Die objektive Darstellung der fassbaren Welt, in der Literatur als Begriff Realismus definiert, hat auch einen spanischsprachigen Vertreter, und zwar einen international höchst renommierten. Die Rede ist von dem aus Las Palmas de Gran Canaria stammenden Benito Pérez Galdós (1843 - 1920).
Mit seinem enormen Schaffen wird er häufig auch mit Charles Dickens verglichen. Seinem Leben und Werken widmet sich sein Geburtshaus in Las Palmas de Gran Canaria: das Casa Museo Pérez Galdós in der Calle Cano. Ebendort wurde der Schriftsteller am 10. Mai 1843 in der Hauptstadt geboren und verbrachte seine Jugend dort.
Mit 19 Jahren verließ er seine Heimat, um in Madrid zu studieren. Paradoxerweise wurde er an der spanischen Akademie abgelehnt, weshalb er mit dem Jurastudium begann. 44 Jahre später wurde er doch noch in die Akademie aufgenommen.
Sein Interesse galt schon immer den Menschen und so flanierte Galdós durch die Straßen und Cafés von Madrid, beobachtete die verschiedenen Persönlichkeiten und tauschte sich aus. Dort lernte er auch den Philosophen Francisco Giner de los Ríos kennen, der ihn zum Schreiben animierte. 1867 begann Galdós seinen ersten Roman, „La Fontana de Oro“, einem Schlüsselwerk des modernen Romans in Spanien. Seine Sicht auf die Welt war offen und analytisch, was vielleicht sicherlich auch durch seine umfassenden Reisen durch Europa forciert wurde und mit seine Beobachtungsgabe und Empathie als wertvolle Inspirationen in seinen Büchern und Novellen Einzug gehalten hat.
Galdós schrieb politische Berichte für Zeitungen und gab erst 1875 seine journalistische Tätigkeit auf, um sich ausschließlich dem Schreiben zu widmen. Sein erzählerisches Talent inszenierte er mit literarischen Techniken auf virtuose Weise. Denken wir beispielsweise an „Schein und Sein“ (OT: La Desheredada), in dem er ein perfektes Abbild der verändernden Gesellschaft beschreibt, vom Verfall des Adels, die Misere der sozialen Unterschicht bis zum Aufstieg des Bürgertums. Die Schilderungen der Milieus traten durch die Betrachtung des Schicksals einer einzigen Person in den Vordergrund.
Sein umfangreichstes, aus 46 Bänden bestehendes, Gesamtwerk „Episodios Nacionales“ blieb unvollendet. Darin setzt er sich nach umfassenden Quellrecherchen mit den historisch bedeutsamen Ereignissen des 19. Jahrhunderts auseinander.
19 seiner Romane und Theaterstücke wurden in der Zeit von 1925 bis 1998 verfilmt, wie z. B. El abuelo, Nazarín, Tristana, Der Zweifel und Doña Perfecta. Mit fortschreitendem Alter verstärkte sich sein tiefer Sinn für Spiritualität, die sich in La loca de la casa, Nazarín und Miseriocordia widerspiegelt. Manche seiner Figuren finden sich in mehreren Werken wieder, wie z. B. Fortunata oder Tristana.
Galdós wurde 1885 Abgeordneter. Seine politische Einstellung: liberal und tolerant. Noch zu gut erinnerte er sich an die Niederschlagung des Studentenaufstands in Madrid, von dem er geschockt war.
Die private Seite ...
Galdós war dem weiblichen Geschlecht sehr zugetan und soll unzählige Affairen gehabt haben, aber auch einige langjährige Beziehungen wie biespielsweise mit Emilia Pardo Bazón oder der Schauspielerin Concha-Ruth. Mit Lorenza Cobián, einer einfachen Frau aus dem Volk, hat er die einzige Tochter María.
Obwohl er 1912 für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen wurde, starb Galdós unter schwierigen ökonomischen und gesundheitlichen Bedingungen vereinsamt in Madrid. Er verlor zehn Jahre vor seinem Tod das Augenlicht und konnte daher nurmehr mithilfe seines Sekretärs seine Romane schreiben lassen. Das führte zwar zu kürzeren, jedoch zu prägnanteren Sätzen und Formulierungen.
100. Todestag
Im Vorjahr zelebrierte Las Palmas de Gran Canaria anlässlich seines 100. Todestags eine Reihe von Veranstaltungen und verlängert nun die Sonderausstellung „La verdad humana“ bis 28. Februar 2021 (siehe Kasten).
Neben dem Casa Museo Pérez Galdós, das dem Ehrenbürger der Stadt gewidmet ist, trägt auch das ehrwürdige Theater an der Stadteinfahrt seinen Namen. Sein Denkmal steht davor.
Sonderausstellung bis 28. Februar 2021
Seine Heimatstadt ist zurecht stolz auf diesen großartigen Schriftsteller und widmete ihm die Sonderausstellung „La Verdad Humana“, die aufgrund des großen Interesses verlängert wurde. Diese ist geführt und bedarf der Terminvereinbarung (Tel.: +34 928 366 976 sowie 928 373 745). Di. - So. von 10.00 bis 12.00 und 15.00 bis 18.00 Uhr. Kostenlos.
Adresse: Casa Museo Pérez Galdós, c/Cano 6, Las Palmas de Gran Canaria
Siehe auch Museen wiedereröffnet
Virtuelle Museumsbesuche auf den Kanaren - TEIKA361º machts möglich