Über die Schönheit der Natur der Kanarischen Inseln und insbesondere von Gran Canaria ist schon viel geschrieben worden. Ein Leser und Kanarenliebhaber erkundet die Insel aus einem gänzlich neuen Aspekt heraus und zwar: Die unbelebte Natur der Minerale. Mit ihm wollten wir im Mai auf eine Erkundungstour gehen, doch die Ausgangsbeschränkungen forderten ihren Tribut. Daher greifen wir dankenswerter Weise zurück auf seine Expertise und Fotografien, die vor zwei Jahren entstanden sind.
Diese homogenen, meist festen, kristallinen anorganischen Grundbausteine der natürlichen Materie sind vielen bekannt, z. B. Gips (span. yeso). Dieser wird in bestimmten chemischen Formen quasi ‚gebrannt‘ und im Heimwerkerbereich verwendet oder von Medizinern zum Stabilisieren von gebrochenen Knochen eingesetzt.
Angeblich soll schon der Aristoteles Schüler Theophrastos von Eresos, etwa 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung, in seinem Werk „De Lapidibus“ verwendet haben und damit, grob umschrieben, das Brennen der Gips-Varietät Alabaster als Marmorersatz gemeint haben.
In seiner natürlichen Form ist Gips ein Calciumsulfat mit Dihydrat. Das Mineral ist weich, in Wasser schwer löslich und in seiner natürlichen Färbung recht unattraktiv, von weiß, gelb, grau und braun bis hin zu schwarz. In seiner natürlichen Art können Sie es am Paseo de las Meloneras auf Höhe Playa de las Mujeres sehen, wo es in grauweißen Lagen zwischen Asche-Schichten eingebettet ist.
Varietäten
Andere natürliche Varianten, in der Mineralogie „Varietät“ bezeichnet, sind wegen ihrer ansprechenden Optik begehrt:
1. Seidenspat Alabaster (lat. alabastrum = Salbengefäß), auch Atlas- oder Federspat genannt
2. Marienglas: Durchsichtige bzw. durchscheinende Varietät, auch Frauenglas bzw. Spiegelstein oder Selenit bezeichnet, ist ein besonders reiner Gips, der bei der Ikonen-Malerei gern als Schutz der Bildnisse genutzt wurde.
3. Wüstenrose: Rosettenartig verwachsene, relativ große, makroskopische Gipskristalle, die auch in sandigen, ariden Gebieten vorkommen, wie beispielsweise in der Wüste Nordafrikas, aber auch auf Gran Canaria.
‚Todessehnsucht‘ in die Heimat?
Prähistorisch bildete sich unter Wasser das Calziumkarbonat aus Kalkablagerungen von einzelligen fossilen Lebewesen (Foraminiferen) und nach dem Auftauchen der Inseln kam durch die Vulkanausbrüche das Sulfid und Regenwasser dazu und es konnte sich somit dieses Mineral bilden.
Diese umgangssprachlich bezeichnete Wüstenrose kann an einigen Orten auf Gran Canaria gefunden werden.
Zum Schutz behalten wir die Fundstellen geheim, doch sei angemerkt, dass die „roas del desierto“ prähistorisch unter Wasser lagen und im Laufe der Zeit an die Erdoberfläche gelangten. Der zweite Ausgangsstoff für die Kristallisation von Gips entstand als Folge menschlicher Aktivitäten, indem der saure Regen in Verbindung mit Wasser zu Schwefelsäure umgebildet wurde.
Unser Mineralexperte verfügt über einige auf den Kanaren entdeckte Exemplare, wenngleich deutlich kleiner als die bis zu einem Umfang von einem Meter großen Rosen in Nordafrika. Dafür punkten die teils kräftigen Kristalle mit ihrer schönen Farbe. Sie sind ein echtes Deko-Highlight und zudem leicht zu säubern, indem sie einfach kurz unter fließendes Wasser gehalten werden. Man muss lediglich aufpassen, dass kein Gipskristall abbricht.
Manche findige Menschen verkaufen die Wüstenrosen in Deutschland als ‚Schutz vor gefährlichen Bildschirmstrahlen‘. Selbst, wenn es nichts nutzen sollte, schaden wird es auch nicht.
Hans Werner