Genau vor fünfzig Jahren, nämlich 1969, schrieb der Astronaut Neil Amstrong Geschichte, als er als erster Mensch den Mond ‚betrat’ und ein Satz seinen Weg in die Geschichtsbücher fand: „Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit“. Und die Touristenhochburg Maspalomas war live dabei, im wahrsten Sinn des Wortes. Die NASA errichtete fünf Jahre davor auf einem Gelände knapp hinter Pasito Blanco ein Kontrollzentrum, das dieses historische Ereignis als Verbindungsglied zwischen der Raumkapsel Apollo XI, der Mondfähre und dem Kontrollzentrum in Houston fungierte. Die Qualität des Himmels war entscheidungsgebend.
MaspaMoon - der Mond und Maspalomas
Weniger bekannt ist, dass auch Maspalomas eine Rolle dabei gespielt hat. Das damals unbebaute Grundstück gehörte der Grafenfamilie von Vega Grande, die es der NASA für einen befristeten Zeitraum überließ und wo ein Raumfahrtzentrum errichtet wurde.[1] Es zählt heute zu INTA (Estación Espacial de Maspalomas), eines von 15 spanienweit. Trotzdem hat jenes hier eine ganz besondere Geschichte.
Die Signale der Mondlandung wurden neben Cape Canaveral (Florida, USA) und Perth (Australien) auch in Maspalomas empfangen und an Houston weitergeleitet, von wo aus die Bilder in die ganze Welt ausgestrahlt wurden. Menschen aus allen Erdteilen saßen damals vor ihren Fernsehapparaten und Radiogeräten. Aus Dank besuchten die Astronauten Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins im Rahmen ihrer Weltreise im Oktober 1969 auch Maspalomas (siehe Foto vom 6. Oktober 1969). Sie nächtigten übrigens im damals neu eröffneten Hotel Oasis (Zimmer 113, 123 und 133).
Anlässlich des diesjährigen 50. Jubiläums der Mondlandung und dem Bezug zur Touristenhochburg Maspalomas lautet das Motto für die Karnevalsfeiern 2019 „MaspaMoon“ (14. bis 24. März 2019.
Raumfahrtzentrum Maspalomas von einst ...
Maspalomas hat als NASA Raumfahrtzentrum an den Projekten Mercury (1959 – 1963), Gemini (1962 – 1966) und, wie eingangs erwähnt, an Apollo (1961 – 1972) mitgewirkt. 1975 hat sich die NASA zurückgezogen und nun ist das Gelände im staatlichen Besitz. Nach wie vor ist Maspalomas international verflechtet und übernimmt eine Reihe von wichtigen Aufgaben. Schon lange stand dieses Thema auf meiner Wunschliste und dank der Unterstützung meiner lieben Freundin Daniela Kohler, die unnachgiebig über Monate das Rathaus förmlich bekniete und sich eingesetzt hat, dass Viva Canarias endlich die lang ersehnte Sondergenehmigung erhielt. In diesem Bericht versuche ich das aufzuzeigen, ohne allzu technisch zu werden.
INTA heute ...
Wir fuhren Richtung Pasito Blanco und, obwohl ich etliche Male auf dieser Straße fuhr, ist mir das Schild und diese Seitenstraße noch nie aufgefallen. Doch dieses Mal bog ich ab und Aufregung machte sich breit, was uns dort wohl erwarten würde. Die öde Gegend war unbewohnt und nach etwa einem Kilometer kamen wir zu einem Kontrollpunkt. Ich lächelte brav, was von den streng blickenden Security Mitarbeitern allerdings nicht erwidert wurde und somit sogleich aus meinem Gesicht verdrängte.
Man erwartete uns bereits. „Ausweise und aussteigen“ lauteten die knappen an uns gerichteten Instruktionen. Ein Herr verschwand in dem Haus, um die Personalien zu überprüfen und mit Gästepässen zurückzukommen, während der Andere mit einem Gerät das Auto rundum, samt Unterboden, genauestens untersuchte. Sogar meinen Kofferraum, in dem - wie üblich - etliche Magazine und anderes Fotoequipment ihr Chaos-Tänzchen verübten, musste ich, nicht ohne ein gewisses Maß an Schamgefühl, die Heckklappe öffnen.
Wir erhielten die Freigabe. Ein anderes Fahrzeug kam uns entgegen und deutete uns an ihm zu folgen, was wir auch taten. Nach einigen hundert Metern kamen wir am Hauptgebäude an. Obwohl man von hier einen fantastischen Fernblick auf die Gegend hat, war es gleichzeitig versteckt und abgeschieden. Es herrscht absolute Stille und nur dann und wann ist ein kreischender Vogel oder der säuselnde Wind zu vernehmen.
Uns begrüßte Rafael Fernández Lizón, der verantwortliche technische Leiter des Centro Espacial de Canarias. Er führte uns durch die Anlage und versuchte uns mit interessanten Informationen die wesentlichen Aufgaben näher zu bringen, ohne uns mit zu spezifischen Details zu überfordern. (Die kamen am Ende, als er mir fünfzig Seiten Papier in die Hand drückte). Das Gebäude und Interieur versprüht etwas von diesem ‚alten Flair‘, wenngleich alles sauber, gut strukturiert und ordentlich ist. Zuerst wurden wir in einen Vorführungsraum geführt, wo man uns einen kurzen Film über das Zentrum zeigte. Die mit Leder dick gepolsterten Stühle bieten auch über Stunden bequemen Komfort, dachte ich mir. Wir durften nur ausgewählte Bereiche fotografieren.
60 Experten, Arbeit rund um die Uhr ...
Wie schon eingangs erwähnt, werde ich Sie nicht mit allzu vielen technischen Fakten langweilen, sondern Ihnen primär die Tätigkeiten näher bringen. Die NASA hatte kurze Zeit nach der Mondlandung das Areal an die Gemeinde bzw. den spanischen Staat übertragen. Im Jahr 1975 wurde das Maspalomas Space Center eröffnet und war offiziell Teil des ESA und AXA Programms.
Im Laufe der Jahre wurde es ständig erweitert und entsprechend vielschichtig sind die technischen Anlagen, z. B. Kerntechnik von Siemens oder Sentinell Satelliten. Heute befinden sich 23 Antennen auf dem Gelände, die Größte von ihnen einen hat einen Durchmesser von 16 Meter. Sechzig hochspezialisierte Mitarbeiter sind hier beschäftigt.
Gearbeitet wird rund um die Uhr und zwar in folgenden drei Hauptgebieten:
a. Satellitenkontrollzentrum
b. Rettungs- und Hilfsystem
c. Erdbeobachtung
Satellitenkontrollzentrum Maspalomas (TTC)
ESA, EUMETSAT, HISPASAT und JAXA
Bei der Menge an Satelliten im Orbit herrscht reger Verkehr. Ähnlich wie die Lotsen den Luftverkehr beobachten und managen, ist es auch hier besonders wichtig zu wissen, wo sich welcher Satellit genau befindet. Alle Stationen Spaniens werden mittels TTC (Telemetry Command) von INTA gesteuert. Maspalomas ist der Hauptknotenpunkt für Ostafrika. Tracking und Monitoring der Satelliten, genaue Bestimmung und Kontrolle der Umlaufbahnen und deren Erfassung bzw. Weiterleitung in die entsprechenden Systeme.
Geostationäre Orbits - Von besonderer Bedeutung ist die geostationäre Bahn in 35.800 km Höhe mit einer Bahnneigung von 0° (Umlaufzeit 23 h 56 min‘ 4,09 “). Alle Satelliten in diesem Orbit ‚stehen‘ von der Erde aus betrachtet scheinbar auf einem festen Punkt des Äquators. Das ist besonders für Kommunikations- und Fernsehsatelliten von Vorteil, da die Menschen ihre Antennen auf eine fixe Position ausrichten können und nicht mehr nachjustieren müssen.
Wenn ein Satellit sein ‚Lebensende erreicht hat, dann wird dieser in den sogenannten Friedhofsorbit manövriert. Dieser befindet sich etwa 300 Kilometer oberhalb des GEO-Orbits und der Weltraummüll wird uns sicherlich noch in naher Zukunft tangieren.
Sicherheit „SOS“ - das Rettungssystem
Eine wesentliche Säule ist die Aufgabe der Sicherheit zur See im Rahmen des Programms COSPAS-SARSAT, ergo ein „satellitengestütztes Such- und Rettungssystem zur Erfassung und Lokalisierung von sogenannten Notfunkbaken“.
Notsignale können automatisiert oder manuell ausgelöst werden. Im Schiffsverkehr sind die großen Boote, Frachter etc. mit einem sogenannten AIS (Automatic Identification System) ausgestattet. Je nach Technik lösen diese Notfunkbaken, z. B. durch den sich ändernden Druck beim Sinken das Notsignal automatisch aus (bei ca. 1,2 bar absolut, das entspricht einer Wassertiefe von 2 Meter). Auch Flugzeuge, Privatpersonen (z. B. auf Privatjachten, Extremsportler, Wanderer, Radfahrer etc.) können, zumeist manuell ausgelöst, Notsiganale senden.
Diese Notsignale werden von Satelliten des COSPAS/SARDAT-Sytems empfangen und an eine Bodenstation weitergeleitet. Diese setzt unmittelbar über die Rettungskoordination (RCC, Rescue Coordination Center) die jeweils notwendige Rettungskette in Gang. Das bedeutet, dass ggfs. Hubschrauber, Rettungsboote etc. sich auf den Weg machen.
Rafael führt mich zu einer Pinnwand auf der in großen Lettern von Hand eine Zahl geschrieben steht. Vom 1. 1. 1993 bis 1.10.2018 wurden durch die Arbeit von INTA Maspalomas alleine 9.184 Menschenleben gerettet. International liegt die Zahl von COSPAS-SARSAT sogar bei über 9.000 Menschen. Es handelte sich um Fälle, wie beispielsweise sinkende Schiffe, verlorengegangene Bergsteiger, verletzte Radfahrer etc.
Beobachtungen: Erde & Co.
Ein anderes Projekt ist Copernicus, ein Gemeinschaftsvorhaben der Europäischen Weltraumorganisation. Es stellt ein weitreichendes Programm zur Sammlung, Aufbereitung und gezielten Auswertung von Fern-erkundungsdaten der Erde dar. Es wird neben dem europäischen Satellitennavigationssystem Galileo als ein Flaggschiff europäischer Weltraumpolitik angesehen:
- Landüberwachung
- Überwachung der Meeresumwelt
- Überwachung der Atmosphäre
- Überwachung des Klimawandels
- Katastrophen und Krisenmanagement
- Sicherheitsdienste
Die Satelliten des Copernicus-Programms werden SENTINEL bezeichnet und kreisen in einem Orbit in einer Höhe von etwa 700 km und tasten die Erde in einem Streifen von 80 bis 400 Kilometern ab (SAR - Synthetic Aperture Radar). Fernández Lizón erläutert: „Die gemachten Satellitenfotos können Details von bis zu einem halben Meter Größe von der Erdoberfläche liefern. Man könnte also Menschen erkennen, nicht aber die Gesichter. "Somit sehen wir genau, welches Schiff beispielsweise unerlaubt seine Tanks im offenen Meer säubert oder wo eine Umweltkatastrophe durch schwimmende Ölteppiche droht", sagt der Leiter. Das Satellitenprogramm deckt alle Vergehen auf.
Ein weiteres Gebiet ist die Forschung im Bereich der Sonnenwind- und Erd-Magnetosphäre. Dabei bilden vier jeweils 200 Kilometer voneinander entfernte Cluster eine tetraederförmige Struktur (die man im Bedarfsfall bis auf mehrere tausend Kilometer steigern könnte).
„Wir erhalten aufschlussreiche Daten beispielsweise hinsichtlich der Situation der Umweltverschmutzung. Dieses Thema gewinnt mehr und mehr an Bedeutung, auch im maritimen Bereich. Die gewonnenen Daten aus der Zusammensetzung der Atmosphäre, der Meeresströmungen etc. bieten wichtige Daten, die analysiert werden und in Folge Rückschlüsse auf die konkrete Situation zulassen. Wir beobachten Wolken, Meeresströmungen, -temperaturen, Winde, Feuer, Wolken, Sandstürme etc. Das läuft über den Satellit Kopernikus, dem größten Europas für die Erdbeobachtung. Er umfliegt die Erde auf einer Umlaufbahn in einer Höhe von 700 Kilometern. Zudem gibt es Satelliten, die mit Röntgenstrahlteleskopen ausgestattet sind. Durch diese sogenannten XXM Beobachtungen wird wichtige wissenschaftliche Arbeit geleistet. Er ist mit 10,75 Metern Durchmesser der größte Wissenschaftssatellit Europas, der seine Erfolgsstory im Jahr 1999 begann. Ein weiteres Beispiel ist das GPS, das Europa zuvor nur von den USA und Russland zur Verfügung gestellt wurde.“
Nach etwa einer Stunde leuchtete ein Alarmsignal im Kontrollzentrum auf und Fernando musste unser Gespräch leider beenden, um sich mit seinen Kollegen dieser Angelegenheit zu widmen. Wir bedanken uns für den äußerst freundlichen und kompetenten Empfang im INTA Maspaloams. Ein - dieses Mal sehr aufmerksamer und netter Security Angestellter führt und noch von „Schüssel zu Schüssel“, damit wir diese auch noch auf Foto bannen können.
INTERNATIONAL
So international wie die Gäste der Touristenhochburg Maspalomas sind, so sind es auch die „Kunden“ von INTA Maspalomas, wie z. B.:
JAXA (2005) steht für Japan Aerospace Exploration Agency und ist die japanische Raumfahrtbehörde mit ausdrücklich friedlicher Nutzung im Bereich der Luft- und Raumfahrtforschung.
Hispasat (2002) ist eine Betreibergesellschaft von Kommunikationssatelliten für Rundfunk- und Fernsehprogramme sowie Telekommunikations- und Multimediadienste für Europa und Lateinamerika. Das 1989 in Madrid gegründete Unternehmen wurde 1992 privatisiert und ist, nach Umsatz betrachtet weltweit der siebtgrößte Satellitenbetreiber.
EUMETsat (2001) mit Sitz in Darmstadt betreibt die Wettersatelliten (MetOp und Meteosat) als zwischenstaatliche Organisation aus 30 europäischen Ländern. Die Satellitenbilder dienen der Wetterbeobachtung und -vorhersage sowie langfristige Messauswertungen zur Einschätzung der Klimaveränderung oder der globalen Erwärmung.
Footnotes
- ^ Viva Canarias Nr. 136 vom 23. März 2018