Der 1. Mai ist in vielen Ländern ein gesetzlicher Feiertag, wie z. B. in Deutschland, Österreich, Teilen der Schweiz, Belgien und sogar in China. Vor einigen Jahren war ich noch der Meinung, dass es heutzutage nicht mehr notwendig ist, den „Tag der Arbeit“ zu feiern. Es war ein Synonym für die Arbeiterbewegung bzw. als Kampftag der sogenannten Arbeiterklasse.
Zu beobachten ist, wie reguläre Arbeitsverhältnisse in europäischen Ländern sukzessive verschwinden und stattdessen Proformaverträge abgeschlossen, bei denen die Mitarbeiter ‚auf Abruf‘ bereit stehen - ergo nur die Stunden bezahlt bekommen, an denen sie tatsächlich abgerufen werden. Und dann ist noch dazu die Entlohnung überaus mager. Wer kann unter diesen Umständen sein Leben planen oder sich sicher fühlen? Das bedeutet im weiteren Sinn, dass Unternehmer zwar die Erträge einstecken, aber auch das Risiko gänzlich abwälzen. (Anm.: In Großbritannien längst üblich und sukzessive auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten). Und so veschwindet allmählich die Mittelschicht und die Schere zwischen Arm und Reich klaffft unbarmherzig immer weiter auseinander.
Die Wirtschaft, sprich die Großkonzerne, diktieren heute die Politik und scheinen die Nationen mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung zu erpressen und sichern sich steuerlich geradezu paradiesische Konditionen.Ich verstehe inzwischen den allgemeinen Frust und warum es scheinbar immer mehr Menschen gibt, für die arbeiten gehen einfach unattraktiv geworden ist und sie lieber den Sozialstaat ‚ausnutzen‘, als sich veräppeln zu lassen (gesehen in TV-Dokumentationen). Man darf gespannt sein, wie sich alles entwickeln wird.
Früher, also ich rede von meiner Jugendzeit, konnte man mit anständiger und fleissiger Arbeit, sei es als Schreiner, Klemptner, Maurer, SekretärIn etc., seiner Familie ein Maß an Sicherheit und Lebensqualität bieten, den Kindern eine Ausbildung ermöglichen und vielleicht sogar noch ein ‚Häusle‘ bauen. Meist ging sich sogar einmal im Jahr ein Urlaub mit der ganzen Familie aus.
Zurück zum ersten Mai: Die gegenwärtige Situation ist komplex und verbesserungswürdig, doch vor zweihundert Jahren war es unvergleichbar schlimmer. Kinderarbeit war üblich, die Wohnsituation in Baracken menschenunwürdig, das Tagespensum mit bis zu 16 Stunden unmenschlich und das Geld für die Tagelöhner zu wenig zum Überleben und zu viel zum Sterben. Versicherungen und Schutz gab es nicht ... Genau aus diesen Gründen bäumte sich die Masse auf und es kam erstmals 1856 in Australien zu riesigen Demonstrationen (Generalstreik für die Einführung des 8-Stunden Arbeitstags). Dreißig Jahre danach sprang dieser Funke als sogenannter Moving Day über auf Nordamerika und verbreitete sich über alle Großstädte.
Heute haben die Maifeiern eher Volksfestcharakter. Für die Franzosen ist es das Fest der Arbeit (Fête du travail), in Japan nennt man ihn „May Day“, in Finnland ist es der Vappu, Tag des Frühlings und in englischsprachigen Ländern ist es der „Labor Day“.
In Spanien wurde der Tag der Arbeit erstmals 1931 zelebriert und dann, nach einer langen Pause während der Franko Diktatur, erst nach dessen Tod im Jahr 1977 als „Día del trabajo“ wieder aufgenommen. Militärparaden, politische Reden und Folklore bestimmen diesen Tag, auch auf den Kanaren. Oder, man genießt einfach einen Urlaubstag mit der Familie am Strand.