Der Jakobsweg in Nordspanien soll schon seit über 1.000 Jahren Pilger auf den Plan gerufen haben, um auf dem etwa 800 Kilometer langen Weg bis zum Apostelgrab ihrer Jakobsverehrung Tribut zu zollen und gilt heute als der berühmteste Pilgerweg der Welt. Wer hätte gedacht, dass es auch auf den Kanarischen Inseln einen Jakobsweg gibt, wenngleich weder so alt noch so lange. Unser Wanderprofi Sofie Hendrikx führt sie zu Ostern entlang der „Ruta de Santiago“ auf Gran Canaria. Wir übergeben das Wort …
Ruta de Santiago ein (un)vergessener Camino
Der einzige Jakobsweg des Archipels befindet sich auf Gran Canaria - eine Vulkaninsel in Form einer Jakobsmuschel. Zufall oder nicht? Der heilige Jakob, „Santiago de Compostela“ auf Spanisch, ist ein großer Heiliger. Jakobus war der ältere Bruder des Apostels Johannes und bildete zusammen mit ihm und Petrus das privilegierte Trio Jesu.
Nach dem Tod Jesu soll er in der Nähe von Santiago de Compostela in Galizien gepredigt haben. Nach seiner Rückkehr ins Heilige Land war er der erste Apostel, der durch die Enthauptung den Märtyrertod erlitt.
Seine sterblichen Überreste kamen auf dutzenden von Umwegen nach Galizien und es ranken sich mindestens ebenso viele Legenden und Geschichten um ihn. Sein Grab wurde jedoch mit der Zeit vergessen und ob es sich in der Kapelle tatsächlich um seine Gebeine handelt, ist wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen und nach wie vor umstritten.
Santiago de Compostela: Spaniens Schutzpatron
Im achten Jahrhundert regierten die christlichen Westgoten die Iberische Halbinsel. Im Gegensatz dazu wurde auf der Arabischen Halbinsel eine neue Religion angenommen: der Islam. Der Drang der muslimischen Mauren nach Bekehrung und Expansion wanderte über die Straße von Gibraltar und sogar tief nach Frankreich. Im Jahr 719 hörte das westgotische Reich auf zu existieren, es verschwand jedoch nicht vollständig. Einem mythischen westgotischen Adligen namens Don Pelayo gelang es, den Vormarsch der vorrückenden Muslime zu stoppen und eine christliche Enklave in Nordspanien zu schaffen. Das Königreich Asturien wurde geboren und die „Reconquista Hispania” wurde eingesetzt.
Don Pelayo erwies sich jedoch als ebenso gierig wie seine maurischen Feinde und erweiterte sein Territorium auf Galizien. Sein Drang zur Eroberung wurde mit der Entdeckung des Grabes des Apostels Jakobus im Jahr 813 legitimiert. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in ganz Europa. Die Christen im muslimischen Teil fühlten sich in ihrem Glauben gestärkt und beschlossen Waffen zu ergreifen. So wurde dem Apostel eine Rolle auf der politischen Bühne zugewiesen, nämlich die von Jakob dem ‚Maurentöter‘ oder Santiago ‚matamoros‘.
2021: Das heilige Compostelanische Jahr
In den ersten Jahrhunderten nach der spanischen Eroberung trugen Schiffe, die den Kanarischen Archipel anliefen, ausnahmslos Statuen von Heiligen. Diese sollten die örtlichen Kirchen mit ‚Bildmaterial‘ versorgen, um die Missionierung hin zum katholischen Glauben zu vertiefen. Zudem sollten diese „santos“ die Passagiere vor jeder Gefahr schützen.
Im 16. Jahrhundert geriet ein Schiff aus Galizien mit Santiago de Compostela als Beschützer an Bord in Bedrängnis, als plötzlich ein heftiger Sturm ausbrach. Die Seeleute machten Santiago ein Versprechen, wenn er sie sicher an die Küste bringen würde, würden sie eine Kapelle zu Ehren von Santiago bauen.
So geschah es und die Galizier legten sicher in Arguineguín an, einer Bucht an der Südwestküste Gran Canarias an. Mit der Statue auf dem Rücken machten sie sich auf den Weg zu einem Ort, der heute als „Lomo de Santiago“ bekannt ist. Dort bauten sie 1589 -mitten im Kiefernwald- die Kapelle für Santiago. Santiago erfreute sich enormer Beliebtheit und wurde mit Geschenken und Spenden überschüttet. Die Kapelle im Wald wurde jedoch manchmal geplündert.
Im Jahre 1850 wurde beschlossen, Santiago El Chico in die Kirche der Hauptstadt Tunte zu verlegen. Während auf dem spanischen Festland viele Pilger ihren Camino am Leuchtturm in Finisterre beenden, beginnen die hiesigen Pilger „el Camino entre volcanes” am einen der größten Symbole Gran Canarias: El Faro de Maspalomas.
2021 gilt als das Heilige Compostelanische Jahr in Compostela, weil der Tag des Apostels Jakobus auf seinen Ehrentag, dem 25. Juli und dazu noch auf einen Sonntag fällt. Das Besonde
re ist, dass nun vollkommener Ablass gewährt werden soll. Und auch Gran Canaria bereitet sich vor! Die Kanarische Regierung hat ein Budget von 200.000 EUR für die Beschilderung des Jakobswegs, bewilligt.
Auf Gran Canaria ist der Pilger im Moment noch immer auf sich alleine gestellt, wenn er den Weg zwischen Tunte und Gáldar gehen möchte. Beide Dörfer schwärmen von ihrem Schutzpatron Santiago und natürlich befindet sich in beiden Kirchen eine Heiligenfigur ihres padrón Santiago.
„El camino entre volcanes” ist der schwerste aller existierenden Jakobswege. Die gnadenlose Sonne, der steinige vulkanische Boden und die senkrechten Berghänge lassen den Pilger ‚Staub und Steine fressen‘. Aber, jede Etappe ist eine Conquista, also Eroberung, die es wert ist. Jeder Blick in jede Himmelsrichtung verwöhnt ihr Auge mit beispielloser Schönheit und schmeichelt ihrer Seele. Offiziell beginnt der Jakobsweg in Tunte und führt nach Gáldar. Viele Pilger beginnen aber schon an der Südküste. Dieser spektakuläre Camino ist jedoch kaum bekannt. Die Beschilderung glänzt durch Abwesenheit. Nur an den wichtigsten Wanderkreuzungen sieht man Schilder. Das soll sich aber bald ändern!
Sofie Hendrikx
Wir wandern zu Ostern in kleinen Gruppen den kompletten Jakobsweg in mehreren Etappen, vom Leuchtturm Maspalomas bis Gáldar. Die Routen können auch einzeln gebucht werden. Hier gehts zur Etappenbeschreibung und zu den Kontaktinformationen, Preisen. Jakobsweg von Gran Canaria: Die Etappen des (un)vergessenen Caminos 2021