Die Kanarischen Inseln besitzen keinen sogenannten kontinentalen Sockel, sondern erhoben sich aus den Tiefen des Atlantiks als Folge unzähliger Eruptionen, die vor Jahrmillionen begannen. Geologisch betrachtet befinden sie sich auf der Afrikanischen Platte und die Vulkane sind teilweise aktiv und gelten als ein Hotspot.
Die Vulkanbeobachtung auf den Kanarischen Inseln hat eine enorme Bedeutung, um mögliche Ausbrüche vorherzusehen und die Bevölkerung vor Gefahren zu warnen. Wie dies in der Praxis aussieht, konnten wir bei der jüngsten Eruption im Cumbre Viejo auf La Palma beobachten (19. September bis 13. Dezember 2021 - Wir berichteten ausführlich).
Das im Jahr 2010 gegründete Institut INVOLCAN (Instituto Volcanológico de Canarias S.A.) besteht aus nationalen und internationalen Forschungsgruppen und Wissenschaftlern, die den definierten, vierstufigen Notfallplan PEVOLCA (Plan Especial de Protección Civil y Atención de Emergencias por riesgo volcánico en la Comunidad Autónoma Canarias), der von einem Lenkungsausschuss ausgearbeitet wurde, steuern und überwachen. Je nach ausgerufener Alarmstufe leiten sich die Handlungsempfehlungen für die Einsatzkräfte sowie die Bevölkerung ab.
Institut für Submarine Vulkanologie: Seebeben nehmen zu!
Die meisten Unterwasseraktivitäten wurden vor der Küste von El Hierro registriert, die vor etwa einer Million Jahre entstand und somit das jüngste Eiland des Archipels ist. Die submarine Eruption vom 10. Oktober 2011, etwa 1,8 Kilometer südliche von La Restinga wurde drei Monate lang mit über 12.000 Unterwasserbeben angekündigt. Wir erinnern uns an den riesigen, grünen Teppich an der Meeresoberfläche, der mit tausenden toten Fischen übersät war (Foto 01). Die genaue Beobachtung des submarinen Geschehens im kanarischen Gewässer ist von enormer Bedeutung, wie z. B. die laufende Messung der seismischen Aktivitäten, die Analyse der chemischen Zusammensetzung des Wassers, die Wassertemperatur etc. Hierzu existiert ein spezielles Beobachtungsteam des Instituts für Submarine Vulkanologie (Vulcanología Canaria Submarina), das seinen Sitz ebenfalls auf Teneriffa hat.
Geodynamische PROZESSE
Kontinuierliche seismischen Aktivitäten unter Wasser wurden vom Nationalen Geographischem Institut IGN im Kanal zwischen den Inseln Teneriffa und Gran Canaria in einer Tiefe von 400 bis 500 Metern lokalisiert, konkret etwa ein Drittel aller im Kanarischen Gewässer registrierten submarinen Beben. Die meisten davon sind allerdings nur sehr schwach und werden im Prinzip nur von den hochsensiblen Geräten registriert.
Um diese Aktivitäten näher zu beleuchten hat das Institut für Meereswissenschaften (ICM-CSIC) in Zusammenarbeit mit IGC (Nationales Geographisches Institut) das Studienprojekt „Geodynamische Prozesse und Naturgefahren auf dem Archipel“ ins Leben gerufen, welche die Untersuchung der obersten Erdkruste zum Inhalt hat.
Bisher konnte weder eine eindeutige Verbindung mit den aktiven Vulkanen noch die Ursache dieser vermehrten Seebeben eindeutig erklärt werden. Höchstwahrscheinlich besteht ein Zusammenhang mit der tektonischen Struktur innerhalb der Afrikanischen Platte, die unter einer gewissen Spannung steht. Jedenfalls nahm in den letzten Jahren sowohl die Häufigkeit als auch die Stärke der Erdbeben zu. 1989 wurde 5,2 auf der Richterskala gemessen. Untersucht wird insbesondere, ob es eine potenzielle Gefahr für Mensch und Umwelt auf den Kanarischen Inseln gibt. Das multidisziplinäre Projekt ist mit 300.000 Euro dotiert und läuft noch bis 2025. Involviert sind um die 150 Wissenschaftler aus den Bereichen Vulkanologie, Ozeanografie, Physik, Chemie, Biologie und Marine Geologie. Unterstützt wird es von den Universitäten der Fachrichtungen Meeresbiologie sowie den staatlichen Organisationen IGME (Spanisches Institut für Geologie und Bergbau) und AEMET (Nationaler Wetterdienst).
PROBEN „LIROPLUS 2000“
Mit einem speziellen, unbemannten Unterwassergefährt „Liroplus 2000“ werden Messungen und Proben des submarinen Vulkans entnommen, der in seiner Form geradezu typisch ist und von einem Kinde gemalt sein könnte. Insgesamt kommen für die Expeditionen 40 - 50 technische Geräte zum Einsatz, die verschiedene Forschungsbereiche abdecken.
3D FOTOS AUS DER TIEFE
Mit besonderem Interesse freuen sich die Forscher auf die 3D-Fotos, die erstmals in einer Tiefe von 2.100 m unter dem Meeresspiegel verfügbar sein werden. Die höchste Erhebung eines Unterwasservulkans misst 1.630 m und durchbricht damit noch nicht die Wasseroberfläche. Darüber hinaus gibt es weitere, viel niedrigere Erhebungen in einer Tiefe von 1.900 m und zwei auf 500 m an der Flanke.
Das mikrobielle Vorkommen im Meer, das sich von Gasen ernährt bzw. diese freisetzt gibt wichtige Hinweise, was in welchen Mengen an die Umwelt abgegeben wird. Aufschlussreich ist die chemische Zusammensetzung des Wassers, die Temperatur etc. Interessant ist zudem die geologische Altersbestimmung dieses submarinen Vulkans, der von Geophysikern derzeit auf zwei Millionen Jahre geschätzt wird, die Messung der Dimension des Kraters etc.
Sobald die Studienergebnisse vor liegen, werden wir berichten.
jm
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PEVOLCA: VULKANOLOGISCHER LENKUNGSAUSSCHUSS KANAREN
• IGN: Nationales Geographisches Institut (Instituto Geográfico Nacional)
• CSIC: Nationaler Forschungsrat (Centro Superior de Investigaciones Cientificas)
• AEMET: Staatliche Meteorologische Agentur (Agencia Estatal de Meteorología)
• Universität de La Laguna
• Universität de Las Palmas de Gran Canaria
• INVOLCAN: Vulkanologisches Institut der Kanarischen Inseln (Instituto Volcanológico de Canarias)
• IGME: Spanisches Institut für Geologie und Bergbau (Instituto Geológico y Minero de España)
• IEO: Spanisches Institut für Ozeanographie (Instituto Español de Oceanografía) - https://www.ieo.es/es/
- https://www.ieo.es/es/web/canarias/
• ICM-CSIC Instituto de Ciencias del Mar
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Bildunterschriften
01: El Hierro nach dem Ausbruch des submarinen Vulkans und die Verfärbung der Wasseroberfläche durch die ausgetretenen Gase
02: Unterwasseraufnahme des Vulkans Tagoro (Foto (c)ROV, IGN)
Unbemanntes Unterwassergefährt Liroplus 2000
04: Verankerung Tagoro aus dem Jahr 2021 (Foto (c)Volcano)
05: Messstationen Kanaren
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Verweise (siehe www.viva-canarias.es)
1) Viva Canarias Nr. 166 vom 1.8.2020 „Feuer und Eis, Vulkanologie auf den Kanaren
2) Viva Canarias Nr. 180 vom 1.10.2021 - Hotspot-Vulkanismus auf den Kanaren und was das bedeutet …
3) Viva Canarias Online Nr. 180 vom 28.9.2021 PEVOLCA: Kanarischer Krisenstab in vulkanologischen Notsituationen und vierstufiger Alarmplan
4) Viva Canarias Nr. 180 vom 3.10.2021 „Das Institut INVOLCAN und ständige Messungen auf den Kanaren“ (Seismik)
5) Viva Canarias Nr. 183 vom 3.1.2022 „Eruption La Palma mit 13. Dezember 2021 nach 85 Tagen und 8 Stunden für beendet erklärt“