In einer Stunde aus der Wüste in den Dschungel - geht das? Ja, auf Gran Canaria und womit dieser kolportierte ‚Minikontinent‘ wieder einmal untermauert, dass er diesen Namen zu recht führt. Die Route der Falkenschlucht, das bedeutet der Name Barranco de los Cernícalos, stand bei unserer neuen Wanderung auf unserem Programm. Diese endemischen Himmelsbewohner mit dem zoologischen Namen Falco Tinnunculus canariensis kreisen auf der Suche nach Beute am Himmel über diesen Barranco. Wenn sie Glück haben, dann sehen Sie sogar ein Exemplar.
Doch diese Wanderung hat ein weiteres Highlight zu bieten, das man so auf Gran Canaria kaum vorfindet und zwar ganzjährig Wasser! Ein Bach zieht sich durch das Tal und auch mehrere Wasserfälle sind ein Highlight dieser Tour, weshalb diese landschaftlich überaus reizvolle Strecke umgangssprachlich auch „Ruta de los tres Cascadas“ genannt wird. Dachte ich bei meiner Entdeckungstour im April auf der Route der Blauen Tajinaste den schönsten Flecken Erde auf Gran Canaria gefunden zu haben, so hat der Barranco de Cernícalos ihm den ersten Rang abgerungen und ist im Moment meine neue Nummer Eins. Wenn etwas so schön ist, dann möchte man es mit anderen teilen, doch die Eindrücke adäquat mit Fotos und Worten zu beschreiben ist eine echte Herausforderung.
Es gibt zwei mögliche Startpunkte. Entweder Sie beginnen diese schöne Wanderung an der Caldera de los Marteles im Herzen der Insel oder Sie wählen die viel kürzere und bequemere Tour von der anderen Seite aus, so wie wir. Es gibt kaum Steigungen und ist somit leicht zu meistern.
Dieses Mal begleiteten uns Erika Schweizer, die Präsidentin des Schweizer Clubs auf Gran Canaria und die treue Viva Leserin Marion Lussi. Mit dabei waren unsere geliebten Vierbeiniger und zwar ihr junger Nico und mein tapferer Juan.
Dem Rummel entfliehen und in die Natur eintauchen
Wir brachen morgens um 9.30 Uhr auf und fuhren mit dem Auto nördlich auf der Autobahn GC-1 bis zur Ausfahrt Nr. 15 „Ojos de Garza“. Dort folgten wir der GC-140 in Richtung Telde und dann weiter auf der GC-130 vorbei an Lomo-Magullo, La Colombo bis nach Los Arenales, wo ein Stück hinter dem Picknickplatz der Eingang in den Barranco de los Cernícalos ist. Unsere Tour führte durch das Naturschutzgebiet Lomo Magullo mit der Wanderwegnetzkennzeichnung C-26.
Wir schlenderten arglos und ohne hohe Erwartungen auf einem Trampelpfad, gesäumt von meterhohem Schilf, fast wie im Dschungel, und der herrlich azurblaue Himmel hieß uns willkommen. Nach wenigen Minuten gelangten wir zu einer Ruine, Reste einer Betonkonstruktion über einem Brunnen, wo einst über eine Umlenkrolle ein Eimer hinuntergelassen und mit Wasser gefüllt wieder hochgezogen wurde.
Das Wasserplätschern, unser ständiger Begleiter
Ab jetzt war das entspannend klingende Plätschern des Wassers unser ständiger Begleiter. In diesem Teilstück läuft das frische kalte Nass in einem betonierten Rinnsal bzw. Wasserkanal und dieses diente uns zudem als Orientierungshilfe. Später schildern Wegweiser verschiedene Routen aus, doch wir folgten „Cascadas“ (SL-1) zu den Wasserfällen und nicht jenen „Cernícalos“.
Zwischendurch sieht man umgefallene abgestorbene Bäume, die sich dem Zyklus der Natur hingeben und mit dem Verrotten zu wertvoller Erde werden. Der Weg schlängelt sich in südöstliche Richtung, vorbei an mannigfaltigen Pflanzen, viele davon endemisch. Auch Kresse, Brombeersträucher und Feigenbäume, die allesamt leider noch keine reifen Früchte trugen, sind präsent und sogar Tabakbäume mit ihren markanten Rinden.
Die Baumkronen der hohen Lorbeerbäume schließen sich stellenweise und man marschiert geschützt von den heißen Sonnenstrahlen, die nur da und dort durchblitzen bzw. auf diversen Lichtungen wieder Überhand nehmen. Es ist geradezu märchenhaft und auch ein wenig abenteuerlich und ich denke glückselig zurück an meine Kindheit und die Entdeckungsstreifzüge durch die Wälder, die wir als Kinder so gerne unternahmen.
Idylle par excellence
An manchen Stellen müssen Sie sich bücken, um unter den Ästen durchzugehen. Das ist übrigens sehr empfehlenswert, da ich mit vollem körperlichen Einsatz einen Härtetest mit meinem Kopf durchführte - der Ast war Sieger! Ich fiel rücklings auf den Boden und vor meinem geistigen Auge breiteten sich unzählige Sternchen aus. Dabei zog ich unbeabsichtigt die volle Aufmerksamkeit der anderen Wanderer auf mich. Ich versuchte mich zu fassen und nach einigen Schlücken Wasser war mein Kreislauf wieder fit, um weiter zu marschieren.
Weil doppelt besser hält, bin ich beim Aufstehen in den gleichen Ast gleich noch einmal gelaufen, aber wenigstens gab es eine Beule an einer anderen Stelle meines Kopfes. Ab jetzt war ich vorsichtiger und beäugte nicht mehr ausschließlich den herrlichen Bachlauf, der sich geradezu künstlerisch seinen Weg durch die Natur bahnt und in jeder Ecke in Kombination mit Felsen, Steinen, Wurzeln, Bäumen und Co. malerische Szenen zaubert. Ich habe mich schon wieder verliebt! Man sollte aber trotzdem den Boden nicht aus den Augen verlieren, denn manche Baumwurzeln stellen wahrhafte Stolperfallen dar!
Baumkronen, der natürliche Sonnenschutz
Obwohl es ein herrlich heißer sonniger Vormittag war, herrschte im Schutz der Schatten der Bäume ein überaus angenehmes Klima, wofür auch das Wasser mitverantwortlich ist. Das entspannende Rauschen wurde noch vom heiteren Gezwitscher der Vögel unterbrochen. Wir waren förmlich aus dem Häuschen und meine Wanderfreunde an diesem Tag konnten es nicht fassen, dass es solche grüne und zauberhafte Ecken auf Gran Canaria gibt - fürwahr eine willkommene Abwechslung vom Green der Golfplätze. Diese friedliche und wunderbare Atmosphäre genossen auch vor allem auch unsere Hüncchen, die aus dem Schnüffeln nicht mehr herauskamen. Sie springen hin und her, von Baum zu Baum, von Stein zu Stein, schnüffelten, was das Zeug hält, und tranken zwischendurch noch vom kühlen frischen Wasser.
Wasserkaskaden und Wasserfälle ohne Ende
Je weiter wir vordrangen, desto steiniger und wilder wurde es, fast wie in einem ‚Dschungel‘. Gegen Ende der Route war es gar nicht so einfach, den Weg auszumachen. Unser Tipp: Folgen Sie dem Bachlauf, der an manchen Stellen über eine aus einigen Holzstämmen improvisierte Minibrücke überquert werden musste.
Gegen Ende wird es ein ganz kurzes Stück etwas steiler und felsiger und dort belohnen Sie die Wasserfälle für die Mühen. Theoretisch könnte man die letzte, ca. fünf Meter hohe und leider sehr steile Felswand zu der letzten „Gran Cascada“ noch hochklettern, um die weiteren größeren Wasserfälle zu gelangen. Doch unser Mut verließ uns an dieser Stelle und wir waren ohnehin höchst zufrieden mit der bisherigen Tour. Wir beschlossen daher auf dieser Lichtung eine Rast einzulegen und suchten uns ‚gemütliche Felsen‘, verschlangen die mitgebrachten Brötchen und lauschten müde, aber glücklich, dem Rauschen des Wassers. Die frische Luft und die Bewegung machte hungrig.
Fazit
Fazit: Diese Wanderung ist auch als Familienausflug ideal, der ein unvergessliches Gemeinschaftserlebnis darstellt - ein kleines Abenteuer ohne Sicherheitsrisiken. Sie sollten aber unbedingt Wanderschuhe tragen und keine Turnschuhe, ein Paar Reservesocken wären auch von Vorteil sowie ein Wanderstock.
Tipp: Wir empfehlen diese landschaftlich äußerst reizvolle Tour in den Morgenstunden zu unternehmen und, falls möglich, unter der Woche. An Wochenenden und an Feiertagen herrscht ab den Mittagsstunden viel „Fußverkehr“ auf dieser beliebten Route. Falls es regnet oder kürzlich geregnet hat, ist es stellenweise sehr rutschig.
Wir haben diese Route mit dem sogenannnten Wikiloc aufgenommen und auf unserer Facebookseite zum virtuellen Nachahmen hochgeladen. Facebook: VivaCanariasMagazin. Aber schöner ist es, sie selbst zu gehen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß auf dieser herrlichen Wanderung!
Hier die Virtuelle Tour:
Julija Major
Eckdaten Wanderung
Barranco de los Cernícalos
GC-1, Abfahrt Ojos de Garza, Richtung Telde - GC-130 bis Lomo Magullo und Los Arenales.
Start: Picknickplatz südwestlich von Los Arenales
Wandernetz „Cascadas SL-1, Hinweisschild "BCO. CERNÍCALOS (470 m)"
Strecke 5,67 km (hin und zurück)
Schwierigkeit: Leicht
Dauer: 1 Std. 35 Minuten (reine Gehzeit) mit Pausen 2 bis 3 Stunden.
Höhenmeter: 194 m/-194 m (von 447 auf 641 m)
Bitte genießen Sie auch unsere Stimmungsfotos in der Galerie!