Ausgabe Nr.
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J M upload 01.09.2018, Viva Edition 137 | Print article

Auf Schatzsuche mit Wanderprofi Sofie Hendrikx

Seit fünf Jahren versuche ich von Gran Canaria eine Schatzkarte zu erstellen, wobei jedes versteckte und wenig bekannte Naturparadies einer dieser Schätze ist. Genau wie beim „Geo caching” sind die meisten davon nur zu Fuss zu erreichen, über alte Wanderwege, durch Wasserkanäle oder kletternd. Und genauso wie bei einer Schatzsuche ist der Anfang noch einfach und wird sukzessive anspruchsvoller.

Die erste Station auf meiner Schatzkarte ist der Stausee von La Gambuesa: Es ist wie ein Mosaik aus Palmenhainen, Obstplantagen, uralten kanarischen Häusern und rotbraun gefärbten, dramatischen Steilhängen. Unglaublich, dass nur 15 Kilometer von den touristischen Zielgebieten eine komplett andere Welt beginnt! Man kann dieses El Dorado über das Dorf Ayagaures erreichen oder über die Schotterpiste, die von Arteara hier herführt. Wir, Abenteurer, bevorzugten den romantischen ‚camino real‘ (Königsweg) von Tunte aus durch den Naturpark von Pilancones bis zum malerischen Stausee La Gambuesa. Dieser Park ist touristisch noch unentdeckt, aber Pilancones verführt! Die Organisation von dem Trans Gran Canaria, Arista Events, hat diese Strecke für sich entdeckt und ihr Rennen verläuft durch diese schöne Bergwelt. Sie folgen dabei dem gleichen alten Wanderweg wie wir. Er wird auch Teufelsweg und Totenweg genannt, weil einst die Verstorbenen von Maspalomas über diesen Weg zum Friedhof nach Tunte getragen wurden. Trotz dieses vielleicht makaber anmutenden Namens haben wir uns noch nie so lebendig gefühlt wie an unserem Ausflugstag.

Nach den starken Regenfällen Anfang März dieses Jahres sind die sieben großen Stauseen endlich wieder voll. Die ganze Insel ist jetzt mit einer grünen Decke versehen und mit dem Frühlingsbeginn blühen viele Pflanzen in leuchtenden Farben. Zudem gibt es nun vielerorts kleine Wasserfälle oder Tümpel (‚Pilancones‘ bedeutet übrigens Tümpel).

Die erste Strecke führt durch den ausgedehnten Kiefernwald, der sich nach dem großen Brand im Jahr 2007 zwar noch nicht vollständig rekuperiert hat, aber durch den großen Überlebensdrang der Pflanzen überall junge frische Äste auf den Kiefernbäumen sprießen lässt.

Zwei Kilometer vor La Gambuesa öffnet sich das Tal wie eine Oase in einem arabischen Märchen. Fast wie ein roter Teppich führt im ersten Teilstück ein gepflasterter Weg vorbei an den Kiefern, die Spalier zu stehen scheinen und uns als tapfere Helden willkommen heißen. Von Weitem sehen wir schon den Palmenhain mit seinen mächtigen endemischen „Phoenix canariensis“. Wir sehen sie sogar doppelt, den den Stausee wirkt wie ein riesiger Spiegel. Mit seiner Kapazität von 1.4 Millionen m3 Fassungsvermögen und 42 Meter hohen Mauern, gilt er übrigens als sogenannter großer Stausee. Er liegt 330 Meter über dem Meeresspiegel und wurde 1971 vom Architekten Adolfo Cañas Barrera erbaut und 1979 fertiggestellt. Diese „Presa“ ist, wie die meisten anderen auf Gran Canaria, im Eigentum der Inselregierung.

Blau, grün, gelb, ocker, orange, braun bis hin zu rot – die Maler-Palette der Landschaft schöpft aus ihrer Vielfalt. Wir sind hier im geologischen älteren Teil der Insel und die rotbräunlichen Felsen bestehen aus Rhyolith. Auf Gran Canaria ist dieses Gestein ziemlich selten. Es kommt dort vor, wo hochviskoses Magma trotz der Zähflüssigkeit die Erdoberfläche erreichte und sehr schnell abkühlte. Sobald ein Lichtschimmer den Rhyolith beleuchtet, taucht das Gestein in eine leuchtend helle Farbe. Manchmal geschieht dies so intensiv, dass es aussieht, als ob der Fels Licht ausstrahlen würde. Durch die Reflexion des Wassers im Stausee leuchtet auch das Dorf in bunten Farben und man meint eine Fata Morgana zu sehen.

„La Gambuesa” ist ein Wort aus dem Altkanarischen und stammt aus der Sprache der Urbevölkerung von Fuerteventura. Es umschrieb eine Stelle, wo man das Vieh sammelte, aussuchte und markierte. Der Weiler hat offiziell einen anderen Namen und zwar „Ayagaures de Arriba”, weil er sich oberhalb vom Dorf Ayagaures befindet. Die Häuser stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Wir fragten einen Einwohner, der in seinem Garten arbeitete, ob er sein Hause verkaufen wolle und er nannte uns seinen Preis in der Höhe von 800.000 Euro. Ein Paradies kann sich scheinbar ‚Otto-Normalbürger‘ nicht leisten!

Diese Wanderung empfehlen wir in der Wintersaison, beziehungsweise in der Zeit zwischen Oktober und Mai. Danach ist es dort so heiss wie in einem Staubsaugerbeutel und zudem verwandelt sich die Landschaft in eine verdorrte Gegend. 

Am Dienstag, dem 17. April 2018 biete ich mit Mogán Verde diese Rundwanderung an (siehe Kasten unten). Ich freue mich auf Sie, Ihre Sofie Hendrikx

Fotos

01: Stausee La Gambuesa und das Dorf Ayagaures de Arriba
02: Blick auf beide Stauseen (Ayagaures und La Gambuesa) vom letzten Stück des „Totenweges“.
03: Barranco de Vicentes
04: Überlauf des Stausees La Gambuesa in den Presa de Ayagaures
05: Nebenschlucht parallel des Barranco de Ayagaures.
06: Presa la Gambuesa in der Abendsonne, Foto: Orlando Torres Sánchez (AIDER Gran Canaria) 

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