Olivenöl ist ‚hipp’ wie nie. Eine weltweit steigende Nachfrage bestätigt auch die Organisation FAO der Vereinten Nationen. Dabei nimmt Spanien eine bedeutende Rolle ein, denn es ist weltweit die Nummer eins im Olivenanbau. Fast 39 Prozent der Weltproduktion stammt von hier. In Spanien heißt die Olive „Aceituna“, das sich vermutlich aus dem arabischen „Al-Zaytun“ ableitet. Aufgrund der fast 800 Jahre andauernden Präsenz der Araber auf der Iberischen Halbinsel erscheint dies durchaus plausibel.
Jahrtausendealte Mythen rund um die Oliven
Die Kultivierung des Olivenbaums als Nutzpflanze geht auf das 6. Jahrtausend v. Chr. zurück und viele Mythen ranken sich um ihn. Der Olivenbaum gilt als das Zeichen des Friedens, denken wir an den Ölzweig der Arche Noah. Die Karriere des ‚Ölbaums‘ startete also bei den Ägyptern, Griechen und Römern. Olympioniken hielten gemäß dem Dichter Homer vor den Wettkämpfen eine spezielle Olivenöldiät. Göttin Athene soll ihre Lanze in die Erde gestoßen haben, woraus ein Olivenbaum wuchs und dem Volk Nahrung, Olivenöl und Holz schenkte und so wurde sie zur Namenspatronin von Athen.
Olivenöl diente natürlich nicht nur als Opfergabe, Brennöl oder zum Salben, sondern eben auch dem kulinarischen Genuss. Es wurde aufgrund seines Geschmacks sowie seiner gesundheitsfördernden Wirkung gleichermaßen geschätzt. Olivenöl kam auch zur Pflege von Haut und Haar zum Einsatz. Sogar heute findet man viele Kosmetika, die auf Olivenöl basieren.
Qualitätsanspruch
Inzwischen ist ein weiterer Trend zu beobachten: Der Qualitätsanspruch hinsichtlich der sensorischen Eigenschaften. In Zürich steigt jährlich ein internationaler Olivenölwettbewerb (International Olive Oile Award), wo Olivensomeliers sich in ihren Formulierungen überbieten. Das ist aufgrund der Geschmacksvielfalt auch notwendig. Bewertet werden neben der Reinheit, der Farbe und Konsistenz vor allem der Geschmack, sei es nach geschnittenem Gras, grüner Tomate oder getrockneten Mandelkerne. Spanien mischt auch hier mit. Zwei der fünf höchsten Auszeichnungen dieses Wettbewerbs (Goldene Olive) gingen an die Iberische Halbinsel.
Kanarische Inseln: Handarbeit vs. Massenproduktion
82 Prozent des Olivenanbaus Spaniens erfolgt in der Region Andalusien. Die Produktionsmenge auf den Kanarischen Inseln ist wenig signifikant. Aufgrund der ‚Größe‘ sowie der demografischen Gegebenheiten des Archipels ist eine Massenproduktion nicht möglich.
Ergo: Klein, aber fein, setzt man auf Qualität. Das Kanarische Institut für Qualität von Agrarprodukten (Instituto Canario de Calidad Agroalimentaria, im folgenden ICCA bezeichnet) setzt seit Jahren Maßnahmen für die Sicherstellung und Maximierung der Qualität. Darunter zählen, neben Schulungen, Kontrollen etc., auch die Veranstaltung von Wettbewerben. Diese soll qualitätsbewusste Landwirte anspornen noch besser zu werden. In diesem Sinn veranstaltete die ICCA im April 2016 den ersten Wettbewerb für das beste Olivenöl, an dem 13 Olivenbauern des Archipels teilnahmen (9 aus Gran Canaria, 3 aus Fuerteventura und 1 aus Teneriffa). Elf Koster bewerteten die Einreichungen ohne die Namen der Produzenten zu kennen. Das dient der unbeeinflussten Bewertung.
Oro Canario: Bestes Olivenöl der Kanaren
Mit der Goldmedaille in der Kategorie „Bestes Olivenöl Virgen extra de Canarias“ wurde aufgrund der Qualität und der sensorischen Eigenschaften das Öl des Familienbetriebs „Oro Canario“ von Rita Hernández (siehe Foto o.) aus der Gemeinde Agüimes ausgezeichnet. Zudem gewann sie Gold für die beste Präsentation, für die ihr Sohn Manuel Guedes Hernández verantwortlich war. Die Verkoster beschrieben es folgendermaßen: „Eine intensive Farbgebung mit charaktervollem Aroma aus grünen Mandeln, grünen Tomaten, Bananen und Kiwi mit einer ungewöhnlichen Balance zwischen bitter und pikant. (Anm.: Wir würden einfach nur köstlich intensiv im Geschmack sagen).
Besuch der Olivenfinca Oro de Canarias
Aus diesem Grund besuchen wir die Olivenfinca in Lomo de la Cruz. Jetzt in den regenreichen Monaten tragen die ansonsten kargen Böden und Bergrücken sozusagen einen ‚grünen Flaum‘. Das Dorf ist so klein und hat keine nennenswerten touristischen Sehenswürdigkeiten, das wir glatt durchgefahren sind und nach einem rettenden und klärenden Anruf wendeten. An der Kurve gegenüber dem Campingplatz, der vornehmlich von einheimischen Gästen frequentiert wird, geht eine Schotterstraße ab (die ich beim ersten hinsehen gar nicht als Straße wahrgenommen habe).
Jetzt sende ich ein Stoßgebet gen Himmel und bin dankbar über meine Entscheidung mir einen SUV zu kaufen. Mein Glücksgefühl hält sich in Grenzen, denn ich möchte natürlich nicht, das diese jungfräulich intakte Karosse es auch bleibt. Es sollte aber nur eine Strecke von etwa zweihundert Metern sein. Am Eingang wartet Rita schon auf uns, eine mondäne Bäuerin, ganz anders als ich sie mir vorgestellt habe. Sie trägt zwar Gummistiefel, aber der Rest ist klassisch-elegant kombiniert, eine Dame. Nach der - für die Kanaren so typischen - herzlichen Begrüßung geht es auf das zwei Hektar große Areal, auf dem sich die Olivenbäume aneinander reihen und von der rötlich-braunen Erde farblich hübsch abgrenzen. Mein Hund Juan ist im Glück. Und schon schiesst er los in Richtung Bäume auf Erkundungstour. Ich widme meine Aufmerksamkeit Rita. Sie hat sich mit ihrem Mann Manuel Guedes Jimenéz vor fünf Jahren diesen Traum erfüllt. (Hier kommt die zweite Überraschung. Kein traditionsreicher Betrieb hat also den Wettbewerb gewonnen, sondern ein Quereinsteiger). Sie strahlt eine stoische Ruhe aus während ihre wachen Augen funkeln und meint: „Ich habe die Natur schon immer geliebt“, sie breitet ihre Arme in Richtung der vielen Olivenbäume aus, deren herrliche Kulisse den Blick bis zum Meer freigibt und fährt fort: „Wer Depressionen hat, der verliert sie hier.“
100% ökologisches Olivenöl: einzigartig auf Gran Canaria
Rita erläutert: „Unser Olivenöl ist zu hundert Prozent ökologisch, das erste auf Gran Canaria. Wir werden regelmäßig kontrolliert. Die Behörden (Vertreter des Gesundheitsministeriums) nehmen Proben vom Boden, Wasser, der Erde und natürlich der Bäume. Es kommen keinerlei Pestizide oder Ähnliches zum Einsatz. Darüber hinaus wird alles verwertet und in den natürlichen Kreislauf rückgeführt, wie z. B. Äste, die wir zum Kompostieren verwenden.“
Die Bäume blühen von Februar bis März. Die Ernte beginnt im September. Die Olivenhochburgen auf Gran Canaria sind die Gebiete der Gemeinden San Bartolomé de Tirajana, Santa Lucía, Agüimes und kleinere Flächen in Telde und Ingenio. Wir bauen nur die Sorten Arbequina aus Andalusien sowie kanarische „Aceituna del país“ an (siehe Kasten auf Seite 5).
Geerntet wird von Hand
Im Grunde genommen hat sich die Produktion über die Jahrhunderte nicht viel verändert. Die Oliven werden vor der Vollreife geerntet, da sie sonst mehr Wasseranteile haben. In den großen Hochburgen der Olivenproduktion im Festland Spanien werden dazu auf den riesigen Plantagen Rüttelmaschinen eingesetzt. Dadurch fallen die Oliven herunter und werden bequem in Körbe oder Säcke gefüllt. Häufig werden unter die Bäume Netze gespannt und in einem Arbeitsgang die Olivenbäume beschnitten. Dadurch kann bei der Ernte einiges an Zeit gespart werden und keine Frucht geht verloren. Einen Haken gibt es jedoch bei dieser Methode. Sie ist nur bei (über)reifen Früchten möglich, was sich negativ auf die Qualität auswirkt. Der richtige Zeitpunkt der Ernte ist also maßgeblich für die hohe Qualität des Ölivenöls und Rita erklärt weiter: „Bei uns erfolgt alles von Hand, Olive um Olive, wie schon seit Jahrhunderten. Sie müssen noch grün sein. Das ist sehr zeit- und personalintensiv, was sich im Preis niederschlägt. Eine Flasche á 250 ml kostet bei uns 10 Euro, wir benötigen aber etwa 10 Kilogramm Oliven für einen Liter Öl. Wir machen alles selbst. Die Erntekörbe werden direkt zum Mahlen bzw. Pressen gebracht und sofort weiterverarbeitet, aussortiert, gewaschen etc.
Wir können nur 200 Kilogramm pro Stunde pressen. Das heißt, dass die Maschinen durchlaufen und unter Umständen machen die Erntearbeiter Pause. Denn wenn man die Oliven über Nacht stehen lässt, verlieren sie an Aroma und Qualität. Wir haben alle notwendigen Geräte gekauft, eine ziemlich kostenintensive Investition. Nach dem Motto: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, will Rita die Zügel selbst in der Hand halten. Sie will wissen, welche Oliven in welchem Zustand verarbeitet werden (Anm.: Das hat sich ausgezahlt, bedenkt man die Auszeichnung).
Gut durchdacht ...
Nach dem Filtern erhält das Olivenöl seinen einzigartigen schönen Glanz und die klare goldgelbe Farbe. Nun wird es in dunkle Glasflaschen abgefüllt, zum Schutz vor der Sonne, die ansonsten die wertvollen Inhaltsstoffe bzw. Vitamine zerstören würde. Olivenöle sind zudem aufgrund ihrer natürlichen Alterung für eine mehrjährige Lagerung ungeeignet. Aus diesem Grund verkauft „Oro Canario“ das Öl lediglich in Flaschen von 250 ml.
Was macht „Extra“ für einen Unterschied?
Kaltgepresst ist uns ein Begriff. Das bedeutet, dass das Öl aus den Oliven ohne Wärmeeinwirkung (ca. bei 27 Grad Celsius) mittels mechanischen Verfahren gewonnen wird. Bei manchen nativen Olivenölen finden wir zusätzlich den Vermerk „Extra“ im Namen. Dies bedeutet, dass der Säuregehalt unter 0,8 Prozent liegt, während er der Wert sonst bei unter 2 Prozent akzeptiert wird. Zudem werden leichte Fehler toleriert während beim Olivenöl „Extra“ keinerlei sensorische Fehler vorhanden sein dürfen. Letztendlich ist der Geschmack entscheidend!
Güteklasse „Aceite de Olive Virgen extra“
Diese Güteklasse wird u. a. von der Olivensorte, der Reife, der Reinheit, dem Wassergehalt bestimmt und natürlich vom Ernte- und Verarbeitungsprozess bis zum endgültigen Produkt.
Natives Olivenöl extra entspricht der Güteklasse I. gemäß EU Verordnung ist der Hinweis vorgeschrieben, dass das Öl direkt aus Oliven mit ausschließlich mechanischen Verfahren gewonnen wurde sowie ein zwingender Ursprungshinweis auf dem Etikett angegeben ist. In Spanisch würde diese Aufschrift lauten: Aceite de Oliva Virgen Extra. Aceite de categoría superior obtenido directamente de aceituna y solo mediante procedimientos mecánicos.
Konsumenten werden durch mangelhafte Angaben auf dem Etikett hinsichtlich Qualität und Herkunft oftmals in die Irre geführt. Denken Sie beim Kauf mit. Ein natives Öl hat seinen Preis und wenn ein Olivenöl zu billig ist, dann kann es gar nicht hochwertig oder von Hand produziert worden sein.
Die Etikettierung von „Oro Canario“ ist vorbildlich und schön. Das sogenannte „Corporate Design“ gestaltete ihr 34-jähriger Sohn und es wurde ebenfalls prämiert. Gerne zahle ich die 10 Euro an diesem Tag, denn gerade kleine Betriebe, die so hart arbeiten, muss man unterstützen.
Kontakt
FINCA ORO CANARIO
Lomo de la Cruz, 35118 Agüimes
Olivenfinca mit Ab Hof Verkauf (nach Terminvereinbarung, Tel.: 669 346 219), Kosten: 10 Euro für 250 ml. (Reg. Nr. Reg. M2980251, R.O.P.E. 2689E, ES ECO 014 IC)
Anm.: Erstes und bisher einziges 100%-ig ökologisches Olivenöl, kaltgepresst, Güteklasse I.
Dieses Olivenöl ist auch in folgenden Geschäften erhältlich.
- Las Palmas, Artesanía La Molina in der c/Triana 58
- Arguineguín: Herbolario Aguamar, c/Tomas Morales 6.