nach nur zweieinhalb Stunden Schlaf kam ich oft mit der Zeit durcheinander, besonders im Winter mit den vielen Nachtstunden. Also wünschte ich ihm mitunter auch am Morgen eine gute Nacht. Man hat ständig ein schlechtes Gewissen. Und dann, als Filippo die Deutsche Schule besuchte, musste die kleine Maus auch noch eineinhalb Stunden mit dem Bus fahren“, erzählt uns Susanne.

„Es war mir wichtig in der Nähe zu sein und aus diesem Grund mieteten wir gleich nebenan eine Wohnung, wo ich manchmal zwanzig Mal am Abend nach dem Rechten sah. Als Mutter macht man sich ständig Sorgen. Als er zehn war begann mit der Geburt meiner heute zwanzigjährigen Tochter alles von vorne. Sie studiert auf ein Lehramt. Die Babysitterin von damals ist schon fast zu einem Familienmitglied geworden. Heute arbeitet sie bei meinem Sohn Filippo und kümmert sich um seine 'Kinder' (seine Hunde).“

Disziplin ist eines der Geheimrezepte und diese hat Susanne als Tochter einer Unternehmerfamilie schon im Kindheitsalter mitbekommen. „Vielleicht fällt es einem leichter, weil man es als Kind so gelernt hat. Man sieht vieles anders und ich kenne mich als Einzelhandelskauffrau in meinem Metier mit allem was dazu gehört aus, wie z. B. Abrechnungen und Kalkulation.“ Susanne sinniert mit einem fast ungläubigen Schmunzeln im Gesicht „Im Jahr 1994 nahmen wir zur Piazza die heutige Ciao Ciao Eisdiele dazu. Wir hatten ein Mini-Büro in El Tablero und eine Sekretärin. Wir führten nur ein kleines Sortiment von zehn Eissorten und lieferten es mit unserem kleinen Ford aus. Heute stellen wir vierzig Sorten nach original italienischen Rezepten her.“

Wachstum peu a peu

Die Gäste kamen, sowohl Touristen als auch Stammgäste - besonders im Winter. Jeden Abend bietet man den Gästen spanische Live-Musik. Wenn es gut läuft, dann wird auch die Konkurrenz aufmerksam. „Nach einigen Jahren klopfte ein großer Eiskonzern an die Tür und wollte uns kaufen“ verrät Susanne und fährt fort: „Aber das kam für uns nie in Frage. Man baut sich etwas auf und wenn man es geschafft hat, dann gibt man es nicht einfach ab. Inzwischen sind wir mit unserem Eis mit zwölf Sorten im Ein-Liter-Pack in den Spar-Geschäften gelistet.“ Schon kurze Zeit nach den Lokalen am Anexo II in Playa del Inglés eröffnete man die Restaurants in Meloneras und am Strand von Amadores. Meloneras ist inzwischen auch bei Spaniern fest etabliert und lockt sogar regelmäßig Gäste aus Las Palmas an. Dort führt ihr Mann strenges Regiment und sorgt dafür, dass alles wunschgemäß abläuft.

Man arbeitete damals wie heute hart, nur, dass inzwischen sukzessive Familienmitglieder nachgezogen sind. „Wenn man selbständig ist muss man immer dahinter sein und alles kontrollieren. Man muss Menschen seines Vertrauens um sich haben. Als Familie halten wir alle zusammen und sind immer füreinander da. 

Leider hat das viele Arbeiten auch seine Schattenseiten und so haben mein Mann und ich uns im Laufe der Jahre voneinander entfernt. Wir sind nach wie vor gute Freunde und verstehen uns großartig, doch ist die Ehe gescheitert. So lebt er zwischendurch einige Monate in Brasilien und pendelt sozusagen.“

Am Ball bleiben und vor Ort sein

Susanne fährt fort: „Das ist das Los des Chefs, dass man vor Ort sein muss. Das Personal kostet immer viel Zeit, besonders am Anfang. Es ist ein Ausbildungsproblem. Niemals würde eine Fachkraft beispielsweise auf die Idee kommen ein Glas am oberen Ende in die Hand zu nehmen. Man muss ständig dahinter sein, aber als Mensch. 

Vielleicht unterscheide ich mich da von vielen meiner Kollegen aber meiner Meinung nach erreicht man bei der kanarischen Mentalität mit Schreien genau das Gegenteil. Arbeiten muss auch Spass machen. Und wenn man für sein Team da ist, dann kommt auch was zurück und zwar freiwillig. Das erzeugt ein ganz anderes Arbeitsklima, auch auf die Gefahr hin dass ich zu lieb bin“.

Das Geheimnis des Familienerfolgs

Wir importieren auch alles selbst. Wir kaufen das Fleisch aus Argentinien, aus Italien die Pasta und alles, was wir für die Eisherstellung benötigen. Wir schälen das Obst selbst, das wir fürs Eis benötigen“, erzählt Susanne. Man muss auch am Ball bleiben was neue Trends betrifft. Der Besuch der jährlich stattfindenden Eismesse in Rimini ist für ihren Mann Pflicht.

Alle unsere Zutaten sind frisch. Das ist das um und auf für gute Qualität

Im Jahr 2000 bauten sie schließlich ihre eigene Eisfabrik im heutigen Industriegebiet von Arinaga. Es interessiert Sie vielleicht auch, wie das Eis hergestellt wird. Susanne hat uns eingeladen die Fabrik zu besuchen, die wir Ihnen sehr gerne in unserem zweiten Teil in der nächsten Ausgabe vorstellen werden. Dort ist Filippo Gennaro Palomba, der Sohn des Hauses, Administrador Unico, nachdem er 2007 ins Unternehmen eingetreten ist. Die Mutter beschreibt ihren Sohn so: „Er entspricht dem typisch deutschen Klischee: pünktlich, ordentlich, genau und sachlich. Meine Tochter Shari hat mehr von meinem Mann und sieht manches im Leben südländisch lockerer.“ Als Weltbürger spricht Filippo fließend spanisch, italienisch, deutsch und englisch. Er hat sogar in New York gelebt. Mit so vielen Lokalen und Mitarbeitern hat man alle Hände voll zu tun, denn Stehenbleiben scheint Rückschritt und so arbeitet man derzeit am neuen Marketingkonzept für das Ciao Ciao Eis. Man muss eben auch immer mit der Zeit gehen.

Susanne ist mit ihrer einstigen Entscheidung nach Gran Canaria auszuwandern voll zufrieden und bereut nichts. Hier fühlt sie sich Zuhause. Mit diesem Ausspruch schließe ich das Gespräch ab und blicke noch eine Weile auf das Meer und freue mich schon riesig auf unseren Besuch in der Eisfabrik. Diese stelle ich Ihnen in der nächsten Ausgabe vor.