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J M upload 30.08.2018, Viva Edition 143 | Print article

Pilotenstreik: Fluggesellschaft muss Entschädigung an Passagiere zahlen

Personalstreiks bei Fluggesellschaften haben in letzter Zeit zu großem Unmut bei Urlaubern geführt. Vieles dreht sich dabei um die Frage, ob Passagiere bei Flugverspätungen und -annullierungen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung haben. Zwei Kläger aus Luxemburg mussten deshalb vor Gericht ziehen. Ihre Ansprüche konnten sie durch das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen („Small Claims-Verfahren“) durchsetzen. Das Gericht hat die Frage nach Entschädigung im Fall eines Pilotenstreiks im Herbst bei einer deutschen Fluggesellschaft in einem jüngsten Urteil vom 18. Juli 2018 beantwortet. Im konkreten Fall war der Flug der beiden luxemburgischen Kläger aufgrund eines angemeldeten Streiks annulliert worden. Nachdem die Kläger zuerst selbst ihre Ansprüche vergeblich bei der Fluglinie geltend machten, wandten sie sich an das EVZ[1] Luxemburg. Obwohl das European Consumer Centres Network (ECC-Net) in derartigen Fällen meist außergerichtliche Lösungen erzielt, hatte die Fluggesellschaft in diesem Fall nicht eingelenkt.

Urteil mit Signalwirkung

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland stellt über sein Selbsthilfe-Tool einen Musterbrief zur Verfügung und ermutigt Passagiere, die von Flugbehinderungen aufgrund von Streiks betroffen sind, neben der Ticketpreiserstattung auch eine finanzielle Entschädigung schriftlich bei der Fluggesellschaft geltend zu machen. 

Link für die Musterbriefe: EVZ

  • Flug annuliert
  • Flug mehr als 3 Std. Verspätung
  • Gepäck verloren gegangen
  • Gepäck beschädigt/Inhalt fehlt
  • Gepäck verspätet erhalten
  • Nicht mitgenommen aufgrund Überbuchung 

Das Gericht hat entschieden, dass der angekündigte Streik keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung darstellte. Damit wird die Airline verpflichtet, Ausgleichszahlungen an beide Kläger zu zahlen, die von der Flugannullierung beziehungsweise -verspätung betroffen waren. Gestützt hat sich der Richter auf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs von April 2018. Beim TUIfly-Urteil hatte das Gericht die außergewöhnlichen Umstände schon bei einem „wilden“ Streik verneint.

„Wir begrüßen die Entscheidung und fänden es richtig, dass auch deutsche Gerichte zukünftig diese Auslegung teilen“, sagt Bernd Krieger, Leiter beim EVZ Deutschland.

Anm.: Das EVZ Deutschland ist direkter Ansprechpartner für alle deutschen Verbraucher in grenzüberschreitenden Fragen. Es informiert und berät kostenfrei zu Verbraucherrechten in Europa. Wir arbeiten dabei mit unseren Kollegen aus dem European Consumer Centres Network (ECC-Net) zusammen, das in allen 28 Mitgliedstaaten der EU, in Island und in Norwegen vertreten ist.

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Im Detail - siehe Fluggastverordnung EU-weit Europäische Fluggastverordnung - Ihre Rechte!

Footnotes

  1. ^ Quelle: Europäisches Verbraucherzentrum vom 7. August 2018