Die etwa 30.000 Einwohner umfassende Gemeinde Ingenio zählt nicht unbedingt zu den stärksten Touristenmagneten von Gran Canaria. Dabei betrachten sich die Einheimischen gern als „Tor zur Insel“. Immerhin kommt der Großteil aller Besucher mit dem Flugzeug und landet somit am Flughafen Gando an der Ostküste. Wie ein schmaler Streifen zieht sich das Gebiet landeinwärts bis zum gleichnamigen Hauptstädtchen.
Das Gebiet war durch den einstigen Wasserreichtum fruchtbar und machte es zu einem begehrten Ziel. Im Jahr 1503, etwa zwei Jahrzehnte nach der Eroberung von Gran Canaria durch die Spanier (1483), wurde die erste Zuckerrohrpresse errichtet. Der Anbau von Zuckerrohr und die Zuckerproduktion war lange Zeit ein wichtiger Wirtschaftsmotor und spiegelt sich im Namen (Ingenio, dt. Zuckersiederei) wider. Erst im 19. Jhdt. löste ihn der Tomatenanbau ab. Der steigende Bedarf an Personal, vor allem in den Sektoren Baugewerbe und im Dienstleistungsbereich, sorgte Mitte der 1960-er Jahre für ein ‚starkes‘ Bevölkerungswachstum.
Es war einmal vor langer ...
Dabei reicht die Geschichte von Ingenio weit zurück, wobei die Gemeinde erst 1835 sich formal von der bischöflichen Nachbargemeinde Agüimes löste und eigenständig wurde. Aufgrund der Unwegsamkeit des Barrancos de Guayadeque war der Weg nach Agüimes beschwerlich, um ihrer Frömmigkeit in der dortigen Kirche Ausdruck zu verleihen. Sie wünschten sich daher lange Zeit eine eigene Kirche. Im Jahr 1570 schenkten Wohlhabende das Gelände des heutigen Kirchplatzes der Kirche und es wurde eine Kapelle errichtet. Nun hatten sie einen adäquaten Platz für ihre geliebten Fiestas. Die heutige Kirche wurde in der Zeit von 1900 bis 1908 erbaut und ist ebenfalls der Schutzpatonin Candelaria gewidmet.
Die Viehwirtschaft ist nach wie vor tief verankert und auf allen Volksfesten ist eine große Viehmesse ein fester Bestandteil der Fiestas. Die erste wurde übrigens schon 1877 abgehalten. Die prachtvollsten Exemplare, vornehmlich autochthone Rassen, werden prämiert. Im Vorjahr machte man dafür sogar Preisgelder in Höhe von 19.000 Euro locker. Neben dem ‚Schönheitswettbewerb‘ der Ziegen, Schafe, Ochsen und Hühner sind an diesem Markttag auch Kanarienvögel, Brieftauben und Kaninchen vertreten.
Kunstvolles Handwerk - Weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt ist Ingenio für seine Hohlsaumstickereien, die viel Geduld und Genauigkeit erfordern. Diese Stickereien sind nicht nur auf Tischdecken und Servietten zu finden, sondern häufig auch an edlen Trachtenblusen. Zur Erhaltung dieser Tradition gibt es inzwischen eine offizielle Handarbeitsschule.
NEUER ‚ ALTER CHARME‘
Ingenio ehrt Ende Januar gleich zwei Schutzheilige und zwar die „Nuestra Señora de la Candelaria“ sowie San Blas. Alles spielt sich in der Altstadt (Casco Historico) rund um die Kirche von Ingenio ab. In den letzten Jahren wurden einige Verschönerungsinitiativen realisiert und so präsentiert es sich in neuem Charme, ohne das volkstümliche Leben in Vergessenheit geraten zu lassen. Lassen Sie sich daher von den gegenwärtigen mit Lametta umwickelten Bäumen auf der Zufahrtsallee nicht irritieren – über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten! In der Altstadt finden Sie davon keine Spur. Bei meinem Besuch vor zwei Wochen während der hektischen Weihnachtszeit war ich von der vorherrschenden Ruhe überwältigt.
Stiefkind: die Altstadt
Nur wenige Touristen unterbrechen die Beschaulichkeit des Ortes, was manche Bewohner durchaus kritisieren. Zu wenig werde von der Gemeinde geboten, zu wenig unterstützt und zu schlecht vermarktet …
Eine Veranstaltung hat sich auf jeden Fall im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte etabliert und zwar das internationale Folklorefestival im Juni, bei dem alljährlich Volkstanzgruppen aus verschiedenen und zum Teil exotischen Ländern zu bewundern sind. Demnach sind die Preise merklich günstiger als in angesagten Touristenhotspots. Für zwei Kaffee, zwei Wasser, papas arrugadas, frittierte Hühnekeulen und einen Thunfischsalat zahlten wir direkt neben der Kirche in einer Nische (Plaza de San Blas) in der Casa Nico lediglich 18 Euro. Typisch für die regionale Küche sind Fleisch- und Ziegengerichte, oftmals in Soße. Auch Schneckengerichte sind häufig zu finden. Dazu kommen die kanarischen Klassiker, wie z. B. Käse, Oliven, Wein und natürlich die papas arrugadas.
Bäckerei unter den Top 10 Spaniens
Panadería Artesanal Amaro in der c/El Granero 3 wurde im November 2017 als einzige Bäckerei der Kanarischen Inseln im Rahmen der „Ruta española del buen pan“ unter die Top zehn Spaniens gekürt. Seit über 250 Jahren wird hier nach traditioneller Art das Brot im Steinofen gebacken und wer es gerne kosten möchte, der sollte möglichst früh aufstehen, um noch eines der begehrten Laibe zu ergattern. Die Bäckerei befindet sich nur 300 Meter von der zuvor erwähnten Plazoleta San Blas entfernt. http://www.larutadelbuenpan.com
Feiertag zum Volksfest
Zu den Höhepunkten des Volksfestes zählen natürlich die „Romería“, ein festlicher Umzug, bei dem die Bewohner traditionelle kanarische Trachten tragen, die Prozession und, wie schon erwähnt, die Viehmesse.
Fazit: Sie können Ihren Besuch von Ingenio ideal verbinden (ganz nach ihrem Anspruch, sei es nach Geschichte, Archäologie, Natur oder Gastronomie).
Viel Spaß auf ihrer kanarischen Entdeckungstour! Sehenswert in der
Umgebung von Ingenio
Unsere Berichte über folgende Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Ingenio finden Sie auf unserer neuen Webseite: www.viva-canarias.es
• Archäologie Höhlenkomplex „Die vier Höhlen“ (Cuatro Puertas)
• Barranco de Guayadeque samt dem Informationszentrum am Beginn des Tals sowie Höhlenwohnungen und -restaurants. Besonders ab Mitte Januar zur Mandelblütenzeit sehr reizvoll!
• Uriger Strand „Playa del Burrero“ - Viva Canarias Nr. 56
Achtung geschlossen: Das Steinmuseum (Museo de Piedra y Artesania Canaria) sowie die dort angeschlossene Riesenkrippe sind, ohne Angabe von Gründen, bis auf weiteres geschlossen! Programm Highlights
So., 27. Januar, ab 11.00 Uhr
Romería mit anschließenden Gaben-darbringungen für die Bedürftigen in der Kirche. Start ist an der c/Constitución Española (Zusammenkunft ab 9.00 Uhr). Route führt über c/Párroco José Ramírez, Antonio Rodríguez, Nueva und José Morales R. und endet am Kirchplatz, wo im Anschluss das traditionelle Folkloretanzfest (Baile de Taifa) startet.
Sa.., 2. Februar, ab 12.00 Uhr - Feiertag in der Gemeinde Ingenio
Prozession mit der Heiligenfigur der Jungfrau Candelaria und anschließend findet am Kirchplatz eine Gratis-Verköstigung von kanarischen Eintopf „Ropa Vieja“ statt.
10.00 bis 12.30 Uhr: Viehmesse auf dem Messegelände Recinto Ferial La Cantonera.
10.00 bis 16.00 Uhr: Kunsthandwerks- und Bauernmarkt in der c/Ramón y Cajal.
So., 3. Februar, ab ca. 20.00 Uhr
Der Sonntag ist dem Heiligen San Blas sowie der Familie gewidmet und entsprechend Kindergerecht ist das Programm, das an diesem Tag geboten wird.