Ausgabe Nr.
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J M upload 24.01.2019, Viva Edition 132 | Print article

Karneval in Las Palmas de Gran Canaria - Was geht ab 2018?

Karnevalskönigin Aranzazu Estévez aus dem Jahr 2014
Karnevalskönigin Aranzazu Estévez
aus dem Jahr 2014

Heiße Latino-Rhythmen, eine ausgelassene Stimmung und ein strahlendes Lachen, wohin man blickt. Bunte Kostüme und das fantastische Wetter fördern die „Feel Good“ Wochen auf den Kanarischen Inseln, die ein wenig Rio de Janeiro-Feeling auf den Archipel bringen. Doch die Kanarier beherrschen nicht nur die Kunst des Feierns, sondern sind auch wahrhafte Künstler hinsichtlich Kostümierung, die an Kreativität kaum zu überbieten sind. Der Karneval ist das wohl wichtigste Großereignis auf den Kanarischen Inseln, der als Touristenmagnet längst auch auf den wichtigsten internationalen Messen wie z. B. FITUR beworben wird. Wirtschaftlich und marketingtechnisch zahlt es sich inzwischen aus.

Wie schon in unserer letzten Ausgabe angekündigt, eröffnet die Hauptstadt Las Palmas am 26. Januar 2018 die ‚närrische Zeit‘ in der gleichnamigen Provinz des Archipels. Die anderen Gemeinden folgen terminlich zeitversetzt und so können die echten ‚Carnavaleros‘ ihre aufwändigen Kostüme gleich mehrmals zum Einsatz bringen. Oft steckt ein Jahr harte Arbeit für drei Wochen Glanz und Glorie darin. Die eingefleischten Karnevalsteilnehmer gestalten diese häufig dem Motto entsprechend, das in diesem Jahr „Fantasiegestalten und Zauberei“ lautet. Der internationale Theaterproduzent Israel Reyes ist wieder der künstlerische Direktor des Karnevalskomitees, das aus unabhängigen Fachleuten besteht. Dadurch will man sichergehen, dass die Organisation das höchste Maß an Professionalität, abseits jeglicher politischer Querelen, an den Tag legt. 

Das "Fest der Freiheit" mit langer Tradition

Der Karneval geht auf das 15. Jahrhundert zurück und wuchs von Jahr zu Jahr bis es mit der Franco-Diktatur zu einem jähen Ende kam (siehe Kasten „Geschichte“). Nach Jahrzehnten der ‚Abstinenz‘ wird allerdings seit 43 Jahren wieder kräftig gefeiert - und wie! Im Jahr 2011 wurde der Karneval von Las Palmas zum Fest des regionalem touristischen Interesses erklärt und am 31. März 2017 sogar zum nationalen touristischen Interesse. Und wie es der künstlerische Direktor in unserem Interview formulierte: „Die Spanier beherrschen die Kunst des Feierns“. Davon können Sie sich in den nächsten Wochen überzeugen. Wenn ich mir das dicht gedrängte Programm ansehe, dann kann man nur den Hut ziehen vor so viel Durchhaltevermögen. Es findet fast an jedem Tag mindestens eine Veranstaltung statt und viele davon sind einzigartig, doch dazu später. 

Festbühne: Zauberei und Fantasiegestalten

Seit 1995 werden auf der Festbühne im Parque Santa Catalina alle wichtigen Großveranstaltungen während des Karnevals ausgetragen und diese sind bis auf wenige Ausnahmen gratis. Damit möchte man explizit alle Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste, ungeachtet der finanziellen Möglichkeiten, einladen, am Karnevalsgeschehen teilzuhaben. Nur die Galen der Wahl zur Karnevalskönigin und der Drag Queen kosten einen Obolus. Damit es auch hier fair zugeht, läuft der Kartenverkauf kurzfristig über eine Online-Plattform. Das Bühnenbild ist 44 Meter breit und bis zu 24 Meter hoch. Die Bühne selbst umfasst etwa 500 Quadratmeter und davor gibt es Sitzmöglichkeiten für bis zu 4.000 Zuschauer. Dem Thema entsprechend finden wir in diesem Jahr beispielsweise ein riesiges Laboratorium, Kaminzimmer etc.

Das detaillierte Programm finden Sie am Ende dieses Berichts. Es  gibt einige Besonderheiten, die wir Ihnen gerne vorstellen.

Murgas - Lärm und Lacher

Eine Besonderheit des Karnevals von Las Palmas de Gran Canaria sind die sogenannten Murgas. Dabei handelt es sich um Animationsgruppen, die als eine Art Sing- bzw. Sprechchor mit lustigen Texten das Publikum unterhalten sollen. Ein Team besteht aus mindestens 25 Mitgliedern in gleichen Kostüm, entweder Männer- oder Frauen. Begleitet werden sie traditionell nur mit Pfeifen oder Trommeln, denn sie sollen ja Stimmung machen. Die Tradition, die Murgas in einem Wettstreit antreten zu lassen, geht in Las Palmas de Gran Canaria auf das Jahr 1977 zurück und ist ein beliebter Publikumsmagnet.   Bewertet werden die Kreativität der Kostüme, der Text, die Bühnenperformance und natürlich der Spaßfaktor. Die Gruppe „Serenquenquenes“ aus Agüimes hat diesen Wettbewerb schon dreizehn Mal gewonnen, dahinter reiht sich „Chancletas“ mit acht Siegen ein. Im Vorjahr gewann die aus Las Palmas stammende Murgastruppe „Nietos de Sary Manchez“. Die Sieger dürfen bei der großen Gala zur Wahl der Karnevalskönigin auftreten, die ebenfalls im TV live übertragen wird. 

• Drei Wettbewerbe: 29., 30. und 31. Januar, jeweils ab 20.30 Uhr

Komparsen mit Salsa-Rhythmen

Die „Comparsas“ dürfen beim Karneval nicht fehlen, die nach einer Choreografie mit aufeinander abgestimmten Kostümen mit jeder Menge Federn und viel Bling-Bling zu heißen Latino-Rhythmen tanzen. Konkret handelt es sich bei dieser Musik um die sogenannte „Batucada“, eine Unterform des Salsa in der brasilianische Trommeln mit afrikanischen Einflüssen verschmolzen sind.

Der Hundekarneval

Herrchen bzw. Frauchen im Einklang mit ihrem geliebten Vierbeiner stehen beim Wettbewerb „Carnaval Canino“ im Mittelpunkt, der in diesem Jahr bereits zum siebten Mal ausgetragen wird. Man sieht sogar Zuschauer, die mit ihren verkleideten Lieblingen kommen. Wichtig ist: Das Kostüm muss bequem sein, denn schließlich soll es für die Tiere keine Tortur darstellen und bei manchen Hunden meint man sogar, sie genießen ihren Auftritt mit stolz erhobenem Haupt auf der großen Festbühne. Einigen ist es allerdings nicht ganz geheuer. Dieser Event findet tagsüber auf der Festbühne als Familienspektakel statt - Lachen ist garantiert! 4. Februar 

Drag Queens mit viel Fantasie

10. und 12. Februar

Einzigartig sind die Galen zur Wahl der Drag Queen, die inzwischen zu einem festen Bestandteil der internationalen Vermarktung des Karnevals geworden sind. Eigentlich versteht man unter Drag Queen einen Mann, der in künstlerischer oder humoristischer Weise durch Aussehen und Verhalten eine Frau darstellt. Davon abgeleitet hat sich auf den Kanaren ein Mann, der in künstlerischer oder humoristischer Absicht durch Aussehen und Verhalten eine Frau darstellt. Der Ursprung geht auf Mitte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien zurück. 

In Las Palmas wird dieses Spektakel seit 1997 veranstaltet und hat längst jegliche Superlativen hinsichtlich der Kreativität und Performance gesprengt (Foto 06). Heute sind es vielmehr Phantasiegestalten in aufwändigen Kostümen und Maskeraden, die drei Minuten Zeit haben ihre Performance mit einer anspruchsvollen Choreografie vorzutragen. Unterstützt werden sie zumeist von einigen Tänzern. 

Dem nicht genug, hat sich auch ein Hype um die halsbrecherischen Stöckelschuhe entwickelt (siehe Foto oben) und man kann nur staunen, wie die Drags es schaffen zu tanzen etc. mit dieser ‚Fußbekleidung‘. Dieser Event ist einer der Gefragtesten und daher werden die Karten kurzfristig über eine Online-Plattform zum Kauf angeboten. Es liegt auf der Hand, dass dieses Spektakel, so wie die Wahl zur Karnevalskönigin, im TV übertragen wird. Vor einem Jahr lockte er über vier Millionen Zuschauer vor die Bildschirme. Dieses Mal bewarben sich 35 Anwärter und daher ist das Auswahlverfahren zweistufig.

Das Highlight: Die Karnevalskönigin

Der absolute Höhepunkt des Karnevals ist die Wahl der Königin (Reina del Carnaval), die seit 1976 alljährlich im Rahmen einer großen Gala stattfindet und ebenfalls im TV übertragen wird. In diesem Jahr versuchen zwölf hübsche Kandidatinnen ihr Glück. Die zierlichen Damen müssen voller Eleganz und Anmut über die Bühne schweben und dabei zu einem ausgesuchten Song Playback singen. Doch mit den bis zu drei Meter hohen und 180 Kilogramm schweren Kostümen ist das gar nicht leicht, zumal sie ja auch noch auf hohen Stöckelschuhen laufen müssen. Die aufwändigen Gebilde der Anwärterinnen sind daher auf einer Art Gestell mit Rädern montiert. Sich die Anstrengungen nicht anmerken zu lassen ist trotzdem kein leichtes Unterfangen.

Im Jahr 2014 hatte ich die unglaubliche Ehre in der Jury dieser Gala sein zu dürfen und kann Ihnen daher einen Blick hinter die Kulissen geben. Diese setzt sich aus jeweils fünf Mitgliedern zusammen. Eine Jury wird mit Personen oder Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben besetzt und die andere besteht aus Fachleuten (Kostüm- und Maskenbildner, Designer etc.). Bevor die große Gala beginnt sind die Mitglieder vom Publikum abgeschirmt. Hinter der Bühne kann man sich einen genauen Eindruck über die Qualität der Machart, die verwendeten Materialien und natürlich über die Mädchen selbst verschaffen. Nach der Show gibt es eine kurze Pause mit Live-Acts und in dieser Zeit können die Zuschauer vor dem TV ihre Stimme mittels Telefon abgeben. Alle Stimmen bzw. Bewertungen (Publikum, Zuschauer und die beiden Jury-Gruppen) ergeben dann das Endergebnis. 

Eine Teilnahme ist sehr kostspielig und kann durchaus 12.000 Euro und mehr kosten. Daher übernehmen oftmals große Firmen, wie z. B. Einkaufszentren oder Ketten, die Patronatschaft und stellen eine Kandidatin, die sie zuvor in einem Auswahlverfahren ermittelt haben. Monatelang arbeitet eine Heerschar an Menschen (Maskenbildner, Coiffeure, Designer etc.) am Konzept, denn die Kostüme für die Karnevalskönigin haben zudem ein Motto, das transportiert werden soll.

Bodypainting Show

Um kreative Körperbemalung geht es bei diesem beliebten Bodypaintingwettbewerb „Concurso de maquillaje corporal“. Es geht nicht ‚nur‘ um die kunstfertige Qualität der Körperbemalung (Foto 04), sondern auch um deren Präsentation durch die Teilnehmer. 

Strassenfest Vegueta

Um die Feiern ein wenig zu dezentralisieren veranstaltet man in Zusammenarbeit mit der Gastronomievereinigung von Vegueta ein großes Faschingsfest in der Altstadt Vegueta (Foto 05). Die Straßen vom Markt in Richtung der Kathedrale sind ab mittags quasi umfunktioniert zu einer große Partyzone - ein Fest für die ganze Familie.

„Sonnen“-karneval

So könnte man übersetzt „Carneval al Sol“ bezeichnen, wo der Umzug in den frühen Abendstunden entlang der Las Canteras Promenade und  vorbei an den Menschen am Strand in Richtung Auditorio Alfredo Kraus verläuft.

Der Faschingsumzug "Cabalgata"

Dieses Spektakel hat die mit Abstand meisten Teilnehmer. Bis zu 200.000 Menschen und über hundert Karossen mit Komparsen und Trommelgruppen ziehen bei der „Gran Cabalgata“ vom Süden der Stadt nordwärts entlang der Avda. Marítima. Angeführt wird dieser Festzug natürlich von der frisch erkorenen Karnevalskönigin.

Karossen: Ein besonders beliebte Form, um am Karneval teilzunehmen ist, auf einer fantasievoll geschmückten Karosse mitzufahren. Sie sind das Herzstück der Umzüge und das, obwohl die Kosten für die einzelnen „Carossas” nicht unbedeutend sind. Es geht um mehr, als diese lediglich bunt anzumalen. Die Sicherheitsvorschriften sind hoch und werden kritisch kontrolliert, bevor man eine Genehmigung erhält. Im Vorjahr zogen 100 dieser Karnevalskarossen durch die Straßen. Manche von ihnen kommen nach ihrem Einsatz in Las Palmas auch in den Süden, um beim großen Umzug von Maspalomas dabei zu sein. Für die Teilnahme mit einer Karosse muss man sich bei der Organisationsleitung anmelden. Die Spanier formieren sich als Interessengemeinschaft und teilen sich den Betrag für die Teilnahme.

Noche de Carneval in der Partyzone

Auf dem Gelände hinter dem Museum Elder wurde eine Partyzone eingerichtet, wo neben den gastronomischen Leckereien jeweils ab 22.00 Uhr auch Musik geboten wird.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Abfeiern!