Nicht mit Gold, Edelsteinen oder Perlen dieser Welt verglich die Salzprinzessin aus Grimms Märchen ihre Liebe zum König, der am Ende schließlich geläutert eingestehen musste, dass kein Gewürz das Salz zu ersetzen vermochte. Nun gut, wechseln wir zur Realität. Auch hier ist Salz nicht zu ersetzen, denn unser Organismus benötigt es zur Regulierung des Wasserhaushalts und bestimmter Stoffwechselprozesse - natürlich in Maßen!
Salz hat darüber hinaus eine Eigenschaft, Lebensmitteln das Wasser und somit die Grundlage für Mikroorganismen, wie z. B. Bakterien, zu entziehen bzw. die Schimmelbildung zu unterbinden und sie so haltbar zu machen. Diesen Umstand machten sich die Menschen schon seit Jahrtausenden zunutze, lange bevor Kühlschränke erfunden wurden.
Die Ägypter verwendeten Tonkrüge zum Einsalzen, die Kelten ein Salzbehältnis und in Rom kam ein Pökel- bzw. Salzfass zum Einsatz. In Europa diente im Mittelalter lange Zeit eine Holzkiste diesem Zweck, die mit einer Mischung aus Salz, Salpeter und Zucker versetzt war und den Lebensmitteln eine appetitlich rosa Farbe verlieh. Diese wurden oftmals durch Trocknen oder Räuchern weiterverarbeitet. In der Fischindustrie, wie z. B. beim Kabeljau, wird der Fang auch heutzutage, häufig schon auf See an Bord des Bootes, eingesalzen.
Wen verwundert es also, dass auch die Kanarier eine lange Tradition haben. Bereits die Urbevölkerung, also vor der Hispanisierung, wusste um den Wert des Salzes, das sie in natürlichen, an der Küste gelegenen, Becken durch die Gezeitenwechsel, gewannen. Sie verwendeten Salz gar als Zahlungsmittel und daher leitet sich heute der Name salario von sal diario (dt. tägliches Salz) ab, das heutzutage Gehalt bedeutet.
Kanarisches Meersalz
Nach der Hispanisierung Mitte des 16. Jhdts. wurden Salinen bzw. Salzgärten strukturiert angelegt und bald war die Meersalzproduktion ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig. Von den einst 60 Salzgärten sind heute noch immer neun aktiv.
Die Produktion ist im Prinzip einfach, wenngleich mit einigen manuellen Arbeitsschritten verbunden. In Küstennähe werden quadratische Becken (tajos) mit etwa zwei mal zwei Metern angelegt, die mit Lehm ausgekleidet sind.
Meerwasser in ein Wasserreservoir geführt und von dort über ein Kanalnetz zu den einzelnen Becken geleitet. Das Wasser verdunstet und mit dem Sinken des Wasserpegels steigt der Salzgehalt bis schließlich das kristallisierte Salz übrigbleibt. Damit dieses in gleichmäßiger Art erfolgt, wird der Prozess laufend beobachtet und ggfs. geschabt oder gekratzt. Je nach Wind- und Sonnensituation dauert der ganze Prozess etwa 10 bis 15 Tage.
Qualitätsunterschiede
Salz ist nicht gleich Salz. An erster Stelle der Qualitätspyramide steht das Flor de Sal, also die feinen, kristallisierten Salz Blumen, die nur an bestimmten, sehr heißen Tagen von Hand abgeschöpft und getrocknet werden. Dieses Fleur de Sel wird von Gourmets aufgrund des Geschmacks mit zart knusperndem Biss, besonders geschätzt.
Das ‚Gegenstück‘ wäre das Sal gruesa, also das grobkörnige Salz. Dazwischen reihen sich Salze, die durch Mahlen unterschiedliche Größen der Körner aufweisen.
Salinas de Tenefé
Wer sich selbst ein Bild der Meersalzgewinnung machen möchte, den empfehlen wir einen Abstecher in die Salzgärten von Salinas de Tenefé. Sie befinden sich in Pozo Izquierdo, bekannt als Windsurfmekka, an der Ostküste von Gran Canaria. Eine unscheinbare Landstraße führt vom Parkplatz des Surfzentrums vorbei am ITC Forschungszentrum und, zugegebenermaßen optisch wenig reizvollen, brach liegenden Äckern. Das letzte Stück muss auf einer Schotterstraße bewältigt werden, die jedoch gut zu befahren ist.
In Salinas de Tenefé wird auf zwei Hektar Fläche 100 % ökologisch produziert. Die benötigte Energie wird durch erneuerbare Energieträger, wie z. B. Sonnenkollektoren und Windgeneratoren, gedeckt. Hobbyfotografien bieten sich mannigfaltige ‚Social media‘ taugliche Motive dieser zum Kulturgut deklarierten Saline. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es sich hier nicht um ein „Schauobjekt“ handelt, sondern um einen operativen Betrieb. Ergo: hier und da sehen Sie Arbeiter und Arbeitsgeräte.
Im Areal gibt es zudem einen angeschlossenen Shop, indem Souvenirs und natürlich die Salze gekauft werden können. Das mit dem Preis ausgezeichnete Flor de Sal, hübsch im Glas mit kleinem Holzlöffel verpackt schlägt mit 10 Euro zu Buche, ist zudem ein nettes Souvenir mit individuellem Charakter (siehe Foto).
Der Geschmackstest
Im November 2023 veranstaltete das Kanarische Institut für Agrarqualität (ICCA) einen Wettbewerb, wo elf Fachleute die besten Salze bzw. Salinen des Archipels bewertet bzw. ausgezeichnet haben.
• In der Kategorie „Natives Meersalz“ ging die Goldmedaille (Medalla de Oro) an die hier beschriebene Salinas de Tenefé von Pozo Izquierdo in der Gemeinde Santa Lucía. Die jährliche Produktionsmenge liegt bei bei beiden Sorten bei 300 Tonnen.
• Die Große Goldmedaille (Gran Medalla de Oro) ging an Salinas Bocacangrejo an der Playa de Vargas aus Agüimes.
• Für Innovation und das beste Marketing wurde das Flor de Sal der Salinas de Janubio mit der Goldmedaille prämiert. Es ist die größte Salzproduktion auf den Kanarischen Inseln, die 1895 als Familienbetrieb begann. Auf einer Fläche von ca. 45 Hektar werden um die 2.000 Tonnen jährlich produziert - 100 % ökologisch!
Julija Major
HISTORISCHE SALINEN AUF DEN KANAREN
Gran Canaria
- Salinas de la Florida, Agüimes
- Salinas de Bocacangrejo, Agüimes
- Salinas de Arinaga in Agüimes
- Salinas de Tenefé in Pozo Izquierdo
- Salinas de Bufadero Bañaderos in Arucas
Fuerteventura
- Salinas del Carmen, Antigua
Lanzarote
- Salinas de los Agujeros in Teguise
- Salinas de Janubio in Yaiza
La Palma
- Salinas de Fuencaliente
KONTAKT
SALINAS DE TENEFÉ
Salinas im Parque Cultural Tenefé, bei Pozo Izquierdo, Santa Lucía
Geöffnet: Mo. 9 - 16 h, Fr. 9 - 23 h, Sa. 11 - 23 h; Küche am Fr. und Sa. von 14 - 22 h;
Tel.: (+34) 630 070 304, 669 816 241 und 669 816 242. Führungen mit Anmeldung möglich.
www.salinasdetenefe.com