Ausgabe Nr.
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J M upload 23.12.2018, Viva Edition 11 | Print article

„Petanca - der beliebte Volkssport mit den ‚Kugeln‘

Vollste Konzentration beim Werfer und gespanntes Luftanhalten bei den Zuschauern – aufgeregte Diskussion beim Messen des Abstands unter launischen Kommentaren des Publikums. Das sind zwei Phasen eines beliebten Volkssports, der in Spanien unter dem Namen Petanca unzählige Anhänger hat. Auf den Kanaren ist das klassische Spiel mit den Kugeln womöglich noch beliebter als anderswo, sicherlich auch wegen des Klimas, das erlaubt, diesem Spiel ganzjährig zu frönen. Petanca gehört zu den ältesten Spielen überhaupt. Schon in der Steinzeit warfen Menschen die Kugeln, ebenso in den klassischen Zivilisationen, bis diese Leidenschaft im Mittelalter einen Höhepunkt erreichte. Überall und pausenlos wurde Petanca gespielt, oder Boule, oder Boccia wie das Spiel in Frankreich und Italien genannt wird, so dass manche Herrscher ihrem Volk diesen Zeitvertreib verboten, weil dadurch angeblich die gesellschaftliche Moral gefährdet war. Inzwischen ist das Spiel zu einem Sport geworden, wird nach genauen Regeln durchgeführt und die Wettkämpfer sind in Verbänden organisiert. Die besten Spieler der Kanaren sind zumindest in jüngster Zeit auf Gran Canaria zu Hause. Bei der jüngsten regionalen Meisterschaft der Inselauswahlen siegte Gran Canaria in allen Klassen.

In Maspalomas gibt es, wie in den meisten Orten der Kanaren, einen Petanca-Klub, den „Club Petanca San Fernando de Maspalomas“. Seine Bahnen findet man gleich neben dem Stadion von Maspalomas, hinter dem Bauernmarkt. Don Pepe sorgt dort für Ordnung und dafür, dass durstige Spieler/–innen mit den passenden Getränken geholfen wird. Auf der Petanca-Bahn von Maspalomas wird aber nicht nur wettkampmäßig für die regionale oder die Inselmeisterschaft trainiert, dort können auch Private und Amateure etwas für ihre Fitness tun. Gegen einen geringen Beitrag kann jeder Mitglied werden, für Spielpartner oder Wettkampfgegner muss allerdings selbst gesorgt werden. Skandinavier, Holländer und auch deutsche Gruppen nehmen dieses Angebot gerne an, wie der Klub „Felicidades“, der seit 20 Jahren in Maspalomas die Kugeln wirft.

Unter der kompetenten Leitung der Klubchefs Amelia und Werner treffen sich die rüstigen deutschen Rentner jede Woche donnerstags um 11 Uhr im Petanca-Club von San Fernando. Platzmeister Pepe sorgt dafür, dass die Bahnen gut bespielbar sind und Tische und Stühle für die Erholungsphasen ordentlich im Schatten platziert sind. Im Winter kommen regelmäßig bis zu 25 Kugelspieler zu den Petanca-Treffen, bei denen es richtig sportlich zur Sache geht und dem Gegner nichts geschenkt wird.

Der Spaß und die Spannung beginnen schon vor dem ersten Wurf, bei der Auslosung der Teams. Anschließend läutet die Vorsitzende Amelia zum Spielbeginn. Eigene Tafeln mit Stecklöchern sorgen dafür, dass der Spielstand immer für jeden ersichtlich ist und wenn ein Team 13 Punkte auf dem Konto hat, geht es in die verdiente Pause im Schatten und das Ganze beginnt von vorne. Wie die Kugel geworfen wird, mit dem Handrücken nach vorne oder nicht, in hohem Bogen oder wie beim Kegeln flach über die Bahn rollend, ist Sache eines jeden Spielers. Da können mitunter interessante Wurf-Haltungen beobachtet werden. Einziges technisches Hilfsmittel – neben dem Metermaß, das hin und wieder zur Bestimmung des Abstands zwischen Kugel und „Schweinchen“ benötigt wird ist der Kugelheber. Diese interessante Erfindung besteht aus einem Magnet an einer Schnur, mit dessen Hilfe die Kugeln elegant von der Piste aufgehoben werden.

Im Sommer kommen leider weniger Spieler zum wöchentlichen Petanca-Nachmittag. Daher lädt der Verein „Felicidades“ eventuell Interessierte gerne zum mitspielen ein. Wer Lust und Laune hat, sollte einmal zur Petanca-Bahn kommen, für einen kleinen Beitrag von zwei Euro kann sich jeder und jede am gezielten Werfen der Eisenkugeln beteiligen. Und, wer weiß, vielleicht springt ja der Funke über und das alte Petanca-Spiel bekommt den einen oder die andere neue Anhänger/in - es ist für jede Altersklasse geeignet.

Einfache Regeln

Grundsätzlich treten zwei Mannschaften auf einer Bahn gegeneinander an. Die Dimensionen der Bahn sind von den Gegebenheiten abhängig, sollten aber nicht kleiner als 12 x 3 Meter sein. Die Kugeln sind aus Metall, mit einem Durchmesser von 7 bis 8 cm und einem Gewicht, das zwischen 650 und 800 Gramm liegt.

Wer beginnen darf wird vom Los bestimmt und dann kann es losgehen. Zuerst wird das so genannte „Schweinchen“ geworfen, das ist eine kleine Kugel, die in der Folge als Bezugspunkt dient. Ziel des Spiels ist für jede Mannschaft, ihre Kugeln so nahe wie möglich an das „Schweinchen“ zu bringen. Wobei durchaus eine gegnerische Kugel weggeschossen werden darf, was dem Spiel eine kämpferische Note verleiht. Wenn die Spieler ihre Kugeln verschossen haben, wird abgemessen, gewonnen hat die Mannschaft, der es gelingt  eine oder mehrere Kugeln näher an das Ziel zu bringen als der Gegner, wobei  es mehr Punkte gibt, wenn zwei oder mehr eigene Kugeln näher am Schweinchen zum Liegen kommen, als die nächstgelegene Kugel des Gegners. Dieses Regelwerk stammt vom internationalen Verband FIPJP (Fédéraction Internationale de Pétanque et Jeu Provençal), ist natürlich viel detaillierter, aber Spaß macht Petanca immer, auch wenn die Regeln von den Beteiligten ein wenig den Umständen angepasst werden.

KONTAKT

Petanca Club San Fernando
Jeweils Donnerstags von 11.00 bis 15.00 Uhr
Mitgliedschaft: 18 Euro pro Jahr. Wer Interesse hat mitzumachen, sollte einfach mal vorbeischauen.