Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
M M upload 10.09.2017, Viva Edition 105 | Print article

Rechtstipp Nr. 97 - Touristische Vermietung, Saisonvermietung etc.

Liebe Leserinnen und Leser, 

wir nutzen heute erneut die Gelegenheit, regelmäßig über verschiedene Rechtsthemen zu berichten, die für Sie als deutschsprachige Residenten bzw. Touristen von Interesse sein könnten. In unserem Artikel werden wir versuchen, Ihnen nützliche, verständliche und korrekte Informationen vorzustellen. Wenn Sie ein Geschäftslokal, eine Wohnung oder ein Ferienhaus mieten, möchten Sie sicherlich u.a. wissen, wie lange Sie diese bewohnen bzw. bewirtschaften dürfen, ob der Vertrag verlängert werden kann, und ob der Eigentümer den Vertrag vorzeitig kündigen darf. Darüber möchte ich Sie heute informieren. 

 

1. TOURISTISCHE VERMIETUNG ODER SAISONVERMIETUNG VON IMMOBILIEN ODER FERIENHÄUSERN

Wenn Sie ein Appartement oder einen Bungalow in einer touristischen Anlage oder eine schöne Villa bzw. ein Landhaus für einige Tage oder für die Wintersaison 2016 gemietet haben, dann hängt die Dauer Ihres Aufenthaltes natürlich von der Reservierung ab. Nach Ablauf der gebuchten Zeit müssen Sie die Immobilie verlassen; wenn Sie das nicht tun, kann die Direktion des Hotels aufgrund der speziellen touristischen Regelungen erbarmungslos Ihre Sachen auf die Straße stellen, Schlösser wechseln oder Türen versperren, und Wasser und Strom abstellen. Eine gerichtliche Verfügung braucht man hierfür nicht. Eine Verlängerung ist nur möglich, wenn Sie diese mit dem Vermieter vereinbaren. 

2. MIETWOHNUNGEN

a) DAS EWIGE PROBLEM DER ENTGEGENGESETZTEN INTERESSEN DER MIETER UND VERMIETER. Wenn man eine Wohnung als Erstwohnsitz oder für einen langen Aufenthalt mietet, dann gilt das spanische Mietgesetz (Ley de Arrendamientos Urbanos, LAU.) Die geltende Fassung der LAU. können Sie (auf Spanisch) hier finden:  http://noticias.juridicas.com/base_datos/Privado/l29-1994.t2.html#c2. Mieter möchten natürlich so lange wie möglich in ihren Mietwohnungen wohnen bleiben, denn jeder Umzug kostet Geld und Kraft. Es ist auch gar nicht so einfach, eine gute und bezahlbare Mietwohnung zu finden (z.B. auf den Kanaren im Winter). Die Vermieter möchten sich andererseits die Möglichkeit vorbehalten, ihre Mieter loszuwerden, wenn sie ihnen aus irgendwelchen Gründen nicht gefallen oder, wenn sie meinen, sie könnten die Wohnung selbst gebrauchen bzw. verkaufen, teurer vermieten oder an anständigere oder zahlungskräftigere Mieter vermieten. Das Mietgesetz versucht in allen Ländern einen geeigneten Mittelpunkt zwischen den Interessen der Mieter und denen der Vermieter zu finden, damit einerseits der Mietmarkt funktioniert und es ausreichende Mietobjekte gibt und andererseits um bezahlbare Mieten für die Bürger zu gewährleisten. Ist der Mieterschutz zu hoch, werden keine Mietwohnungen mehr gebaut und niemand will die bestehenden Immobilien vermieten (was auf die Dauer das Angebot verringert und auch den Mietern schadet). Werden Mieter zu wenig geschützt, ist es ungerecht bzw. unsozial. Linke Parteien stärken darum tendenziell die Rechte der Mieter, konservative oder wirtschaftsfreundliche Parteien verstärken eher die Re chte der Vermieter oder der Eigentümer.

B) DIE VERTRAGLICH VEREINBARTE DAUER. Mieter und Vermieter können die Dauer des Mietvertrages frei bestimmen (bei Mietverträgen mit einer Dauer ab einem Jahr wird er 

als Mietvertrag für einen Erstwohnsitz und nicht als Saisonmietvertrag angesehen). Mehrere Saisonmietverträge nacheinander gelten natürlich wie ein verdeckter Wohnungsmietvertrag. In Spanien gibt es kein Gesetz, das eine Vertragsdauer von nur einem Jahr vorschreibt, noch wird festgelegt, dass die Dauer nur 3 Jahre betragen darf oder nicht länger als 3 Jahre sein darf. Sie können zum Beispiel problemlos in einem Mietvertrag eine Mietdauer von 10 Jahren oder 20 Jahren festlegen. Ein Mietvertrag darf aber nicht ohne Frist aufgesetzt werden (dann wird davon ausgegangen, dass man für ein Jahr gemietet hat). Normalerweise wird jedoch 1 Jahr, 3 Jahre oder 5 Jahre als Vertragsdauer festgelegt. Seit der Gesetzesänderung im Jahre 2013 und nur für die neuen Verträge, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt wurden (6/6/2013) gilt: Als Vermieter sollte man darauf achten, dass bei dem Abschluss von Verträgen mit einer Vertragsdauer von mehreren Jahren eine Anpassung der Miete ausdrücklich vorgesehen wird, denn sonst bleibt die Miete unverändert bis zum Ablauf des Vertrages. Für die vor der Gesetzesänderung abgeschlossenenen Verträge gilt die Erhöhung nach dem spanischen Verbraucherpreisindex „IPC.“ (Índice de precios al consumo).

c) DIE OBLIGATORISCHE MINDESTDAUER DER VERTRÄGE: 3 JAHRE. Die aktuelle Fassung des spanischen Mietgesetzes (LAU) sieht vor, dass - wenn Sie als Mieter weniger als 3 Jahre Mietdauer vereinbart haben - der Vertrag sich bis zum Ende des dritten Jahres verlängert, wenn der Mieter (mindestens 30 Tage vor Ablauf des Vertragjahres) sich nicht dagegen ausspricht. Diese Verlängerungen, die freiwillig sind für den Mieter, aber obligatorisch für den Vermieter, haben auf Spanisch den schönen Namen „prórroga forzosa“ (ja, mit einem doppel „R“ und einem „Z“, also fast unaussprechlich für Deutschsprachige!). Bis zur am 6.6.2013 in Kraft getretenen Gesetzesreform lag die obligatorische Mindestdauer bei 5 Jahren und diese gilt immer noch bei Verträgen, die vor Inkrafttreten der neuen Gesetzesfassung, also vor dem 6.6.2013, unterzeichnet wurden.

d) STILLSCHWEIGENDE VERLÄNGERUNGEN. Nach Ablauf der ersten drei Jahren des Vertrages, kann es sein, dass entweder der Vermieter oder der Mieter keine Vertragsverlängerung wollen: Damit sich der Vertrag nicht verlängert muss man dies der anderen Vertragspartei mitteilen (am besten schriftlich mit Empfangsbestätigung der anderen Vertragspartei). Diese Mitteilung der Nicht-Verlängerung des Vertrages muss mit einer Voranmeldung von mindestens 30 Tagen erfolgen. Es ist empfehlenswert, diese Mitteilung schriftlich und mit Zustellungsbestätigung durchzuführen. Das beste System ist ein „Burofax“ (Einschreibebrief mit Rückmeldeschein und postalischer Bestätigung des Inhaltes) oder per Email mit Antwort. Ihr Anwalt kann Ihnen helfen, diese Mitteilung richtig zu erstellen.

e) BRAUCHE ICH EINEN NEUEN VERTRAG? Wenn der Vertrag vom Mieter nicht gekündigt wird, wird er automatisch um ein Jahr verlängert. Sie brauchen also keinen neuen Vertrag zu unterschreiben, der alte, abgelaufene Vertrag gilt weiterhin.

f) NEUE ABMACHUNGEN NACH DER UNTERZEICHNUNG DES MIETVERTRAGES. Ein bestehender Vertrag kann jederzeit mit Einverständnis beider Vertragsparteien geändert werden, zum Beispiel können sie die Vertragsdauer ändern. Man kann also jederzeit vereinbaren, dass ein Vertrag verlängert wird oder dass er vorzeitig enden soll. 

g) EINSEITIGE KÜNDIGUNG VOM MIETER. Auch wenn der Vertrag noch nicht abgelaufen ist, kann der Mieter den Vertrag einseitig kündigen, wenn der Vertrag bereits 6 Monate alt ist. Er muss die Kündigung mit einer Voranmeldung von 30 Tagen der anderen Vertragspartei mitteilen. Sollte es mehrere Mieter geben, kann einer kündigen; für die anderen besteht der Vertrag weiter. Der Vermieter darf die einseitige Kündigung vom Mieter nicht ausschliessen, auch nicht mit den entsprechenden Klauseln im Vertrag (die null und nichtig wären). Der Vermieter kann jedoch eine Entschädigung verlangen, wenn es im Vertrag vorgesehen ist (diese Entschädigung darf aber nicht höher sein als eine Monatsmiete pro nicht erfülltem Vertragsjahr). 

h) SCHEIDUNG. Bei einer Scheidung entscheiden die Ehegatten oder hilfsweise der Richter, wer die Mietwohnung behält. 

i) EINFACH ABHAUEN IST GEFÄHRLICH. Der Vertrag endet nicht, wenn man sich auf französisch verabschiedet, in dem man einfach das Haus verlässt und abhaut. Er wird auch nicht beendet, wenn Sie die Schlüssel in der Rezeption für den Vermieter hinterlassen. Das ist ganz falsch: Der Mietvertrag läuft weiter und der Vermieter darf die Miete weiter verlangen, bis zum Ende des Vertrages. Das kann teuer werden!

j) EINSEITIGE KÜNDIGUNG DES VERMIETERS. In manchen Fällen muss der Vermieter die obligatorische Verlängerung nicht einhalten, zum Beispiel bei Eigenbedarf. Der Mieter hat in solchen Fällen Anspruch auf eine Entschädigung. 

k) VERKAUF ODER TOD DES VERMIETERS. Auch bei Verkauf der Immobilie oder bei Versterben des Vermieters läuft der Vertrag mit den neuen Eigentümer weiter (bei Versteigerungen kann es Ausnahmen geben). Der Vertrag endet nicht, wenn die Wohnung verkauft wird oder wenn der Vermieter stirbt, nur die Person des Vermieters ändert sich (und bei einem Verkauf haben Sie in der Regel Vorkaufsrecht). Beim Versterben des Mieters haben der Gatte/Lebenspartner und die Kinder auch in manchen Fällen das gesetzliche Recht, innerhalb bestimmter Fristen zu erklären, dass sie den Mietvertrag übernehmen möchten; fragen Sie dann schnellstens Ihren Anwalt. Ausnahme: Wenn der Vermieter nur ein Niessbrauchrecht hatte und stirbt, dann gilt der Mietvertrag nach seinem Tod als beendet.

l) IMMER EIN ÜBERGABEPROTOKOLL ERSTELLEN, BITTE! Die Übergabe der gemieteten Immobilie ist auch sehr wichtig: Geben Sie die Wohnung nur an den Eigentümer zurück oder an jemanden, der eine Vollmacht hat. Lassen Sie sich bescheinigen, dass Sie die Immobilie im perfekten Zustand und mit dem gesamten Inventar ohne Beschädigungen zurückgegeben haben, damit Sie später mehr Chancen haben, Ihre Mietkaution zurückzuerhalten. 

 

m) EIN ANWALT HILFT. Anwälte sind wunderbare Menschen, Sie können Ihnen bei der Verhandlung, Aufsetzung, Auslegung und Kündigung von Mietverträgen zur Seite stehen. Wenn ein Anwalt bei der Übergabe anwesend ist, kann er das Übergabeprotokoll aufsetzen und als Zeuge unterschreiben.

n) UMBAUTEN von gemieteten Immobilien. Meine deutschen Mandanten haben oft die schlechte Angewohnheit, viel Geld in die Renovierung fremder Wohnungen zu investieren. Erstens könnte dies unter Umständen (wenn die Umbauten ohne Genehmigung des Eigentümers durchgeführt werden) einen Kündigungsgrund darstellen, und zweitens erhält man am Ende der Mietlaufzeit keine Entschädigung für das investierte Geld. Wenn der Vertrag auch noch kurz nach dem Umbau abläuft, könnte der Vermieter den Vertrag eventuell nicht verlängern wollen, um vielleicht die schön renovierte Wohnung für viel mehr Geld an Dritte zu vermieten, oder vom selben Mieter eine höhere Miete verlangen (mit der Angabe, dass er sonst keine Verlängerung akzeptieren wird).

3. GESCHÄFTSLOKALE, MIETVERTRÄGE VON LAUFENDEN GESCHÄFTEN

Hier gilt in Sachen Vertragsdauer hauptsächlich das, was vereinbart wurde. Es gibt aber auch die Möglichkeit der stillschweigenden Verlängerung - wie bei den Wohnungen. Allzu oft akzeptieren die Mieter eine viel zu kurze Vertragsdauer, was sehr gefährlich ist. Der Vermieter sagt oft „solange du pünktlich zahlst, kriegst du immer eine Verlängerung des Vertrages von mir!“ Wenn das stimmt, dann soll er das bitte in den Vertrag schreiben. Denn sonst ist der Mieter der Gefahr ausgesetzt, dass sobald das Geschäft gut läuft, der Vermieter dies nutzt, um eine schmerzhafte Mieterhöhung zu verlangen. Oft verweigern Vermieter die Vertragsverlängerung, wenn der Mieter der Mietsteigerung nicht zustimmt. Da man oft sehr viel Geld (und Herzblut!) in ein Geschäft gesteckt hat, ist man als Mieter in solchen Fällen erpressbar…

Achtung: In manchen Fällen hat man als Mieter eines Geschäftslokales einen legalen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn nach Ablauf des Mietvertrages der Eigentümer ein ähnliches Geschäft im selben Lokal betreibt (weil man annimmt, der Eigentümer eignet sich damit teilweise das Klientel an). Dieses Recht hat man als Mieter aber nur, wenn man rechtzeitig eine Verlängerung des Vertrages beantragt hat und diese abgelehnt wurde!

4. FAZIT

Jeder meint, wenn er mehr oder weniger Spanisch kann, dann kann er schon selbst den Mietvertrag verstehen und unterschreiben. Dann ist man selbst Schuld, wenn dann die Horror-geschichten passieren, die mir meine Mandanten immer wieder in der Kanzlei erzählen. Wenigstens ist man danach schlauer, aber das viele Lehrgeld tut weh. Das spanische Mietgesetz unterscheidet sich erheblich von den Mietgesetzen anderer Länder. Es lohnt sich also, den Vertrag vor Vertragsabschluss richtig zu prüfen und sich eine anständige Beratung zu holen. Am besten fragt man einen Anwalt bevor man den Vertrag unterzeichnet und nicht danach, wenn die Probleme bereits da sind. So erspart man sich viel Geld, viel Ärger und sogar oft Probleme mit der Gattin/mit dem Gatten. Und Sie wissen ja, nichts ist wichtiger als der Frieden und dass sie/er uns noch weiter lieben…

José Antonio Pérez Alonso 

Abogado - Rechtsanwalt