An der Sonne zu leben ist der Traum von Vielen. Das in einem Eigenheim setzt dem ein Krönchen auf. Wer dann noch über das nötige Kleingeld verfügt und sich sein Zuhause nach seinen Wünschen gestalten kann, der hat das große Los gezogen. Seine Traumimmobilie zu kaufen oder doch lieber selbst zu bauen? Beide Varianten haben ihre Für und Wider. Doch die Gesetze und Richtlinien sind in Spanien anders als in Deutschland und so einige Aspekte müssen berücksichtigt werden. Zu einer echten Herausforderung kann der Hausbau werden, wenn sich zur ohnehin schwierigen Thematik auch Sprachbarrieren dazu gesellen – dann ist das Endresultat unter Umständen eine Überraschung. Sogar ein vermeintlich „kleiner Umbau” kann dann zu einem großen Problem werden. Dann nämlich, wenn unangemeldet Kontrolleure, die in den vergangenen Monaten immer häufiger unterwegs sind, einen Baustopp verhängen („Precinto“). Dann geht nichts mehr und es heißt „zurück zum Anfang“. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kostet Zeit und vor allem Geld und Nerven.
Wir besuchten den auf Gran Canaria niedergelassenen Architekten Dipl. Ing. Christian K. Breitfellner, der auf stolze 23 Jahre Berufserfahrung blicken kann. Sein Studium absolvierte er in Mainz (und das innerhalb der Mindeststudiendauer). Er hat seinen Traum in gewisser Weise schon verwirklicht: Dort zu arbeiten, wo er lebt und zwar an der Sonne. In einem schmucken Einfamilienhaus in Maspalomas ist eine Ebene dem Architekturbüro gewidmet und der Rest ist Privathaus. Von hier aus realisiert Breitfellner mit seinem Partner Dieter Meusel nach wie vor Immobilienobjekte und Wohnsiedlungen auch in Deutschland. Dank seiner Spanischkenntnisse ist der Architekt inzwischen auch auf den Kanaren etabliert und anerkannt.
In Spanien ist der Architekt für den Bau verantwortlich. Die Vorschriften sind extrem kompliziert ebenso wie die Formalitäten viel komplizierter als in Deutschland wie wir erfahren. Breitfellner ist auf den Kanaren im „Colegio de Architectos“ eingetragen und arbeitet als befugter Architekt. Je nach Projekt kooperiert er mit zuverlässigen Partnern zusammen z. B. für die technische Abwicklung.
Wann wird eine Baugenehmigung benötigt?
Grundsätzlich muss zwischen einer „Obra menor“ und einer „Obra mayor“ unterschieden werden. Im ersten Fall handelt es sich um kleine Umbaumaßnahmen (z. B. Fliesen verlegen im Innenbereich). Diese können selbst oder von den eingesetzten Subunternehmen in der Gemeinde eingereicht werden (Kostenpunkt: zehn Prozent des Kostenvoranschlags).
Bei der sogenannten „Obra mayor“ muss ein Architekt die entsprechende Baugenehmigung einreichen. Darunter fallen alle Veränderungen an der Außenfassade (z. B. zusätzliche Fenster, Türen oder dessen Versetzungen), Überdachungen (somit auch bei Carports) oder wenn eine Änderung des Nutzungsschwerpunkts erfolgt ebenso wie wenn die Statik des Hauses durch die baulichen Maßnahmen beeinflusst werden könnte (z. B. Loch in der Decke für Treppenaufgänge, Entfernen von Wänden etc.).
Ein Konvolut - der Bauantrag
Die Bauanträge müssen mittels komplexen und vom „Gobierno“ (Kanarischer Regierung) vorgegebenen Computersystemen erstellt werden und bei der Architektenkammer über dieses System „Visado electronico“ eingereicht werden. Zusätzlich muss der Antrag dann noch in vierfacher Ausfertigung in Papier vorliegen – jeweils ein Exemplar für die Kammer, die Baubehörde und dann natürlich ein Exemplar für den Kunden und eines für die eigene Dokumentation. Fünfhundert Seiten pro Bauantrag sind keine Seltenheit und da möchte man sich den Papierstapel der dafür erforderlich ist gar nicht vorstellen.
Dafür ist in den Bauanträgen alles akribisch aufgelistet. Bis ins letzte Detail sind die zu verwendenden Materialien angeführt ebenso wie die Angaben zu den Baustellenwarnschildern oder Abdeckungen. Natürlich fehlen nicht Informationen hinsichtlich Feuerschutz, Luftschutz, Baustellensicherheit, Schutzkleidung und Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser etc.
Erste Ideen mit dem Bleistift
Wie lange dauert ein erster Entwurf? Das Wichtigste ist neben der Planung die Evaluierung der Anforderungen. Den Kunden und seine Lebensweise kennenzulernen ist ein wesentlicher Bestandteil. Kommen viele Gäste? Wie viele Schlafzimmer oder Bäder werden benötigt? Soll auch ein Pool oder Keller eingeplant werden? All das sind Fragen, die sich der Kunde am besten schon vor dem Architektenbesuch überlegen sollte.
„Wenn die Wünsche des Kunden geklärt sind, dann dauert es etwa zwei Wochen bis die ersten Bleistiftskizzen ausgearbeitet sind“, erklärt der Architekt. Musik ist seine Muse und unterstützt ihn beim kreativen Prozess, denn jedes Haus ist einzigartig. Dabei wird Tag und Nacht geplant und es kann schon vorkommen, dass Christian mitten in der Nacht aufsteht, in sein Büro geht und dann an der Planungstafel am Entwurf weiterarbeitet. „Die besten Ideen überkommen mich oft im Schlaf“, erklärt er.
Die ersten Rohentwürfe stimmt Christian dann mit den Kunden ab, ob man „grundsätzlich auf einer Linie“ ist. Für die Detailplanung mit der Darstellung aller Außenansichten, Grundrisse, Schnitte und Räume etc. muss in Summe etwa ein Monat veranschlagt werden. Christian plant alles akribisch und zwar nicht nur in diesem komplizierten Computerprogramm, das seitens des Gobiernos verwendet werden muss. Natürlich erhält der Kunde auf Wunsch das Eigenheim in einem Computermodell, das echtes Leben veranschaulicht - bis ins kleinste Detail. Kinder fahren mit dem Fahrrad, spielen mit dem Hund oder laufen über den Rasen. Sogar Fliesen, die durch das Badezimmerfenster zu sehen sind, werden dargestellt (siehe Foto).
SCHRITT 1: GRUNDSTÜCK
Der Grundstückspreis kann extrem variieren und hängt von vielen Faktoren ab wie z. B. Lage, (Meer)Sicht, Bauerschließung, Urbanisation etc. Wir haben bei einem alteingesessenen Immobilienmakler nachgefragt, der seit 24 Jahren der Profi auf Gran Canaria ist und erfahren, dass beispielsweise ein Grundstück in Monte León mit 8.000 qm um die 700.000 Euro kostet und ein anderes, halb so groß um die zwei Millionen Euro.
Vergleicht man die Preise für einen Bungalow in einem Touristengebiet wie z. B. San Agustín auf Gran Canaria, so liegen diese bei etwa 2.400 bis 3.000 Euro pro Quadratmeter für eine „sorgenfreie“ Immobilie (lt. Aussage des Immobilienmaklers).
Gemeinsame Sichtung des Grundstücks
Ein Meilenstein für das Eigenheim ist die gemeinsame Begehung des Grundstücks (siehe auch Tipps für den Grundstückskauf) mit dem Kunden. Der Architekt verschafft sich einen Überblick über die aktuelle Situation, die in der Planung zu berücksichtigen ist. Kriterien wie z. B. Hanglage oder Sonnenrichtung sind wesentlich.
Christian formuliert die Aufgaben eines guten Architekten so: „Ein guter Architekt nimmt die Wünsche des Kunden auf und berät aufgrund seiner Expertise und Erfahrung hinsichtlich sinnvoller Aspekte für den Hausbau. Niemand kennt die Tipps und Tricks besser als jemand, der tagtäglich damit konfrontiert ist. Es gibt nun mal eine Vielzahl an praktischen Fallen, die erst dann zum Tragen kommen, wenn man eingezogen ist - und dann ist es unter Umständen zu spät. Themen wie Stauräume oder Gäste-toiletten müssen auch bedacht werden ebenso wie ergonomische Aspekte. Eine Küche soll nicht nur designmäßig anspruchsvoll sein, sondern auch praktisch, und das gilt für jeden Bereich im Haus.
Christian bietet, je nach Kundenwunsch, vom klassischen Umbau und Renovierung bis hin zum schlüssel- bzw. einzugsfertigen Haus alles an. Es ist nur eine Frage des verfügbaren Budgets. Wenn die Kunden nicht vor Ort sind, hält Christian das Klientel via Email (Berichte und Fotodokumentationen) über die Baufortschritte auf dem Laufenden.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Wichtig ist auf jeden Fall, dass eine Person des Vertrauens des Kunden den Bau während der Bauphase beaufsichtigt. Diese muss selbst nicht unbedingt Architekt sein. Nur mit der laufenden Kontrolle kann sichergestellt werden, das alles reibungslos abläuft. Wenn Fliesen einmal verlegt sind, weiß niemand mehr was genau sich darunter befindet. Kommt es aber im Nachhinein aufgrund fehlender oder mangelhafter Isolierungen, Feuchtigkeitssperren oder minderwertiger Materialien zu Schäden wie z. B. Risse in Wänden oder Feuchtigkeitsbildung, dann kann nachträglich nur mehr schwer die Ursache des Baumangels eruiert werden.
Schließlich geht es auch um Geld, denn normalerweise baut man nur ein Mal in seinem Leben. Daher haben die Subunternehmer einen besonderen Stellenwert und es ist nicht immer zu empfehlen den billigsten zu nehmen denn oft trifft das Zitat „Wer billig baut, baut teuer“ gerade in der Baubranche zu. Man sollte sicher gehen, dass die Arbeiter auch tatsächlich über eine entsprechende fachliche Ausbildung verfügen. Holen Sie sich gegebenenfalls Referenzen der Unternehmen ein oder lassen Sie sich realisierte Projekte zeigen.
Die Kosten für ein Haus (Bau)
„Für ein Haus mit durchschnittlicher Größe von etwa 150 Quadratmetern Wohnfläche muss man etwa 240.000 Euro Baukosten veranschlagen plus die Kosten für das Grundstück“ erläutert Christian.
Was kostet ein Architekt?
„Das ist insofern schwer zu beantworten, da es in Spanien keine „architektenfeste Gebührenregelung gibt“ wie z. B die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in Deutschland. Das bedeutet, dass Architekten beliebige Nachlässe geben können und es so zu richtigem Preisdumping kommen kann. Die Unterschiede liegen im Detail.
Um einen echten Preisvergleich machen zu können ist es wichtig zu verstehen, welche Leistungen im Angebot beinhaltet sind und welche nicht. Kontrolliert der Architekt vor Ort, dass alles ordnungsgemäß mit den definierten Materialien und in der festgelegten Weise verarbeitet und eingebaut wird, oder nicht? Nicht zu vergessen die Kosten für allfällig notwendige Fachingenieure wie z. B. ein Topograph, der das Haus „einmisst“.
In der Praxis muss man für das Architektenhonorar etwa mit zehn Prozent der Bausumme (gemeint ist das Material für den Bau) kalkulieren. Die Gebühr für die Einreichung des Bauantrags beträgt 240 Euro und zusätzlich 3,2 Prozent des Materialpreises (in San Bartolomé de Tirajana, variiert von Gemeinde zu Gemeinde).
Abnahme und Registrierung bei der Gemeinde
Wenn der Bau fertig und vom Kunden abgenommen ist, muss die sogenannte „Final de Obra“ erstellt werden. Dabei handelt es sich um eine Baustellenfertigmeldung in der Gemeinde. Nach Überprüfung durch diese wird die „Cédula de habitabilidad“ bzw. „Licencia de primera utilización y ocupación“ (Bewohnbarkeitsbescheinigung“ ausgestellt. Achtung: Diese ist wichtig für die Strom- und Wasseranmeldung.
Dipl. Ing. Christian K. Breitfellner
Architekt auf Gran Canaria