Ausgabe Nr.
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J M upload 15.10.2018, Viva Edition 28 | Print article

Mit dem Wüstenschiff auf Tour - "Kamelsafari"

Kaum ein Bild versprüht mehr orientalisches Fair als eine Kamel-Karawane. Auf den Kanarischen Inseln zählen diese geduldigen Tiere zu den Wahrzeichen, die einen großen Beitrag für den Tourimus leisten. Obwohl auf dem Archipel fast ausschließlich „Dromedare“ mit ihrem einen Höcker vertreten sind, nennen sie die Spanier meist unisono „Camellos“, egal wie viele Höcker sie haben. Der Einfachheit halber bleiben auch wir bei der Bezeichnung Kamel, obwohl wir eigentlich über Dromedare schreiben. Wie kamen die Kamele auf die Kanaren?

Die ersten Kamele kamen bereits vor den Spaniern auf die Kanaren. Man schrieb das Jahr 1404 als maurische Piraten erstmals diese geduldigen und anspruchslosen Nutztiere aus Afrika mitbrachten. Und auch Agustín Millares Torres schreibt in seinem Buch „Die Geschichte der Kanarischen Inseln“ über die Feldzüge von Diego García de Herreras, der im 15. Jhdt. bei seinen Eroberungen in afrikanischen Küstengebieten „Menschen und Vieh erbeutete“. Man nimmt an, dass damit auch Kamele gemeint waren. 

Das Klima hier war für die Tiere ideal und besonders in den trockeneren östlichen Inseln (Fuerteventura, Lanzarote und Gran Canaria) vermehrten sie sich prächtig.

150 Liter Wasser in nur zehn Minuten

Kamele lieben heißes trockenes Klima und haben sich im Laufe der Evolution an ein Leben in der Wüste eingestellt.Ihre Nasenlöcher oder auch „Nüstern“ bezeichnet, können sie verschließen, um so keinen Sand einzuatmen, was besonders bei Sandstürmen wichtig ist.  

Dafür meiden sie das Wasser, außer beim Trinken. Kamele können bis zu drei Wochen ohne Wasser überleben. In so einer Dürrezeit zehren Sie von den angesammelten Reserven die sich in Form von Fettpolster in ihrem Höcker befinden. Dieser schrumpft zusammen, je länger davon Gebrauch gemacht bzw. kein Wasser getrunken wird. Wenn sie dann Wasser trinken, dann können sie in nur zehn Minuten 150 Liter zu sich nehmen.  

Brave tierische Helfer

Ursprünglich wurden die Tiere auch hier, so wie im benachbarten Afrika, als Arbeitstiere genutzt. Als Lastentiere trugen sie allerlei Waren. Kamele waren auch eine beliebte „Währung“ und so tauschen die Händler unter Umständen ihre Tiere gegen Ware. 

Nach der Entdeckung der „Neuen Welt“ steuerten Schiffe die Kanaren als Ausgangspunkt für ihre Eroberungsfeldzüge an. Hier deckte man sich mit Proviant ein, bevor es auf die lange Reise ging. Als braves Nutztier fanden so die tierischen Lastenträger ihren Weg auch nach Amerika. Sie wurden damals für den Transport von Zuckerrohr eingesetzt. Und auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen, die während der Spanischen Eroberungsfeldzüge auf den Kanaren tobten, bewährten sich die Kamele als echte Helfer, als „Schutzschild“ oder als Lastenträger für die Truppen. 

Das "Camello Canario"

Der Fortschritt und moderne Transportmittel führten in der ersten Hälfte des 20. Jhdts. dazu, dass die Kamele fast vollständig ausstarben. Erst mit dem aufkeimenden Tourismus in den 60er Jahren wurden sie wieder vermehrt gezüchtet.

Auf den Kanaren entwickelten sich die Kamele zu einer eigenständigen Rasse und der Bestand steigt stetig. Insgesamt gibt es heute etwa 1.200 Tiere. Die meisten gehören zur Rasse „Camello Canario“, die seit Mai 2011 in Spanien offiziell registriert und somit geschützt sind. Heutzutage werden die Kamele allerdings vorwiegend zum „schleppen“ von Gästen in den touristischen Ballungszentren verwendet oder exportiert.

Im Gespräch mit Züchterin Beatrice

Beatrice und ihr Mann Paco Jiménez importierten ihre ersten achtzig Kamele vor etwa dreißig Jahren aus Afrika. Die Tiere saßen auf einem mit Sand ausgelegten Schiff wo früher und begannen danach mit der Zucht der Tiere. Inzwischen zählt ihr Bestand um die 150 glückliche Tiere und sie sind die größten Züchter der Kanaren. Sie sind auch die  und der einzige, der die Tiere auch exportiert so wie z. B. nach Argentinien, Brasilien oder Uruguay. Auch heute werden die Kamele in ihrer natürlichen Position auf Sand sitzend verfrachtet. 

Die Kamele unterscheiden sich in vielen Facetten. Manche haben ein fast weißes Fell, andere sind gefleckt. Letztere nennt man „pintadas“ und diese sind besonders bei den Amerikanern besonders beliebt. Markant sind die stechend blauen Augen (siehe nächste Seite rechts).

Jedes Tier hat einen Namen

13 Monate dauert es, bis ein Kalb auf die Welt kommt. In ihrer Zucht verlässt keines der Jungtiere seine Mutter vor dem vollendeten zweiten Lebensjahr. „Die lauten Schreie der Mütter und der Kleinen sind herzzerreissend, wenn sie zu früh voneinander getrennt werden und das wollen wir auf keinen Fall“ erklärt Beatrice. Sie kennt den Charakter jedes einzelnen Kamels und dieser fließt auch bei der Namensgebung ein, z. B. Aurelio, Pepe, Macho etc. 

Einige Kamele wählt Beatrice für den „Touristentransport“ auf der Kamel-Safari-Station an den Dünen von Maspalomas aus. Dort liegen die Tiere in einer Schlange und faulenzen an der Sonne. Je wärmer es ist, desto länger strecken sie ihre Hälse aus. Wenn es mal einige Tage abkühlt, dann fühlen sie sich nicht wohl und werden unruhig. Wenn der Sand zu kalt ist, dann merkt es man daran, dass sie immer wieder aufstehen. Übrigens diese Sitzstellung ist die natürliche Ruheposition der Tiere, die so (falls nicht anders erforderlich) bis zu 17 Stunden am Tag verharren bzw. sogar so schlafen. Auch beim Transport ist das die sicherste Art und Weise für das Kamel. 

Immer auf der Suche nach Fressen und Streicheleinheiten

Die Kamele sind verschmust und immer auf der Suche nach Streicheleinheiten. „Verzogen“ nennt es Beatrice. Doch die Besucher und vor allem die Kinder freut es und sie werden nicht müde fleissig zu streicheln. Doch auch ältere Personen zählen zu den großen Kamelliebhabern. Ein deutsches Ehepaar besucht die Kamel-Station seit 20 Jahren immer im Gebäck Naschereien für die vegetarischen Tiere. Gemeint ist damit also Küchenreste oder Mais. Ansonsten benötigt jedes Tier etwa fünf Kilogramm Stroh und nochmals fünf Kilogramm Futtermischung pro Tag.

Das Metallgeschirr um das Maul ist eine Auflage der Gemeinde, obwohl dieses auch einen praktischen Zweck erfüllt. Die Kamele sind sehr leicht abzulenken und würden sonst während ihrer Tour bei jeder Gelegenheit stehen bleiben, um zu fressen. Davon konnten wir uns selbst überzeugen, als wir ein anderes Mal wieder kamen, um das Shooting für das Cover zu machen. Das Geschirr schützt sie aber auch voreinander. Zur Brunftzeit können die Männchen zu Streithähnen mutieren. Das ist ein Grund, warum die Männchen kastriert sind.

Jedes an seinem Platz

Die Reihenfolge der Kamele bleibt immer gleich

Die Tiere sind sehr feinfühlig und auch schreckhaft. Als absolutes Herdentier sind sie an feste Rollen innerhalb dieser Gruppe gewöhnt. Daher hat jedes Kamel seinem Charakter entsprechend seinen Platz. 

Die Anführer kristallisieren sich schon früh heraus und führen die Karawane an. Beatrice setzt fort: „Es ist wichtig, dass die Kamele als Herdentiere in ihrem gewohnten Umfeld und in ihrer gewohnten Platzierung losziehen. Aurelio beispielsweise (siehe Cover-Foto) ist zwar schon in Rente, geht aber noch immer bei den Touren mit und zwar als Schlusslicht und ohne Last. Das geschieht einerseits, weil er es gerne macht und andererseits, weil es die anderen Tiere so gewohnt sind.“ Ein Kamel würde unruhig werden, wenn man es plötzlich in einer anderen Position auf der Tour platziert.

Die Ausbildung als „tierischer Touristenführer“ beginnt mit fünf Jahren. Dann sind ihre Knochen voll ausgeprägt und gefestigt. „Wir berücksichtigen bei der Safari nicht nur die Reihenfolge, sondern auch welche Last welches Kamel tragen kann“, erklärt Beatrice. 

Die 'Safari' durch die Dünen von Maspalomas

Die Karawane führt dann etwa dreißig Minuten auf der von der Gemeinde vorgegebenen Strecke, in die Dünen von Maspalomas, die auch gleichzeitig Naturschutzgebiet sind. 

Für echtes Sahara-Feeling sorgt neben der Strecke auch die Aufmachung der Führer so wie z. B. dem Suaheli Brahim. Die traditionelle Kopfbedeckung schützt vor den gleiß enden Sonnenstrahlen oder ist auf Gran Canaria vielleicht  auch einfach nur ein wenig orientalisches Beiwerk. 

Wenn die Wanderung losgeht, dann geht es auf und ab und es ist gut, wenn man nicht seekrank ist. Man spürt jeden einzelnen Schritt des Kamels während man auf seinem, meist zu beiden Seiten der Tiere gespannten, Stuhl sitzt. Trotzdem hat es etwas exotisch anziehendes  und sofort denke ich an „Laurence von Arabien“, nur das dort die Reisenden der Karawane  wahrscheinlich nicht allen fröhlich zulächelten. 

Baby-Dromedar verzaubert: Rosita

Nach unserer Rückkehr auf der Station besuchen wir noch die Stallungen dahinter, wo sich einige Jungtiere befinden. Neugierig und verspielt sind sie und auch sie suchen Streicheleinheiten. Das erst zwei Tage alte Baby-Kamel hatte zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Namen und entzückte uns mit seinen tollpatschigen Bewegungen. Tags darauf erfuhren wir, dass es Rosita genannt wurde. Doch wir wollten nicht zu lange stören. Seine Mutter beäugte uns kritisch und machte laut und deutlich klar, dass sie ihr Kleines beschützt.

Es ist ein wirklich wunderbarer Ausflug, der für die ganze Familie zu einem besonderem Erlebnis wird und mit den mehr als moderaten Preisen auch noch leistbar ist.  

Kontakt

„Camello Safari Duna Oasis“
Kamel-Safari, Station am Paseo Charco de Maspalomas (bei den Dünen, Zugang hinter dem Faro II auf der Avda. de Oceania).
Tel.: 928 760 781 und 609 520 233 (Bitte mehrmals versuchen). 
www.camellosafari.com
Preise: 12 Euro Erwachsene bzw. 8 Euro für Kinder von 3 bis 12 Jahren (jeweils für 30 Minuten) - Preissteigerungen vorbehalten.
Öffnungszeiten: Täglich von 9.00 bis 16.00 Uhr (alle 15 Minuten).