Kennen Sie das, Sie möchten etwas holen und noch während Sie auf dem Weg sind, haben Sie vergessen was es war? Oder, Sie sind mitten im Satz und es fällt Ihnen nicht ein was Sie sagen wollten? Vielen geht es ähnlich und oft hört man im Volksmund „Ich glaube ich habe Demenz“. Dieses wichtige Thema ist nicht nur für die Betroffenen interessant, sondern auch für jene, die vielleicht ohne echten Grund sich in Gefahr wähnen. Der renommierte Arzt Dr. med. A. Valenzuela Bossmeyer der Cliníca Oasis (Klinik für Diagnostik) hat sich bereit erklärt, dieses Thema für Viva Canarias Leser aufzubereiten und ein wenig „Licht ins Dunkel“ zu bringen.
Das Risiko steigt mit dem Alter
In Mitteleuropa gibt es derzeit etwa eine Million Demenzerkrankte. Bis 2030 wird sich die Zahl auf zwei Millionen verdoppeln (lt. Studie „Prevalenz of dementia“ Europe Research Group/Hoffmann). In einer sehr interessanten Studie der Charité Berlin (Mahlberg/Gutzmann dt. Ärzteblatt Jg 102 Heft 28-29) wird berichtet: Je höher das Alter, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit kognitive Störungen zu haben. Das Risiko an Demenz zu erkranken, verdoppelt sich ab dem 65. Lebensjahr.
Männer und Frauen gleichen Alters zeigen keine Unterschiede in der Erkrankungshäufigkeit. Das sind einige statistische Fakten über die Krankheit, die am meisten meine gerontologischen Patienten belasten.
Krankheitsformen der Demenz
Folgende Informationen sollen wissenschaftlich bewiesene, diagnostische Verfahren zur Früherkennung des Krankheitsbildes darstellen, nicht jedoch der rezenten Therapien.
Die Dementia als Konzept beinhaltet mehrere Formen. U. a. sind bekannt die Alzheimerdemenz, vaskuläre Demenz, Lewy-Bodies Demenz und Frontotemporale Demenz. Die häufigste Demenzform ist mit etwa 60 Prozent Anteil die Alzheimerkrankheit, in der eine schleichende Demenzsymptomatik mit durch bildgebende Verfahrenmitteln (CT, RM) bei der sich eine Zurückbildung des Hyppocampus (Gehirnregion) bestätigen läßt. In dieser Krankheit bilden schädliche Eiweißmoleküle (Beta-Amyloide) Plaques (Klumpen) in bestimmten Regionen des Gehirns. Diese Plaques verursachen eine Funktionsstörung der Botenstoffe (sog. Neurotransmitter) in den Synapsen (Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen). Somit ist die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen nicht mehr gewährleistet. Es kommen in diesem Kontext die typischen Beschwerden vor, wie z. B. Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit, Agressivität oder Verfolgungsgedanken.
Kriterien
Zur Definition der Demenz und der leichten kognitiven Störung nach der ICD-10 sind obligatorisch folgende Charakteristiken, die mindestens sechs Monate vorliegen müssen:
1. Störungen des Gedächtnisses: Verlust der Aufnahme und Wiedergabe von Informationen sowie der erlernten und vertrauten Inhalte;
2. Störungen des Denkvermögens: Unfähigkeit zu rationellen Urteilen, Verminderung des Ideenflusses, Beeinträchtigung der Informationsverarbeitung;
3. Störungen der Impulskontrolle, des Sozialverhaltens und der Motivation;
4. Deutliche Einschränkung der täglichen Aktivitäten: Waschen, Ankleiden, Essen, persönliche Hygiene und Kontrolle der Körperausscheidungen bzw. der Toilettenbenutzung;
In der leichten kognitiven Störung liegen vorwiegend objektierbare Beeinträchtigungen des Gedächtnisses und Denkvermögens vor, ohne dass es zu Einschränkungen der praktischen Fertigkeiten im Alltag kommt.
Zur Diagnose der demenziellen und leichten kognitiven Störungen (als nicht gesicherte Vorstufe der Demenz) gehören neben der genannten Symp-tomatik, die Krankengeschichte mit Screening-Tests und zerebrale Bildgebende Verfahren. Jeder Hausarzt sollte zumindest theoretisch in der Lage sein, ein Demenzsyndrom zu sichern und therapieren.
Krankengeschichte
Im ersten Teil der Untersuchung ist es von großer Bedeutung, eine vollständige Krankengeschichte - auch bei Angehörigen und Betreuungspersonen - durchzuführen. Dabei sind Faktoren wichtig, wie z. B. Missbrauch von Medikamenten (Benzodiazepinen), Schlafstörungen, Umzug, Tod des Ehepartners Stimmungsschwankungen und Parkinson zu eruieren.
Psychopathologischer Befund
Darüber hinaus ist ein psychopathologischer Befund (Beurteilung des Gedächtnisses, Orientierung, Affektivität etc.) mittels Screeningverfahren erforderlich, wie z. B. Minimental-Test (sehr schnell und einfach, auch vom Hausarzt durchführbar), Demenzdetektionstest (Dem-tec), Uhrentest, Test für Früherkennung von Demenzen und Abgrenzung mit Depressionsprozessen.
Dazu der ganz spezifische Test SIDAM (Strukturiertes Interview for the Diagnosis of Dementia of the Alzheimer type, multi-infarct dementia and dementia of other aethiology). In einer zweiten Phase des Studiums sollte die Ursache (Etiologie) gesucht werden. Das beinhaltet ein EKG. Damit eine Hirnatrophie oder expandierende Prozesse wie Blutungen, Tumore etc. ausgeschlossen werden können, ist ein Schädel-CT wichtig, besser noch ist eine Gehirn-Kernspintomographie (RM). Die Erstellung eines Elektroenzephalogramms (EEG) ist in der Literatur (dt. Leitlinien zur Diagnose und Therapie) nicht obligatorisch, jedoch ist in unserem Milieu ein Doppler Dupplex (eine Art Ultraschall) der hirnversorgenden Arterien bei vaskulären Demenzen sowie das SPECT (Single-Photon-Emissions-tomographie) von großer Bedeutung.
Wichtige Anmerkung
Im Rahmen dieses Artikels ist anzumerken, dass bei alternden Menschen Äußerungen wie „potenzielle oder verdächtige Erstsymptome, Gedächtnisstörungen, depressive Verstimmungen, Wesensveränderungen, Fehlhandlungen oder Verfolgungswahn“ keine Demenz bedeutet.
Eine seriöse und ethische Diagnose bedarf der oben angeführten Untersuchungen, um wahrhaft zu sein.
Kontakt:
Dr. med. A. Valenzuela Bossmeyer
Arzt für Innere Medizin und
Gastroenterologie
(Clinica Oasis, Playa del Inglés, Gran Canaria).