Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 20.08.2018, Viva Edition 104 | Print article

The Spirit of the Sea - Delfintour zwischen Fun und Wissenschaft

Vor nunmehr vier Jahren machte ich einen Ausflug mit dem Schiff „Spirit of the Sea“, das sich auf die Beobachtung von Delfinen spezialisiert hat. Es war ein unvergesslicher Tag, an den ich mich sehr gerne zurück erinnere. Diese faszinierenden Tiere in ihrem natürlichen Umfeld zu erleben, wenn sie  mit den Wellen spielen oder neugierig das Schiff ‚inspizieren‘, ist einfach unbeschreiblich. Delfine begeistern seit jeher die Menschen.

Allerdings gibt es auch viele Irrtümer rund um diese Meeresbewohner und umso mehr freut es mich, dass ich diese Tour am 11. September wiederholen konnte und der Gründer und Besitzer von „The Spirit of the Sea“ uns begleitete. Es war ein interessantes Gespräch und ich nehme gleich vorweg, dass ich einen Zweiteiler daraus machen musste. Im ersten Teil geht es also um ihn, seine Anfänge, die Idee und Wissenswertes generell. Im zweiten Teil (am 21. Oktober) werde ich näher auf den Delfinausflug eingehen.

Start in Puerto Base

Puerto Rico ist unbestritten die Hochburg der Schiffsausflüge und des Wassersports und dort legt „The Spirit of the Sea“ täglich mehrmals ab. Im Sommer fahren sie bis zu drei Mal raus, im Winter nur zwei Mal. Das Meer ist an diesem Tag etwas ungestüm und ich hoffe, dass ich meine Seekrankheit unter Kontrolle halten werde. Uns begrüßt Javier Seasa, der trotz seiner hünenhaften Statur sehr sanftmütig und umgänglich ist. Er stammt ursprünglich aus Venezuela, spricht jedoch perfekt deutsch. Er studierte in München und hat es in nur drei Jahren gelernt (Jetzt ziehe ich vor ihm den Hut mit Respekt).

Zwischen Fun und Wissenschaft

Eigentlich entstammt er keiner Seefahrerfamilie, im Gegenteil. Javier stammt aus dem Landesinneren und kann sich erinnern als er als siebenjähriger zum ersten Mal das Meer sah. Er infizierte sich wahrscheinlich damals mit dem Seefahrergen und als er zu etwa dieser Zeit auch noch einen Delfin in der uns allen bekannten Fernsehserie „Flipper“ sah, war es um ihn geschehen. Er verbrachte den Großteil seines Lebens im und unter Wasser und vor vielen Jahren verschlug es ihn nach Gran Canaria. Javier arbeitete jahrzehntelang als Segellehrer für Katamaranen. Bei seinen Ausfahrten sah er draussen auf dem offenen Meer so viele exotische Tiere und wenn er wieder an Land war, versuchte er herauszufinden, um welche Tiere es sich handelte. Es wusste niemand und so begann er zu recherchieren und ist im Laufe der Zeit zu einem wahren Experten geworden. Javier begann auch mit wissenschaftlichen Einrichtungen, wie z. B. der Meeresbiologischen Universität Las Palmas, zusammenzuarbeiten. Manchmal kommen Studenten oder Forscher mit auf Tour. Täglich gibt es einen Bericht an die Universität, indem das Team von Spirit of the Sea ihre Sichtungen mitteilt. Welche Tierarten wurden gesehen und ob ein Baby bzw. Kalb, wie es korrekt heißt, dabei war. 

Rettung inklusive

Wir arbeiten auch eng mit Rettungsstationen, wie z. B. jenem in Tafira zusammen (CRFS1)- Siehe Kasten nächste Seite). Leider kommt es häufig vor, dass wir beispielsweise Meeresschildkröten aus Fangnetzen oder von Plastiktüten und Haken befreien müssen.  Pascual Calabuig, der Leiter dieser Rettungsstation in Tafira, arbeitet auch unermüdlich an der Bewusstseinmachung des Umweltverschmutzungsproblems. Javier nimmt ebenso regelmäßig an Kongressen teil, er lebt seine Leidenschaft in allen Facetten - als Unternehmer, Aktivist und Idealist.

Vom Segellehrer zum Experten

Javier erinnert sich an die Ursprünge und seine Entscheidung Walbeobachtungsfahrten anzubieten zurück: „Die Idee kam mir vor knapp zwanzig Jahren. Das Meer und seine Bewohner übten eine derart große Faszination auf mich aus, dass ich das auch gerne anderen Menschen zeigen wollte. Damals war ich noch als Segellehrer unterwegs und wir sichteten die Tiere nur zufällig, weil wir natürlich viel zu langsam waren. Wenn mich einer der befreundeten Fischerboote oder Ausflugsanbieter anfunkte und ich mich zur gemeldeten Position begab, dann waren die Delfine meistens schon längst weg. Ich brauchte also ein spezielles Schiff und ließ „The Spirit of the Sea“ im Jahr 1999 ganz nach meinen Wünschen in einer Werft in Katalunien bauen. Meine Freunde und Bekannten wollten mir abraten, aber ich glaubte ganz fest daran und zog es durch. Ich habe bei meinen Segeltouren mit Gästen aus aller Welt gesehen, wie sehr sie auch berührt waren. Manche haben sogar angefangen zu weinen, als sie das erste Mal die Delfine in der freien Natur gesehen haben.“ 

Der Erfolg gab Javier recht und nicht zuletzt waren die vielen praktischen und logischen Aspekte beim Bau von „The Spirit of the Sea“ Mitgründe dafür. Er ging geradezu dekadent mit dem Platz um, indem er die Sitze parallel zur Reling platzierte. Die Gäste sollten auf bequeme Weise das Naturschauspiel erleben können. Dazu kommt, dass er die Gänge breit und weitgehend frei hielt, damit die Menschen zur jeweiligen Seite der Sichtung gelangen können, ohne dass Chaos herrscht. 

Ursprung und Wahnsinn im ‚whale watching‘

Das sogenannte Whale-Watching hat seine Anfänge in den 1950er Jahren in Kalifornien, wo im Norden Killerwale gesichtet wurden. Die Fahrten waren noch nicht strukturiert, aber immer mehr Menschen zeigten Interesse und schnell erkannte man diesen interessanten Markt. Javier errinnert sich an eine verrückte Anfangszeit in den Kanarischen Gewässern zurück: „Der vielfach ausgezeichnete Pioneer in der Meeresforschung und Filmemacher Jacques-Yves Cousteau aus Frankreich drehte eine Dokumentation im Gewässer vor Teneriffa, wo Wale gesichtet wurden. Dort lebte ein Verband von um die 600 Wale. Nach der Ausstrahlung überrannten die Touristen förmlich die Insel, um sie zu sehen. Es war verrückt, denn bis zu 52 Boote kämpften förmlich um die Gäste. Bis hierher nach Gran Canaria konnte ich hören, wie sich die Betreiber gegenseitig anschrieen. Aber das war auch gefährlich, für Mensch und Tier. Daher erließ die Kanarenregierung ein Gesetz, dass die Art und Weise der Walbeobachtung strikt und klar regelt. Dieses wurde im Jahr 2000 überarbeitet und spanienweit in Kraft gesetzt.“

Füttern und mit Delfinen schwimmen ist streng verboten!

Bei den Ausfahrten muss einiges berücksichtigt werden. Ein Missverständnis ist, dass wir sie überfahren können, dafür sind die Tiere viel zu schnell. Was schon passieren könnte (allerdings äußerst unwahrscheinlich) ist beispielsweise eine Kollision, wenn sie auftauchen um Luft zu holen. Man muss bedenken, dass sie mitunter tief unter dem Meersspiegel sind und dann plötzlich sehr schnell hochschwimmen. Javier erläutert: Man muss bestimmte Distanzen zu den Tieren einhalten. Auch darf man sie nicht füttern und man sollte unbedingt die Natur respektieren und beachten, dass Delfine wilde Tiere sind. 

Der große Irrtum: Delfine können lächeln

Delfine sind sehr verspielt und jagen Luftbläschen oder ‚reiten‘ quasi auf der Welle der Schiffe. Sie zeigen sich aber nur, wenn Sie es wollen. Auch wenn man sie tatsächlich mal nicht sieht (z. B. zu hoher Wellengang), dann sind sie trotzdem da. Nur die Delfine entscheiden, ob sie sich uns nähern oder nicht. Die Natur bleibt spannend, denn wir wissen nie, welche Tiere wir sichten werden.“ Javier fährt fort: „Viele Menschen glauben, dass sie lachen, das ist aber nicht der Fall sondern einfach ihre Physionomie. 

Die "Garantie einer Sichtung"

Javier und sein Team haben sich bestens auf die Beobachtung der Delfine spezialisiert. Einerseits verfügen sie über das passende Schiff und andererseits über entsprechendes Equipment. Am Oberdeck sucht der Skipper ständig die Meeresoberfläche mit einem Fernglas ab und sie sind laufend im Funkkontakt mit anderen und befreundeten Booten. Sie haben sich ein gutes Netzwerk aufgebaut und so melden ihnen mitunter Hochseefischer, wenn diese Delfine sichten. 

Falls einmal tatsächlich keine Defline ausgemacht werden, dann gibt man dem Gast ein Gratis-Ersatzticket und er kann dann noch einmal mit auf Tour kommen. Sie bieten quasi eine Delfingarantie.    delfine sind 

Plaudertaschen - seine neue Idee "Hydrofon"

Javier gerät ins Schwärmen als er uns von der großen Bandbreite der Geräusche unter Wasser erzählt und dass Delfine wahre Plaudertaschen sind und das bis über Distanzen von 1.000 Kilometer. Sie rufen sich gegenseitig, haben Namen und während der Paarung singen sie stundenlang. Und schon fängt Javier an, verschiedene Laute nachzumachen und es mir zu demonstrieren (jetzt bin ich wieder beeindruckt). Er plant in Zukunft an Bord Leinwände und Lautsprecher zu installieren, dann können die Gäste noch mehr in diese Welt ‚eintauchen‘. 

Delfine nehmen Geräusche über den Unterkiefer und das Mittelohr auf und leiten diese an das Innenohr, wo sich eine Flüssigkeit befindet und sie so Töne bis in den Ultraschallbereich wahrnehmen können. Sie orientieren sich wie bei einer Echoortung und geben Klicklaute, Pfiffe und andere Geräusche von sich. Daher ist Javier gegen die Haltung von Delfinen in Pools. Es ist nicht nur unnatürlich, sie leiden in einem runden Pool, so die Schallwellen reflektiert werden. 

Delfine leben in Sozialverbänden

Delfine leben in Sozialverbänden und sind es gewohnt Distanzen von bis zu 150 Kilometer am Tag zurückzuleben. In Gefangenschaft sterben sie viel zu früh. Sie haben keine Ausweichmöglichkeiten in Delfinarien und oftmals erhalten sie Psychopharmaka, um kein aggressives Verhalten in diesen engen Verhältnissen der Becken zu entwickeln2). Delfine sind Säugetiere und das bedeutet, dass sie regelmäßig auftauchen müssen, um Luft zu holen. Dies tun sie bewusst. Ihr Hirn ist beinahe so groß wie das von Menschen. In der Ruhezeit deaktivieren sie immer nur eine Hälfte. Würde man sie betäuben, dann würden Delfine ersticken.

Woher kommt die Vielfalt in kanarischen Gewässern?

29 der weltweit vorkommenden Walarten sind im Kanarischen Gewässer anzutreffen und es gibt wenige Plätze auf der Welt, wo das so ist. Mehrere Faktoren führen zu diesem Phänomen.

Zum Einen ist es die Form und geologische Beschaffenheit der Insel Gran Canaria. Durch die Passatwinde wird der Norden mit kühler und feuchter Luft versorgt. Gleiches gilt für das Wasser, das im Süden der Insel wieder zusammenläuft und es so zu einer natürlichen Zirkulation kommt. Zum Anderen fällt das Meer in einer relativ kurzen Distanz auf 50, 800 Meter bis in eine Tiefe von mehr als 2.000 Meter ab. Das ist für viele Tiere das natürliche Jagdgebiet. Durch die Meeresströmungen und der Wassertemperatur ist das Meer sehr nährstoffreich. Plankton und andere Lebewesen ziehen weitere Lebenwesen an. Auf jeden Fall scheinen sich Wale hier sehr wohl zu fühlen. Aber nicht nur die, auch Meeresschildkröten, Rochen etc. Die Liste der Arten ist lang. 

Kontakt

SPIRIT OF THE SEA - Delfinbeobachtung
Start: Porto Bay am Hafen in Puerto Rico (Gemeinde Mogán).
Ausfahrt: Mo., Mi. und Fr. um 10.00 und 13.30 Uhr
Di., Do. und Sa. um 10.00, 12.30 und 15.00 Uhr.
Tel.: 928 562 229 (Bürozeiten von 9.30 bis 18.00 Uhr)

• Preis (für alle Fahrten gleicher Preis): 27 Euro Erwachsene, 14 Euro Kinder.
Bei Bedarf Transferservice (hin und zurück für 6 Euro)

• 10% Rabatt bei Buchungen über das Internet:
www.dolphinwhale.es
http://www.dolphinwhale.de

Anm.: Gutschein für einen kostenlosen zweiten Bootstrip, falls tatsächlich keine Delfine gesichtet werden.