Ausgabe Nr.
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J M upload 05.07.2013, Viva Edition 38 | Print article

Ziegenfarm bei Paqui und Pepe - weltweit prämierter Ziegenkäse

Käseliebhaber entdecken immer mehr den hohen Genusswert von Ziegenkäse. Allein in der Schweiz hat sich die Produktion in nur fünf Jahren verdoppelt. Die kanarischen Ziegenkäsesorten zählen zu den besten der Welt und das belegen immer wieder die vielen Siege und Auszeichnungen beim jährlichen internationalen Wettbewerb „World Cheese Award“ in Birmingham. Unangefochten an der Spitze rangiert Käse aus der „Ziegeninsel“ Fuerteventura, doch auch auf Gran Canaria sind einige vielfach prämierte Käseproduktionen zu finden. Wir besuchten Paqui und Pepe der größten Käserei „La Gloria“ im Süden von Gran Canaria und auch eine der Besten. Wir fahren ein kurzes Stück entlang der Küste bis zum Hotel Gloria Palace in San Agustín. Versteckt führt hier ein holpriger Schotterweg zum etwa zehn Minuten entfernten Ziel.

Die Gegend ist karg und von Vegetation ist keinerlei Spur zu sehen, nur karge Steine auf trockenem Boden. Ich frage mich, ob hier tatsächlich Ziegen leben und wovon sie sich wohl ernähren. Während der aufgewirbelte feine Staub dieser „Straße“ unsere Sicht ein wenig trübt, erreichen wir nach kurzem eine kleine Häusergruppe und sind angekommen. Schon beim Aussteigen aus dem Auto riecht und hört man die Ziegen und ihre Glocken, kurz bevor wir herzlich vom Landwirt José Miguel Ortega Suárez (siehe Foto links) begrüßt werden. Ein gestandener robuster Mann, der so wie seit Generationen in seiner Familie mit Leib und Seele Ziegenbauer ist.

Noch vor seinen weiteren Ausführungen werden wir von einem lauten „mäh, mäh, mäh...“ unterbrochen. Ein kleines entzückendes Zicklein läuft auf uns zu und Miguel nimmt es für uns auf den Arm. Dass bei 1.400 Tieren nicht jedes einzelne einen Namen hat, liegt auf der Hand. Bei seinem fürsorglichen Umgang hätte es uns allerdings nicht gewundert.

Ziegen - die Sonnenanbeter

Wir schlendern vorbei an verschiedenen Gebäuden und Stallungen in den hinteren Bereich seines etliche Hektar großen Areals. Manche Ziegen laufen auch außerhalb seines Geländes herum, klettern auf Felsen und beobachten neugierig den Besuch. Es gibt sie in allen Farbnuancen und Facetten, von einfarbig bis gescheckt. Vom gesamten Bestand sind nur etwa 48 Ziegenböcke (Machos) und der Rest sind Ziegen (Cabras).

Einige Bereiche sind großräumig eingezäunt, wo sich Tiere je nach Geschlecht und Alter befinden. Die kanarischen Ziegen der Rasse „Majorera“ haben sich über die Jahrhunderte an das Klima gewöhnt und lieben die Sonne erklärt uns Miguel: „Schau, ich habe unzählige Beschattungen für die Ziegen gebaut und wo befinden sich? Sie sind alle frei und doch suchen alle die Sonne“. Von dieser Tatsache konnten wir uns überzeugen ebenso wie, dass die Tiere extrem ausgeglichen und glücklich erscheinen, so albern das nun klingen mag.

Von wegen Blöde Ziege

Seine Ziegen sind frei und keinesfalls blöd, erklärt er uns. Abends begeben sich Manche auf Erkundungstour und kommen erst am nächsten Morgen zurück. Doch sie verlassen nie vor 16.00 Uhr die Finca, denn sie wissen, dass es dann noch was zu futtern gibt. Das ist auch der Grund dass diese Glöckchen (cencerro) um den Hals tragen und natürlich ist jedes einzelne Tier gechipt.

Tonnenweise Futter

Futter in großen Mengen benötigt er. Über eine Tonne Futter benötigt er pro Tag, denn jedes Tier frisst mindestens ein Kilogramm täglich.

Auf den Futterstationen sind viele lange Reihen mit Trögen aufgestellt, die mit der nahrhaften und teuren Futtermischung vom Festland bestückt werden. Je besser das Futter ist, desto mehr und bessere Milch geben die Tiere. Die Ziegen geben maximal sechs Monate im Jahr Milch und das höchstens sechs Jahre lang, Ruhepausen nicht berücksichtigt.

Miguel hat seine Tiere in zwei Hauptherden eingeteilt und zwar in die Ziegen die gerade Milch geben und jene, die es nicht tun. Doch füttern muss er natürlich alle Tiere und hier greift neuerdings die Inselregierung den Bauern unter die Arme. So hat sich der Preis für ein Kilogramm Futter von 21 auf 16 Cent reduziert, was für ihn eine große Hilfe ist, wie er glückselig berichtet. Obwohl es ein Familienbetrieb ist, hat er auch Helfer angestellt, die schließlich das ganze Jahr über ungeachtet einer Saison ihr Gehalt erhalten wollen.

Von der Ziege zum Käse

In einem eigenen Gebäude werden die Ziegen maschinell gemolken, jeweils um die zehn gleichzeitig. Die Tiere laufen hierzu in den dafür vorgesehenen Gang und stellen sich in Reih und Glied auf während sie ruhig und entspannt warten, bis der Melkvorgang abgeschlossen ist. Man erklärt uns, dass die Tiere das mögen, weil es sich wie eine Massage anfühlt.

Nun besuchen wir die eigentliche Käseproduktion. Dort führt seine „Señora“, wie Paco seine Frau Paqui respektvoll nennt, das Regime. Die Milch zur Käseherstellung unterliegt strengen Qualitätsvorschriften, die laufend vom Gesundheitsamt überprüft werden, ebenso wie die Einrichtungen. Daher heißt es erst mal Schutzkleidung anziehen die aus Plastik-Überschuhen, einem Mantel und einem „kleidsamen“ Haarnetz besteht.

„Queso Artesano“ ist harte Knochenarbeit

Die frische Rohmilch läuft über Schläuche in ein Zwischenbehältnis und dann in entsprechenden Bottiche. Nach dem Abkühlen wird das Lab zugegeben, dass die Milch zum Gerinnen bringt. Dadurch erhält die Ziegenmilch eine dickliche Konsistenz, die Gallerte, ähnlich einem Joghurt. Nach einem 24-stündigen „Salzbad“ wird der Käse abgeschöpft.

Von Hand wird der Käsebruch mit Kneten und Drücken von der Flüssigkeit befreit. Bis zu 300 Kilogramm Ziegenkäse wird in der Queseria La Gloria pro Tag hergestellt. Die zwei Damen lassen mit ihrer kräftigen Statur keinen Zweifel aufkommen, dass sie über die nötigen „Muckis“ verfügen. Der Ziegenkäse wird in entsprechende Laibformen gegeben und nachdem die Oberfläche etwas angetrocknet ist, wird diese mit einer Schutzschicht bestrichen.

Nach dieser Grundreifung werden die Käselaibe mit der jeweiligen Deckung eingestrichen, die in den folgenden Wochen bzw. Monaten einziehen kann und so dem Käse seine vollendete Note verleiht. Auf den Kanaren übliche Deckungen sind Paprika (pimentón), Olivenöl (aceituna/oliva) und das beliebte Maismehl „gofio“. Letztere ist übrigens die beliebteste Form des Käses und wird auch von den Gästen und Touristen bevorzugt. Wir machten den Geschmackstest und tatsächlich waren wir uns alle einig, der Semicurado mit Gofio gedeckte Käse ist unangefochten Sieger.

Ein Laib wiegt um die fünf Kilogramm und hält im original vakuumverpackten Zustand locker ein bis zwei Jahre. Der Kilopreis beträgt zwischen 8 und 12 Euro, je nach Käse. Die Laibe kommen in eine eigene Kammer, wo sie etwa einen Monat reifen.

Auf Käsesuche

Die meisten Käse aus dem Süden von Gran Canaria werden heutzutage in den Norden der Insel, meist nach Las Palmas, geliefert und dort konsumiert. Viele der Käsereien bieten ihren anspruchsvollen „Queso Artesanal“ auf Volksfesten oder am Markt an. So auch Paqui, die alle zwei Wochen auch auf dem Bauernmarkt in San Fernando de Maspalomas ihre Käsespezialitäten an den Mann bringt und schon längst eingeschworene Stammkunden hat.

Ausgezeichnet mit internationalen Preisen

Die harte Qualitätsarbeit hat sich gelohnt, denn „Paqui und Pepe“ haben mit ihrer Queseria La Gloria für so einige Käseköstlichkeiten nationale sowie internationale Auszeichnungen bekommen. Darunter als weltweit bester Käse beim World Cheese Award in Birmingham im Jahr 2011 und viele weitere Auszeichnungen der Gemeinde sowie der Kanaren.

Kontakt

Queso Artesanal der Käserei
Paqui und Pepe „Queseria La Gloria“
c/La Gloria 30, San Agustín
S. B. de Tirajana, Gran Canaria
Tel.: 928 172 074, 618 936 261

Siehe auch: Alles Käse im Ziegenland - neues Käsemuseum eröffnet