Wer auf den Kanaren in einem Angestelltenverhältnis ist, kennt die Odyssee, wenn es um Krankmeldungen (Baja Médica) und Gesundschreibungen (Alta Médica) geht. Auf den Kanarischen Inseln sind die administrativen Stolpersteine, je nach Gemeinde, unterschiedlich. Schon seit Beginn der Corona-Pandemie gab es Bestrebungen, diese Prozesse zu vereinfachen, um das Gesundheitssystem zu entlasten. Nun gibt es Licht am Horizont ...
Belastende Situation für Kranke
Betroffenen im Krankenstand sollen bürokratische Hürden genommen werden, indem sie sich künftig nicht mehr selbst um die termingemässe und physische Weiterleitung der Krank- und Gesundschreibungen an ihre Arbeitgeber kümmern müssen. Im neuen Gesetz Real Decreto 1060/2022 vom 27. Dezember wird explizit darauf hingewiesen, dass ArbeitnehmerInnen von „bürokratischen Verpflichtungen enthoben werden sollen, gerade deshalb, weil die Situation bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit“ belastend sein könnte.
Dies sei eine Reaktion auf „verschiedene Zwischenfälle, welche die Grenzen des Systems aufgezeigt“ hätten.
Bisher waren ArbeitnehmerInnen verpflichtet dem Arbeitsgeber ...
a) innerhalb von 3 Kalendertagen die Krankschreibung vorzulegen.
b) die Gesundschreibung innerhalb von 24 Stunden nach Ausstellung beim Arbeitgeber abzugeben.
c) die Arbeit am Tag nach dem Datum der Gesundschreibung wieder aufzunehmen.
Gesundgeschrieben und als Betroffene nicht bemerkt?
Da es auf den Kanaren nicht Usus ist/war, Arbeitnehmer im ersten Schritt für mehr als 3 Tage krankzuschreiben, musste der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb von 24 Stunden eine Kopie der erstmaligen Krankmeldung vorlegen. War der Arzt der Ansicht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsfähigkeit noch nicht wiedererlangt hat, musste der Arbeitnehmer die 2. Krankschreibung dem Unternehmen innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Ausstellung zusammen mit der 1. Krankmeldung vorlegen. Das mag praktikabel erscheinen, aber die Realität im telematischen Zeitalter sah anders aus. Krank- und Gesundheitsbescheinigungen gingen oftmals am Arbeitnehmer unbemerkt vorbei, z. B. durch technisches Versagen oder verspätete Mail-Zustellungen durch das Gesundheitsamt an den Arbeitnehmer.
Ein Fall aus der Praxis: Es konnte vorkommen, dass ein Arbeitnehmer „auf Kohlen saß“, wann und ob er schriftlich und offiziell seine Krank- oder Gesundschreibung erhalten würde - trotz verbaler Bestätigung seines zugeteilten Hausarztes (Médico de Cabecera). Wenn dann noch ein Wochenende oder Feiertag dazwischen lag, kann man sich die Unsicherheit eines kranken bzw. gerade genesenen, um seinen Arbeitsplatz besorgten und pflichtbewussten Mitarbeiters vorstellen ... Im Falle zu spät übermittelter Bestätigungen vonseiten des Gesundheitsamtes (Centro de Salud), weil der Arbeitgeber - arbeitsrechtlich vollkommen korrekt - auf physischen Dokumenten bestand, trug letztendlich der unschuldige Arbeitnehmer das Risiko.
Das Dilemma einer verspäteten Mitteilung, die nicht fristgerecht an den Arbeitgeber weitergeleitet werden konnte, ging zu Lasten des Arbeiters in Form von unentschuldigten Arbeitstagen, was dann in unbezahlten Urlaubstagen, Nacharbeiten oder gar - im Falle verständnisloser Chefs - in einer Menge Schwierigkeiten mündete.
Neues Gesetz zur automatischen Abwicklung
Mit Gesetz Real Decreto 1060/2022 vom 27. Dezember (BOE-A-2023-160) hat die spanische Regierung verfügt, dass derartige Irrungen und Wirrungen vermieden werdern sollen: Krank- und Gesundschreibungen sollen zügig automatisch erfolgen, indem das Gesundheitszentrum diese Dokumente direkt an die Unternehmen und parallel an den Arbeitnehmer elektronisch übermittelt. Davon profitieren Arbeitnehmer im Krankenstand mit einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit unter 365 Tage. Das neue Gesetz ist derzeit eine Empfehlung, tritt aber am 1. April 2023 bindend in Kraft, da der spanische Staat den Gesundheitszentren Gelegenheit und Zeit geben möchte zu seiner praktischen Umsetzung. Eva Dienesen
