Nicht Fleisch sondern Fisch steht im Fokus unserer nächsten kulinarischen Entdeckungsreise. Dieses Mal haben wir einen ungewöhnlichen Spot dafür gefunden. Auf Gran Canaria herrscht so ziemlich die größte Dichte an Gastronomie und Fisch- und Meeresfrüchte sind dank dem Meer weit verbreitet. Die Canarios sind echte Kenner und es lohnt sich ihren Empfehlungen zu folgen, auch wenn sich die Location mitunter nicht im direkten Einzugsgebiet der Touristenmassen befindet.
In unserem aktuellen Fall machen wir uns auf den Weg westwärts nach Arguineguín. Dort schwören manche Fischliebhaber auf die große Auswahl und die frische Qualität in der Cofradía de Pescadores, also der Fischereigenossenschaft. Das mag wohl stimmen, allerdings ist nicht jeder begeistert davon, eine Nummer ziehen zu müssen, weil keine Tischreservierungen möglich sind. Zudem ist das Ambiente mit den Plastiktischen im Hafengelände auch nicht unbedingt sehr ansprechend.
Durch Mund-zu-Mund-Propaganda und mehrfachen Empfehlungen richteten wir unser Augenmerk auf ein anderes Fischrestaurant, das eigentlich ebenfalls eher ein Geheimtipp ist. La Bahía del Pajar, das seit drei Jahren von einem neuen Eigentümer aus Las Palmas de Gran Canaria betrieben wird.
Die vergessene Bucht: La Bahía del Pajar
Nach der Autobahnabfahrt Arguineguín, kurz vor der Ortseinfahrt nehmen wir die rechte Spur Richtung El Pajar. Richtig, das ist dort, wo die Zementfabrik nicht zu übersehen ist und das allein ist schon ein ungewöhnlicher Platz für ein Lokal. Parkplätze befinden sich fast unmittelbar vor dem Restaurant. Der erste Eindruck des kleinen Gebäudes mit seiner weißen Fassade und den in königsblau eingefassten Türen und Fenster ist nicht so schlecht und erinnert mich an das entzückende Ambiente von Mykonos. Geflissentlich übersehen möchte ich den traurigen Anblick der drei vertrockneten Pflanzen, die in großen, eigentlich hübschen, Gefäßen am Eingang platziert sind. Wie schade! Das Innere ist im Vintage-Stil gehalten und ebenfalls minimalistisch gestaltet. Große Gemälde mit maritimen Motiven veranschaulichen, worum es hier geht: Fisch und Meeresfrüchte.
Zauberhafte Naturkulisse: Strand und Meer
Das Restaurant selbst bietet nur wenigen Tischen Platz, aber wir wählen ohnehin die Terrasse, denn die ist das wirkliche Highlight. Hier sitzen wir direkt am Strand und ein kleines altes Holzboot samt einer kanarischen Dattelpalme bilden eine geradezu pittoreske Kulisse.
Die Zementfabrik haben wir in dieser romantisch anmutenden Ecke längst vergessen und mit fortschreitendem Abend und zunehmender Dunkelheit gewinnt es zunehmend noch an Reiz. Das sanfte Meeresrauschen macht eine andere musikalische Untermalung obsolet und lässt eine entspannte Atmosphäre hochkommen. Wir „giris“, wie uns die Einheimischen mehr oder weniger liebevoll nennen, neigen dazu relativ früh Abend zu essen. Je später die Nacht wird, desto mehr Gäste gesellen sich ins Restaurant, das von Einheimischen wie ausländischer Klientel gleichermaßen frequentiert wird und jüngeres sowie älteres Publikum gleichermaßen anlockt. Die Tische wirken auf den ersten Blick ein wenig ‚kalt‘, den Dekoration und Tischdecken fehlen. Das ist
allerdings u. a. der außergewöhnlichen Situation der Corona-Pandemie geschuldet, die den Gastronomen harte Auflagen auferlegt. Also gibt es anstelle von Stoffservietten welche aus Papier und auch die Menükarte liegt als ‚Untersetzter für die Teller‘ bereits am Tisch. Wenigstens ist es optisch schön gestaltet. Das Personal ist kompetent und kann die einzelnen Gerichte bestens erklären. Allerdings müssen Sie sich hier auf die spansiche Sprache einstellen, denn es ist eben kein rein auf TouristInnen ausgelegtes Restaurant. Dafür haben wir Ihnen ein kurzes Glossar der angebotenen Speisen erstellt (siehe Kasten li. u.).
„Wenn es das Meer erlaubt“
Ja, so steht es gar in der Speisekarte. Das Restaurant bezieht ihren fangfrischen Fisch direkt von den Fischern sowie von der nahe gelegenen Cofradía. Ergo: Nicht jeden Tag und nicht in jeder Saison ist alles zu haben, den Überfischung hat so manche Spezies gefährdet und im Sinne der Nachhaltigkeit (und aufgrund der rigorosen Strafverfolgungen und hohen Strafen) halten sich die Fischer an die Verordnungen. Zum Beispiel: Der gleichermaßen beliebte wie schmackhafte Thunfisch unterliegt strengen Fangauflagen. Die gute Nachricht: Jetzt ist Thunfischsaison!
Ein Auszug
• Da gerade Saison und die Sperrfrist für den Fang des Roten Thun vorbei ist, wählten wir das Tartar de atún rojo (15,50 Euro) und waren ob der Frische und der guten Würzung begeistert. Angerichtet wurde es mit einer Creme aus Avocado und süßem Dill-Senf sowie getoastetem Weißbrot. (siehe Foto 02).
• Pikanter Fisch (15,50 Euro), fantastisch abgeschmeckt (Ausschnitt Foto 02)
• Zwei Unentschlossene können sich die Fischplatte teilen, die Fisch, Muscheln, Calamares und Riesengarnelen gleichermaßen bietet und großzügig bemessen ist (siehe Foto). Sie schlägt mit 17,50 Euro pro Person zu Buche (siehe Foto 01 - Portion für 2 Personen).
Auszug weiterer Gerichte/Getränke
• Traditionell kanarisch: Selbstverständlich bietet dieses Restaurant die regionalen Klassiker, wie z. B. papas arrugadas con mojo (4,90 Euro), pimientos de padrón (6,80 Euro), Fisch- oder Fleischkro-ketten (7,90 Euro), ropa vieja de pulpo (9,50 Euro).
• Eine feine Delikatesse ist der Fisch im Salzmantel. Durch die Kruste bleibt der Fisch saftig und zart. 19,50 Euro pro Person.
• Mir wurde zwar das Schneckengericht als „das beste auf Gran Canaria“ ans Herz gelegt, doch habe ich es noch immer nicht über mich gebracht „caracoles“ zu verspeisen, die hier für 8,50 Euro angeboten werden.
• Spaghetti mit Langostinos (14,50 Euro)
• Paella (14,50 Euro pro Person)
• Wasser (50 cl für 1,50 Euro)
• Kaffee (1,30 Euro)
• Bier (Tropical Limon, 2,15 Euro)
Fazit
Fischliebhaber werden von dem großen Angebot der frischen Fische begeistert sein, die mit Know-How zubereitet werden und die Gerichte mit Authentizität glänzen lassen und nicht mit Schnickschnack. Die Portionen sind großzügig und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ausgezeichnet. Natürlich werden auch Fleisch- und Reisgerichte angeboten, die wir jedoch nicht probiert haben. Die Lage ist ungewöhnlich, überrascht jedoch mit dem romantischen Flair direkt am Strand. Würde der Eigentümer etwas mehr Liebe zum Detail aufbringen können, dann würde das Restaurant auf Platz 1 und nicht auf Platz 4 im Trip Advisor Ranking für Arguineguín gelistet sein. Schade.
(Anm. d. Red.: Es handelt sich um keinen gesponserten Content, sondern um eine Empfehlung im Sinne von „Editors‘ Choice“ im Auftrag unserer LeserInnen. Wir waren incognito dort und haben regulär für alle Speisen und Getränke bezahlt, so wie immer). Guten Appetit! jm
Kontakt
Restaurant Bahia del Pajar
El Pajar 2, Arguineguín, Gran Canaria (Gemeinde Mogán), ab 18.00 Uhr
Tel.: (0034) 928 15 05 00