Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 04.09.2021, Viva Edition 179 | Print article

José Saramago und die Kanarischen Inseln - eine Hommage an den Literaturnobelpreisträger

Genauso wie Spanien sein „Goldenes Zeitalter“ (Siglo de Oro) den Eroberungen und die damit verbundenen Plünderungen ganzer Kulturen in fernen Ländern der „Neuen Welt“ verdankte, so hat auch Portugal während der Kolonialisierungen unermessliche Reichtümer angesammelt.

Wenn der Gold- bzw. Geldfluss kein Ende nahm, verführte es so manchen Mächtigen -  seinem Größenwahn geschuldet - dazu, sich ein Denkmal zu setzen. Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um gigantische Bauwerke entstehen zu lassen - eine Art kultureller Wettbewerb als Machtdemonstration der Königshäuser. 

Der einzige, viel zu oft übersehene Wermutstropfen dieser ‚Glanzzeit‘ war das damit verbundene Elend jener, die an diesen Projekten unter menschenunwürdigen Bedingungen mitwirkten. Eines dieser monumentalen Bauwerke ist der Palast Mafra in Portugal, der mit Gold aus Brasilien errichtet wurde.

Das Memorial

Welche interessanten Schicksale könnten damit verbunden sein? Dem international renommierten portugiesischenLiteraturpreisträger José Saramago (1922 - 2010) gelang mit dem Roman „Das Memorial“ ein spannendes Werk, das 1982 veröffentlicht wurde und sein kommerziell erfolgreichstes Buch werden sollte. Er setzte sich darin mit spitzfindigen Formulierungen über konträre Perspektiven aus Sicht der Reichen und Armen auseinander. Dem Streben nach Pracht und Größe der Herrschenden im Portugal des 18. Jhdts. werden die etwa 50.000 BauarbeiterInnen, von denen laut Schätzungen bis zu 2.000 ihren Tod fanden, gegenüber gestellt. Sie schindeten sich wörtlich zu Tode. Der Querdenker verpackte inmitten dieser baulichen Turbulenzen eine großartige Liebesgeschichte, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. Unser Buchtipp!

José Saramago und die Kanarischen Inseln

Doch was haben Saramago und die Kanaren gemeinsam?

Ein Blick auf seine Vita wird diese Frage gleich beantworten. Saramago war ein Intellektueller Essayist, Journalist, Schriftsteller etc. und stellte sich gegen gängige Normen, wobei er dem Kommunismus Sympathien abgewinnen konnte. Dies sollte, während seiner Zeit als Journalist, als Literaturkritiker usw., immer wieder zu einem Stolperstein werden. Letztendlich wurde ihm als stellvertretendem Leiter der portugiesischen Tageszeitung Diário de Notícias gekündigt. Er nahm das als Anstoß dazu, sich nun hauptberuflich dem Schreiben zu widmen, wenngleich er immer wieder unter Repressalien und unter der Zensur zu leiden hatte.

Vielleicht waren diese persönlichen Erfahrungen seines Lebens mitverantwortlich dafür, dass er sich als Pessimist bezeichnete. Gleichzeitig sind in seinen interessanten Handlungen immer wieder auch ein Funke Hoffnung und Glaube an das Gute im Menschen spürbar. Sein Schreibstil, dem magischen Realismus der 1920-er zugeordnet, lässt die Realität mit Träumen verschmelzen und erschafft damit eine ‚dritte Realität‘.

Kritisierter Kritiker

Seine kritischen Äußerungen, nicht nur gegenüber dem Kapitalismus, nahmen jedoch mit zunehmendem Alter extreme Formen an, weshalb er von Israel im Jahr 2002 sogar zur Persona non grata erklärt wurde. Dem mit etlichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichneten Schriftsteller und Essayist wurde 1998 zudem der Literaturnobelpreis verliehen, die Krönung seines umfassenden schriftstellerischen Schaffens und noch heute ist er der einzige portugiesische Inhaber dieser Ehrung. Einige Werke wurden sogar verfilmt, wie z. B. „Die Stadt der Blinden“ oder „Enemy“, basierend auf seinem Buch „Der Doppelgänger“.

Danach wechselte er zwischen seinem Domizil in Lissabon und seinem Zweitwohnsitz in Tías auf Lanzarote. Auf der Feuerinsel fühlte er sich wohl und es entstanden seine fünf Tagebücher, die von 1994 bis 1998 veröffentlicht wurden. Am 18. Juni 2010 ist er im Alter von 87 Jahren in seinem Haus auf Tías sanft entschlafen.

Casa Museo José Saramago

c/Los Topes 1, Tías, Lanzarote
Geöffnet: Mo. bis Sa. von 10.00 bis 13.30 Uhr, Terminvereinbarung unter (0034) 928 596 087 oder
Email: acasajosesaramago@gmail.com
Eintritt: 8 Euro bzw. 2 Euro für Residenten aus Lanzarote
www.acasajosesaramago.com