Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 26.06.2020, | Print article

Teatro Pérez Galdós: historisches Schmuckstück mit bewegter Geschichte

Auf eine dramatische Geschichte Blickt das Teatro Pérez Galdós in der Hauptstadt Las Palmas zurück. Das emblematische Gebäude ist ein Schmuckstück und befindet sich gegenüber dem Marktgebäude Vegueta am Eingang zum Stadtteil Triana. Manche kennen es von Opern- oder Konzertbesuchen auch von Innen bzw. seit 2009 können es Besucher dank der uneigennützigen Arbeit der Freiwilligen "Amigos del Teatro" mit interessanten geführten Touren ebenfalls besuchen.

Wir drehen die Uhren zurück

Las Palmas Mitte des 19. Jhdts.: Die wachsende Zahl der Einwohner und die steigende wirtschaftliche Bedeutung des Hafens und des damit verbundenen Kulturimports führte dazu, dass sich die Einwohner ein größeres Theater wünschten und zwar eines, in welchem man größere Veranstaltungen sowie Opern inszenieren könne. Bis dahin existierte nur das im Jahr 1845 erbaute kleine Teatro Cairasco, das sich auf dem Platz des heutigen Gabinete Literario befand. 

Um diese Idee eines größeren Theaters in die Realität umzusetzen, schlossen sich im Jahr 1866 zahlungskräftige und idealistische Bürger und Unternehmer zusammen. Schließlich fand man ein passendes Grundstück nahe am Meer, zwischen dem Fischplatz und der c/Triana, die zu dieser Zeit die wichtigste Marktstraße der Stadt war und ein wichtiger Handelsplatz war. Dort siedelten sich viele wohlhabende Kaufleute an, was man an den historischen Häusern und wunderschönen Fassaden auch heute sehen kann.

Die Eröffnung ... und die Katastrophe

Im Jahr 1868 beauftragte man den Architekten Francisco Jareno Alarcón mit dem Bau des neuen Theaters. Die Baufinanzierung kam immer wieder ins Stocken und so dauerte es zwei Jahrzehnte, bis das Gebäude eröffnet wurde. Im Jahr 1890 war es mit der Operninszenierung von Giuseppe Verdis „La Traviata“ endlich soweit.

Ein Großbrand zerstörte in der Nacht vom 28. Juni 1918 das geliebte und langersehnte Theater. Es war ein herber Rückschlag für die Kulturliebhaber. Natürlich wollten sie das so nicht belassen und so wandte man sich dieses Mal an die Gemeinde bzw. Stadtverwaltung, für die benötigten Budgetmittel für die Wiedererrichtung.

Der Wiederaufbau: Jugendstil trifft auf Neoklassizismus

Man beauftragte anfänglich den Architekten Fernando Navarro mit der Planung. Zwei Jahre danach übergab man die und übertrug man die Aufgabe an den Architekten Miguel Martín Fernández de la Torre, der sie von 1925 bis 1928 abschloss. Sein schon damals berühmter Bruder war der Cosmopolit und facettenreiche Künstler Néstor Martín Fernandez de la Torre (1887 - 1938)[1], der für die Innengestaltung übernahm. Er war ein angesehener Maler, Bühnenbildner und Kostümdesigner lebte in den angesagten Metropolen seiner Zeit. In seiner letzten Dekade des Lebens zog es den Künstler wieder in seine Heimat und so kam ihm dieser Auftrag in Las Palmas de Gran Canaria sehr gelegen. Die mondäne Stadt, wie sich die Einwohner wahrnahmen, erforderte auch eine innenarchitektonische Gestaltung im zeitgemäßen Design. Schließlich wollte man mit den großen Kulturmetropolen mithalten können.

Martín importierte viele Materialien und Einrichtungsgegenstände aus dem Ausland, um den Stil des „Art Nouveau“ umzusetzen. Man sieht das heute beispielsweise an dem von ihm entworfenen Portal in der Eingangshalle, für das Beschlägen aus Großbritannien verwendet wurden, und den Lampen in der ersten Etage.

Der Künstler gestaltete die Wandtapeten, den Bühnenvorhang und nicht zuletzt die vielen Deckengemälde, die wohlgemerkt keine Fresken sind. Er malte großformatig auf Leinwände, die dann auf Holz gespannt auf die Wände und Decken montiert wurden. Die Motive waren kanarisch geprägt und farbenfroh umgesetzt. Typisch für Martín war die homoerotisch gefärbte Sinnlichkeit, die dem Betrachter viele Fragen aufwirft.

Besonders beeindruckend ist der Prunksaal Saint-Saëns im ersten Stock. Als dominierendes Motiv wählte der Künstler typisch kanarische landwirtschaftliche Produkte. Auch zu sehen sind seine charakteristisch androgynen Figuren, die keinem Geschlecht eindeutig zuzuordnen sind, wie z. B. athletische männliche Körper mit feinen Mädchengesichtern oder umgekehrt (siehe Foto rechts).

Alle guten Dinge sind Drei: Die Wiedereröffnung 2007

Nach umfassenden Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten sowie einem Zubau im hinteren Bereich (siehe Foto 03) wurde das Theater im Jahr 2007 zum dritten Mal wiedereröffnet. Die Arbeiten waren notwendig, um größere Produktionen durchführen zu können und natürlich auch, um den aktuellen sicherheitsrelevanten Aspekten wie z. B. den Brandschutzanforderungen nachkommen zu können. Für die gelungene Umsetzung waren Marcos Roger Berghänel, Carlos Díaz und Agustín Juárez verantwortlich. Nun gibt es genügend Platz für Bühnenrequisiten, Beleuchtung, Strom, Akustik etc. Die Bestuhlung wurde ebenfalls ausgetauscht, denn früher saß man weniger bequem auf Holzstühlen, also nicht auf dicker Polsterung wie heute. Ein Künstler meinte in einem Interview einmal „Kunst ist nie bequem“. Nun verstand ich was er meinte. Bei dem Gedanken auf diesen harten Stühlen eine mehrstündige Operninszenierung zu lauschen, vergeht mir der „Genuss“. Im ersten Stock sind einige dieser unbequemen Exemplare hinter einer Vitrine ausgestellt, ebenso wie Fotografien des Hauses anno dazumal.

Kleine Displays an den Rückenlehnen zeigen bei Operninszenierungen[2] die Übersetzung der Texte auf Spanisch an. Das Teatro Perez Galdós ist traditionell Austragungsort der alljährlichen Opernfestspiele, die in diesem Jahr mit Verdis Otello am 24. Februar zum 48. Mal an den Start gehen. Heute umfasst das Theater um die tausend Plätze.

Ein- und Ausblick

In der oberen Etage des „Anfiteatro“ kann man während der Pausen kleine Stärkungen zu sich nehmen. Anders als wir das vielleicht bei uns gewöhnt sind, als Selbstbedienung aus dem Automaten. Das klingt vielleicht ein wenig ungewöhnlich. Es liegt aber daran, dass die Spanier vor bzw. nach den Aufführungen ausgiebig essen gehen.

Ein Highlight hier ist die Terrasse mit dem wundervollen Panoramablick über die Altstadt, den bunten Häusern, die sich hinter der Kathedrale Santa Ana über den Bergrücken ziehen und nicht zuletzt dem funkelnden Meer zur Linken.

Mietlokation für besondere Anlässe

Etwa vierzig sogenannte „Amigos del Teatro“ führen durchs Haus und erzählen Anekdoten. Das Theater vermietet sieben Räumlichkeiten wie z. B. den Prunksaal Saint Saint-Saëns (2.000 Euro) oder die Terrasse (500 Euro). Infos unter: 928 369 208 und  info@teatroperezgaldos.es

Führungen der Amigos del Teatro Pérez Galdós

Eine Gruppe von Freiwilligen der „Freunden des Theaters“ bieten seit 2007 jeweils samstags Führungen durch das Teatro an und liefern einen Blick hinter die Kulissen samt interessanten Anekdoten. Diese dauert etwa vierzig Minuten. (Bitte Uhrzeiten verifizieren) Führungen: Mo. bis Sa. von 10.15, 11.15 und 12.15 Uhr. Eintritt: 5 Euro bzw. Gruppen ab 4 Personen: 3 Euro.
Für Gruppen Tel.: 928 433 334.

Footnotes

  1. ^ Néstor Martin - Cosmopolit, Visionär, Maler, Bildhauer, Designer ...
  2. ^ Das Teatro Pérez Galdós ist Austragungsort der seit über 50 Jahren stattfindenden Opernfestspiele. Diese beginnen jeweils im Februar