Ausgabe Nr.
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J M upload 01.09.2023, Viva Edition 203 | Print article

Faszinierende ‚Geburt‘ eines Monarchfalters

Kennen Sie schon den neuesten Trend? Schmetterlings-Zuchtsets für zuhause! Ein Zucht-Kit enthält in der Regel entweder kleine Raupen oder Puppen am Bändchen sowie ein Schmetterlingsgarten-Habitat, Raupenfutter, Plastikbecher und allerlei Zubehör. Mittlerweile sind die Schmetterlingssets zu einer liebevollen Geschenkidee avanciert und machen durchaus Sinn.

Denn vor der Metamorphose müssen die kleinen Tierchen ziemlich um ihr Überleben kämpfen, um sich letztendlich in ihrer vollen Schönheit entfalten zu können. In diesem Bericht möchten wir Ihnen gerne die Geburt eines majestätischen Monarchfalters (Danaus plexippus) vorstellen.

Am Anfang ist die Seidenpflanze

Alles beginnt mit der sogenannten Indianer-Seidenpflanze (Asclepia curassavica). Sie ist der Ei-Ablageplatz und die Hauptfutterquelle der Raupen zur Entstehung des zukünftigen Monarchfalters. Alternativ begnügen die Schmetterlinge sich auch mit der Baumwoll-Seidenpflanze (Gomphocarpus fruticosus), die jedoch auf den Kanarischen Inseln weniger verbreitet ist.

Auf ihr legen Monarchfalter ihre winzigen Eier ab, die nur als klebrige, gelbe oder cremefarbene Kleckse erkennbar sind. Nach ca. 5 Tagen entwickelt sich aus diesem unscheinbaren Ei eine Raupe mit schwarz-weiß-gelben Querstreifen. Zuerst sehen die Raupen aus wie farbige Miniwürmchen, aber sie wachsen rasend schnell.

Strategie der Selbstvergiftung

Und die Natur hat genial mitgedacht, weshalb sich der Monarchfalter gerade dieses Gewächs zur Eiablage aussucht. Die Asclepia gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae). Wie der Name schon vermuten lässt, entwickelt sie in ihrem Milchsaft einen Giftstoff (Glycosid Asclepiadin). Das Erstaunliche dabei ist, dass die kleinen Raupen immun sind und das Gift im Körper konservieren. So sind sie für ihre Fressfeinde in jeder ihrer Entwicklungsphasen ungenießbar. Wirbeltiere leiden nach ihrem Verzehr an Unwohlsein und Erbrechen.

Gefräßige Raupen

Mit ihrem Riesenappetit laben sich die Raupen an den Blättern der Seidenpflanze, die alsbald ziemlich lädiert und zerlöchert aussieht. Im besten Fall tummeln sich unzählige schwarz-weiß-gelb geringelte Raupen auf der Seidenpflanze und kämpfen um den besten Platz. Das ist aber noch keine Garantie für die Entstehung ebenso vieler Schmetterlinge. Manche schaffen es einfach nicht, z. B. durch Abfallen oder Vertrocknen der Puppe, Verkrüppelungen des Schmetterlings etc. Es wird sogar von Kannibalismus untereinander gesprochen. Ihnen steht noch ein beschwerlicher Weg bevor.

Kopfüber vor der Verpuppung

Nach mehreren Häutungen und wenn die Raupe entsprechend gewachsen (ca. 6 cm) und wohlgenährt ist, hängt sie sich an die Unterseite eines Blattes. Man glaubt dabei, die Raupe drohe abzustürzen, wenn sie kopfüber am Blatt baumelt. Hierzu besteht jedoch keine Gefahr, sie saugt sich regelrecht fest. Manche Puppen entwickeln einen Gespinstfaden, an dem sie elegant hängen, oder einen Kokon, der die Hülle schützt. Andere erledigen ihren Job fest mit dem Blatt verbunden, unspektakulär und ohne weitere Hilfsmittel.

Wie Jade mit Goldrändern

Nach ca. 3 Tagen verpuppt sich die Raupe, sie wird zur Stürzpuppe. Und nun beginnt der faszinierende Prozess. Sie ähnelt zuerst einer unscheinbaren, hellgrünen Linse. In der weiteren Entwicklung wird sie jadefarben und weist goldene Punkte auf, die sich wie ein Band um die Puppe ziehen. Die Puppe ist von unfassbarer Schönheit und wirkt richtig edel. In dieser Phase lässt sich schon erahnen, dass hier etwas Majestätisches kurz vor der Geburt steht ...

Puppenruhe und Metamorphose

Aber erstmal steht die Puppenruhe an. Diese kann zwischen 7 und 14 Tage dauern. In dieser Phase verändert sie immer wieder ihre Farbintensität und wird zusehends transparenter. Schemenhaft schimmert schon die bunte Zeichnung des Monarchfalters durch. Im letzten Stadium wird die Puppe unansehnlich und schwarz. Das ist aber nicht ihr Todesstoß, indessen beginnt der Metamorphose-Countdown.

Atemberaubender Countdown

Innerhalb von Minuten oder Stunden kommt Bewegung in die Puppe. Sie schwankt hin und her am Blatt und es ist unschwer zu erkennen, dass das Kerlchen schwer arbeitet. Beobachter des Naturschauspiels sollten dann schnell ihre Videokamera zur Hand haben, um diesen wunderschönen Moment für ewig festzuhalten.

Innerhalb von Sekunden platzt die mittlerweile schwarz-transparente Puppenhülle langsam auf. Dabei kommen kopfüber zuerst die Fühler zum Vorschein, die sich vorsichtig in ihr neues Leben tasten. Stück für Stück windet sich der Schmetterlingskörper aus seinem Korsett. Er benötigt viel Kraft, um die Hülle oder deren Teile abzustreifen. Und plötzlich hat er sich komplett befreit! Gerade geschlüpft und hängend an der leeren Puppenhülle, beginnt er nun langsam seine Flügel zu spannen. Seine ganze Pracht kann der Schmetterling aber erst entfalten, wenn seine Flügel getrocknet sind. Dieser Prozess dauert ein paar Stunden. Dabei macht er schon mal ein paar unbeholfene Flugversuche von Blatt zu Blatt.

Einzigartiger Glücksmoment

Nach der Trockenaktion präsentiert sich der Monarchfalter in voller Pracht! Mit majestätisch ausgebreiteten Flügeln (8 - 10 cm), die hin und her wippen zum Flug in die Freiheit. Beobachter werden bestätigen: es ist ein unglaublicher Glücksmoment, den gerade geborenen Schmetterling kurz vor seiner Reise zu verabschieden. Die filigranen Flügel des Monarchfalters zeichnen sich aus durch ihre intensive orange Farbe, die Adern sind schwarz und die Ränder sind schwarz eingefasst und mit weißen Punkten geziert. Dabei sind die Weibchen farbintensiver, die Männchen sind eher zurückhaltend und begnügen sich mit weniger Mut zur Farbe. Sie sind oft dunkelgelb und nicht ganz so schillernd.

IUCN Rote Liste

Auch der Monarchfalter ist Opfer des Klimawandels und der Zerstörung seines Lebensraums. Im Juli 2022 wurde er von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als «stark gefährdet» in die Rote Liste aufgenommen. https://www.iucnredlist.org/species/159971/219149911#assessment-information

Hochemotionaler Glücksmoment

Ganz egal, ob Sie ein bisschen nachhelfen und sich nun ein Schmetterlings-Zuchtset organisieren oder sich eine Seidenpflanze zulegen, um Mutter Natur ihren Lauf zu lassen - die Geburt eines Schmetterlings ist ein faszinierendes Naturschauspiel. Ganz neben Ihren Glückshormonen tun Sie dabei auch noch etwas Gutes und schützen diese filigranen kleinen Naturwunder. Wir versprechen Ihnen, es ist ein hochemotionaler Moment, wenn man diesem wunderschönen Schauspiel beiwohnen darf ...

Eva Dienesen

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Verweise

1)Viva Canarias Nr. 17 vom 31.08.2012 „Rätsel der Natur: Die Monarchfalter auf Weltreise“