Ausgabe Nr.
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J M upload 08.04.2022, Viva Edition 146 | Print article

Der Heimkehrer: Zahnarzt Dr. Pablo Herrero

Ein Zahnarztbesuch lässt bei den meisten von uns nicht unbedingt eine enorme Vorfreude aufkommen, wenngleich es eine Notwendigkeit ist, die die Lebensqualität enorm beeinflusst. Optisch schöne Zähne wirken sympathisch, ein Überbleibsel aus der Evolution. Der Spruch „ein entwaffnendes Lächeln“ nimmt indirekt Bezug darauf. Obwohl es sich bei uns Menschen aus Angstsituationen entwickelte[1], ist es zu einem Signal der Deeskalation und für friedliche Absichten geworden und hat sich so in unserer Gesellschaft manifestiert.

Aber haben Sie sich schon einmal während eines Zahnarztbesuches gefragt, wer hinter dieser Mundmaske sitzt? In Playa del Inglés besuchte ich die mir persönlich bekannte Praxis Blue Dental Clinic, die Jochen Neidlinger vor elf Jahren eröffnete.  Er hat sein Outfit gegen ein Radfahrerdress getauscht, samt Helm und Fahrrad! Jawohl, er fährt nämlich jeden Tag mit dem Rad in die Praxis und nach Hause und sagt mir auf meinen ungläubigen Blick: „Ja, wir sind in einem Alter, in dem man sich bewegen muss!“

Ich merke am Umgangston, dass die beiden miteinander gut können. Er verabschiedet sich und ich plaudere mit Herrero weiter. Kurz nach meinem Besuch nahm sich Herr Neidlinger eine Auszeit. 

Neu im Team: Pablo Herrero

Herr Neidlinger hatte schon länger einen Kollegen gesucht, damit seine Praxis weiterlaufen kann. Da geht es einerseits um die fachliche Qualifikation aber andererseits, muss es auch die richtige Person sein. Gerade in einem kleinen Team kann man sich nicht hinter der Anonymität eines großen Apparats verstecken. Schließlich geht es auch um die Reputation, die man sich im Laufe der Jahre hart erarbeitet hat. In dem Deutschen Pablo Herrero scheint er den idealen Partner gefunden zu haben. Dieser wuchs auf Gran Canaria auf, ging aber vor 13 Jahren nach München, um zu studieren und ist jetzt quasi ein ‚Rückkehrer“.

Der heute 32-jährige verstärkt das Team von Blue Dental Clinic und erzählt mir: „Wir haben uns zur richtigen Zeit gefunden. Wenn man eine Praxis alleine führt, dann hat man praktisch gar keine Freizeit mehr. Man möchte seine Patienten gut versorgen und nicht im Stich lassen, schon gar nicht im Notfall.“ Das leuchtet ein, zumal arge Schmerzen sich bekanntlich nicht an Öffnungszeiten halten. Pablo fährt fort: „Man hat also nur eine Möglichkeit in Urlaub zu gehen, indem man die Praxis in dieser Zeit schließt und das birgt aber auch das Risiko, dass die Patienten nicht optimal versorgt sind.“

Als junger qualifizierter Mensch sind die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten auf dem Festland besser und meist zieht es sie daher von den Kanarischen Inseln ins Ausland. 

Hier ist es genau umgekehrt, wieso eigentlich?

„Hier spürt man das andere Lebensgefühl und die Freundlichkeit der Leute zieht sich in allen Lebensbereichen durch. Wenn ich in einem Supermarkt einen Verkäufer um Hilfe bitte, dann kommen sie sofort und helfen ‚mi niño‘. Aber die generelle Heiterkeit und Freundlichkeit zieht sich durch alle Lebensbereiche. Dazu kommt, dass durch das wunderbare Klima die Freizeitgestaltung vergleichsweise enorm viele Möglichkeiten bietet. Man sieht den blauen Himmel jeden Tag und nicht nur im TV. Automatisch wird man agiler und lebt viel mehr draussen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum die Menschen hier viel spontaner sind. Man klingelt schon mal einfach durch und trifft sich ohne die Termine von langer Hand vereinbart zu haben.

Orientierungsphase ...

Herrero fährt fort: „Ich habe in München Zahnmedizin studiert und anschließend das Curriculum der Implantologie in Berlin[2] absolviert. Nach dem Studium ist man zwar fachlich gut, muss sich praktisch alles andere hinsichtlich des Führens einer Praxis selbst aneignen. Die unternehmerische Komponente ist kompliziert und da muss man sich erst mal orientieren (Abrechnungen, Buchhaltung, Personalangelegenheiten etc.).

Als ‚Neuling‘ in einer Praxis muss man sich ebenfalls neu orientieren. Wie ist das Konzept der Praxis, die Abläufe und das Team? Was mir hier auf Anhieb sehr gut gefallen hat ist, dass es ungemein kollegial ist und keine strengen Hierarchien bestehen. Das Klima ist sehr freundlich und teamorientiert. Es macht alleine schon der Weg in die Praxis Spaß. Das habe ich in Deutschland vermisst. Und obwohl die Menschen in München in Wohlstand leben und es ihnen eigentlich an nichts mangelt, sind sie mitunter sehr frustriert, unzufrieden oder verschlossen. Sie eilen gestresst ihrem Alltagstrott hinterher.“

Seine Sprachkenntnisse bereichern sicherlich den Betrieb, denn Herrero spricht fließend deutsch, spanisch,  englisch, portugiesisch und italienisch. Bei meinem zweiten Besuch war Herrero schon ‚voll angekommen und happy hier zu arbeiten‘, wie er sagte.

Wir folgen ihm in eines der Behandlungszimmer, mit Blick auf Palmen und Herrero fährt fort: „Hier ist das Arbeiten anders. In Deutschland zahlen die gesetzlichen Kassen bestimmte Untersuchungen zwei Mal im Jahr und so baut man sich schon dadurch allmählich einen Patientenstamm auf. Hier muss man mit Kompetenz und Service überzeugen, wie uns Herrero erläutert: „Die Materialien und Medizinprodukte, die wir verwenden, sind auch bei lokalen Dentaldepots erhältlich. Der Markt unterscheidet sich diesbezüglich nicht mehr so, wie es früher war. Die Frage ist, ob man billige oder teure Produkte verwendet. Wir versuchen in der Klinik den höchstmöglichen Standard wie in Deutschland, den Niederlanden und in Skandinavien zu bieten. Zu unseren Patienten zählen auch viele Deutsche, denn die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen Behandlungen im EU-Ausland und erteilen dieselben geregelten Festzuschüsse für Zahnersatz bei regelrechter Beantragung. Hierbei hilft Blue Dental Clinic ihren Patienten gerne weiter und kommuniziert bei Notwendigkeit mit den Krankenkassen.

Ästhetische Zahnheilkunde gewinnt an Bedeutung

Herreo führt weiter aus: „Der Trend heutzutage geht immer mehr in Richtung ästhetische Zahheilkunde. Wir gedenken in Zukunft auch Bleaching anzubieten, allerdings auf schonende Weise ohne dass der Zahnschmelz angegriffen wird. Es gibt grundsätzlich zwei Varianten: Das Office Bleaching. Dabei wird dem Patienten ein Zahnfleischschutz angelegt und die Zahnverfärbungen werden mit einem hochprozentigen Bleichmittel aufgehellt. Das ist allerdings eine überaus aggressive Methode, mitunter auch schmerzhaft. Die andere Variante ist das Home Bleaching, bei der individuelle Zahnschienen  des Patienten angefertigt werden. Danach werden sie genau geschult, wie sie das Bleaching Zuhause durchführen  sollen.“

Implantologie im ständigen Wandel

In den letzten Jahren hat sich im Bereich der Implantologie unheimlich viel getan, wie ich von Herrero erfahre: „Es wird sehr viel geforscht und entwickelt. Heutzutage versucht man einen chirurgischen Eingriff so gering wie möglich zu halten. Früher war ein Implantat mit einem größeren chirurgischen Eingriff verbunden. Zudem legt man verstärkt Augenmerk auf eine Biokompatibilität. Das bedeutet, dass die verwendeten Materialien für den Körper gut verträglich sind und es zu keinen unerwünschten Nebeneffekten kommt. Man muss sich aktiv darum bemühen, die wissenschaftlichen Fortschritte mitzuverfolgen. Gerade im medizinischen Bereich gibt es immer wieder neue und bessere Methoden. Man muss ständig auf dem Laufenden bleiben und die Fülle der Informationen, die man über zahnmedizinische Fachzeitschriften, Kammern, Klubs, Kurse etc. in Anspruch nehmen kann bzw. sollte, ist enorm.“

Die Implantatprothetik funktioniert im Prinzip folgendermassen: Fehlende Zähne können durch in den Kieferknochen gesetzte Schrauben inklusive eines Aufbaus ersetzt werden.  Dabei hat das Implantat („Die Schraube“) die Funktion einer Zahnwurzel.“ Dadurch ist das Gebiss stabil und voll funktionsfähig. Man muss sich das vorstellen wie bei einem Hausbau. Nur wenn das Fundament solide und stabil ist, dann ist es auch das Haus. Als verwendetes Material hat sich aufgrund durchgeführter Langzeitstudien heutzutage Titan etabliert und bei den Aufsätzen Keramik.

Wenn nicht genügend Knochenmaterial vorhanden ist, dann muss mitunter eine sogenannte Knochenaugmentation (Aufbau) durchgeführt werden. Dabei wird ein Knochenersatzmaterial vertikal oder horizontal eingesetzt. Nach etwa drei Monaten Einheilphase kann mit der Implantalogie begonnen werden. Der gesamte Prozess kann bei konservativer Schätzung und regulärem Heilungsprozess binnen sechs Monaten abgeschlossen sein.

Vollkeramiken setzten sich längst auch beim Zahnersatz aufgrund ästhetischer Aspekte durch. Heutzutage geschieht viel am PC. Im „CAD/CAM-Verfahren“ wird der Zahnersatz digital „designed“ und anschliessend punktgenau von einer Fräsmaschine hergestellt.

Die Basis für gesunde Zähne: Mundhygiene

Herrero sieht die Aufgabe der Zahnärzte auch in der Aufklärung und Vorbeugung. Die ‚häusliche Mundhygiene‘ ist sehr wichtig und daher wird den Patienten immer auch genau erklärt, wie die Zähne und der neu eingegliederte Zahnersatz zu pflegen sind, mit welchen Mitteln etc. Schließlich geht es ja auch um viel Geld. 

An dieser Stelle schließe ich die Vorstellung ab und nehme mir ganz fest vor in Zukunft meinen Zähnen noch viel mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen …

Kontakt

Anm.: Pablo Herrero hat 2022 eine neue Praxis eröffnet:

PH DENTAL Zahnarzt, Implantologe
Edif. Mercurio Torre II - 5° S
Avda. de Tirajana 37
E-35100 Maspalomas (Gran Canaria)
Tel.: (+34) 928 318 309
info@phdental.es
www.phdental.es

 

vormals bei:
Blue Dental Clinic
Edif. Mercurio Torre I, 1C
35100 Playa del Inglés, Gran Canaria
Tel.: (+34) 928778928
Email: ph.bluedental@gmail.com
www.bluedentalclinic.es

 

Footnotes

  1. ^ Der Berliner Humanbiologe Carsten Niemitz ist einer der wenigen deutschen Wissenschaftler, die sich mit dem Phänomen des Lachen beschäftigen.
  2. ^ Erworbene Fachqualifikation zur Durchführung von implantatchirurgischen Eingriffen.