Ausgabe Nr.
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J M upload 04.02.2021, Viva Edition 172 | Print article

Mandelblüten - ein Meisterwerk der Natur - Wanderung La Culata Tejeda

Die Backindustrie Gran Canarias benötigt etwa 30.000 kg süße Mandeln pro Jahr, aber nur zirka 6.000 kg werden hier produziert. Weshalb? Die Antwort finden wir in der Orografie der Insel!

Gran Canaria ist die dritthöchste Insel der Kanaren. Im Hinterland sticht BesucherInnen die Vertikalität ins Auge. Senkrechte Felswände, tiefe Schluchten und zerklüftete Bergkämme charakterisieren die verwitterte, runde Insel. Der Tourismus ist heutzutage der wichtigste Wirtschaftszweig, früher war die Landwirtschaft. Davon zeugen die vielen ineinander übergehenden Terrassenfelder, mühsam von Menschenhand angelegt. Auf diesen „bancales“ oder „cardones“, wie sie in der kanarischen Mundart heißen, wurden Gemüse, Kartoffeln oder Mais anbaut. Am Rand dieser landwirtschaftlichen Terrassen pflanzten die Bauern Mandelbäume. Das heißt: Obwohl die Mandelblüte mit ihrem leuchtenden Weiß und Rosa das Zentrum der Insel beherrscht, war die Mandelproduktion selbst nur ein komplementärer Wirtschaftszweig für die Landwirte.

Herausgeberin Julija Major und
Juan auf Mandelblütenwanderung

Geschichte der Mandel

Der Mandelbaum oder „Prunus amygdalus Batsch“, ist auf den Kanaren nicht einheimisch. Er stammt aus Südwestasien. Die Phönizier haben ihn in Europa eingeführt und durch die Römer verbreitete sich der Baum nach Mittel- und Nordeuropa. Nach der spanischen Eroberung wurde „el  almendro“ auf  die Kanaren eingeführt und dominiert 500 Jahre später noch immer das Herz der Insel Gran Canaria sowie in Puntagorda auf La Palma.

Die Fläche der Mandelbäume nimmt 3.000 Hektare bzw. 3.000 Fußballfelder ein, 70 Prozent davon befindet sich inmitten der Naturschutzgebiete oder nebst ihren Randzonen. Der Landpark von Nublo ist dabei die  Hochburg, wo der Wind seinen Anteil an der Verbreitung der Samen hatte. Häufig wachsen daher wilde Mandelbäume. Noch öfter wurde der „Almendro“ von lokalen Bauern mit Aprikosen und Pflaumenbäumen veredelt. So gibt es kanarische Varietäten, die damals im Ausland, wie zum Beispiel in  Großbritannien, sehr beliebt waren.

Mandelbaum, und sein eigener Rhythmus

Der Baum hat genau wie jede Pflanze seinen eigenen Zeitplan. Im Januar und Februar erstrahlen die Blüten in ihrer ganzen Schönheit, im August und September wird geerntet. In Marokko oder Kalifornien, beide wegen ihrer exzellenten Mandeln bekannt, fahren zu diesem Zweck Schüttelmaschinen vor und der anschließende Verarbeitungsprozess läuft maschinell. Diese bewegen den Baum, der Baum vibriert und die Mandeln fallen auf ausgelegte Decken herunter. Durch den hohen Grad der Automatisierung können diese ihre Produkte zu wesentlich günstigeren Preisen anbieten, als die hiesigen Bauern.

Die unwegsame Landschaft Gran Canarias macht den Einsatz von Schüttelmaschinen leider unmöglich. Daher werden hier die Mandeln noch mit Ruten von den Ästen geschlagen und der Bauer sammelt die Mandeln anschließend einzeln von Hand auf - eine mühsame Arbeit.

In der Gemeinde Tejeda, das Epizentrum der Mandelwirtschaft, gibt es jedoch seit 2018 einen Mandelsauger (!), der den Landwirten die Arbeit erleichtert.  Ein Großteil wird jedoch nach wie vor von traditioneller Art und Weise geerntet und verarbeitet. Et bien voilà - hier ist die Antwort zu der Einleitungsfrage.

Mythos widerlegen

Ob die Mandelblüten rosa oder weiß sind, hat nichts mit Süß- oder Bittermandel zu tun, sondern ist nur ein Zeichen für unterschiedliche Sorten oder Arten. Manche meinen,; die weiße Blüte gehört der Bittermandel und die rosarote der Süßmandel. Die einzige Möglichkeit festzustellen, ob eine Mandel bitter ist, besteht darin, sie zu probieren.

Auf den ersten Blick ist dieses Feststellen unmöglich. Früher war es Brauch war, einen Stein auf den Stamm zu legen, um zu signalisieren, dass diese Mandeln bitter sind.  Wenn Sie auch das Pech haben - wie es mir schon mal passiert ist, dass Sie eine bittere pflücken, sollten Sie diese, da sie eine gesundheitsschädliche Säure enthält, nicht essen. 

Der „Gran Canaria Mandelverein” arbeitet daran, diese Sorte zu identifizieren, um den Anbau durch süße Mandelbäume zu ersetzen. Möchten Sie trotzdem diesen Mythos überprüfen und verschiedene Bittermandeln kosten, führt Ihr Weg nach einigen Mandeln ins Krankenhaus, wo Sie mit der Diagnose, Vergiftungserscheinungen, Atemnot, Pupillenerweiterung, Kopfschmerzen und Krämpfen, rechnen müssen. Im Sommer pflückt und kostet sie, im Winter geniesst man das Naturspektakel. Am besten erlebt man dieses Schauspiel bei einer Mandelblütenwanderung!

Das Meisterwerk der Natur

Wir beginnen unsere Mandelblütenwanderung in einem der schönsten Bergdörfchen der Insel: La Culata de Tejeda. Seine Häuser schmiegen sich terrassenförmig an den Hang, die Felder bilden eine grüne Oase inmitten karger und zerklüfteter Felsen. Die leichte Wanderung führt uns zum steingepflasterten Plateau vom Timagada-Kreuz am Fuße des Roque Nublo. Wenn man durch das Blütenmeer wandert, wird einen der  süßliche Duft betören.  Nicht nur Mandelbäume, sondern auch Lavendel und verschiedene Ginsterarten färben die Landschaft im Einsturzkrater von Tejeda: ein Meisterwerk der Natur!     Sofie Hendrikx

Steckbrief: Geführte Wanderung

• Montag, den 8. Februar 2021
• Distanz: 6,1 km, Rundtour
• Höhenunterschied: 250 m (Schwierigkeitsgrad: 1)
• Start- und Endpunkt: Bar Roque Nublo, La Culata (Tejeda)
• Preis: 20 Euro p. P., kleine Gruppen (im Preis inbegriffen: staatlich geprüfte Reiseleiterin, Versicherungen, nicht inbegriffen ist der Transfer zum Startpunkt)
Reservierungen und Information: Sofie Hendrikx, (0034) 653 737 773
Email: mogan.verde@gmail.com