Auf den Kanarischen Inseln sind im ersten Quartal 2020 bei der Policia Nacional über 300 Anzeigen wegen Hausbesetzungen (Okupas) eingeganten, ein Problem, das bis dahin primär in den großen urbanen Zonen Spaniens, wie z. B. in Barcelona oder rund um Madrid bekannt war. Damit ist die Zahl von 271 im Jahr 2019 auf 311 gestiegen (lt. Daten des Colegio de Administradores de Fincas in Santa Cruz de Tenerife vom 25.11.2020). Fast zu erwarten waren die damit verbundenen Desinformationen der ‚asozialen Medien‘, womit einige - wissentlich oder unwissentlich - noch mehr Panik bei den (Teilzeit)Residenten hervorriefen. Kann es sein, dass jederzeit das eigene Heim okkupiert wird?
Vorweg: Ausschlaggebend für diesen Bericht waren mehrere Anfragen aufgrund einer illegalen Hausbesetzung in einer unfertigen und seit Jahren leerstehenden Wohnsiedlung in Monte León im Süden von Gran Canaria.
Wir geben hier einen Überblick über die Situation sowie einige praxisorientierte Tipps. Aus Platzgründen handelt sich in dieser Ausgabe nicht um eine juristisch detailliert ausgearbeitete Auseinandersetzung mit dem Thema - das kann, je nach LeserInnen-Wunsch, in einer unserer nächsten Ausgaben durch einen Experten folgen.
Grundsätzlich: In der spanischen Verfassung ist das Recht auf Privateigentum in Artikel 33 geregelt und die Unversehrtheit des eigenen Heims in Artikel 18. Gleichzeitig erklärt es, dass jeder das Recht auf eine würdige Wohnung hat. Demnach werden vor allem jene Immobilien von den sog. „Okupas“ ins Visir genommen, die offensichtlich seit längerem leerstehen.
Eine illegale Hausbesetzung ist höchst ärgerlich, für den Eigentümer sowie für die Nachbarn, denn Menschen, die diese Hürde überschreiten, zählen meistens nicht unbedingt zu den unbescholtenen Bürgern (so der Polizeichef). Rechtliche Schritte dagegen zu unternehmen sind komplex und erfordern viel Zeit, Geld und Nerven. Gemäß der renommierten Sicherheitsfirma Securitas Direct können sich die Kosten für ein Verfahren auf 1.000 bis 30.000 Euro belaufen und 2 Monate bis 2 Jahre andauern.
Eine Räumungsklage durchzusetzen ist u. a. auch deswegen schwierig, weil die Gerichte sehr langsam handeln und diesem Thema (in der jetzigen Regierungskonstellation) auf keine entsprechend hohe Priorität einräumen. Zudem muss für eine Anzeige der Name der BesetzerInnen bekannt sein, außer man ‚erwischt sie und ruft in diesem Augenblick die Polizei.“ Manche (verzweifelte) Eigentümer ziehen es sogar vor, einen Hausbesetzer „rauszukaufen“ und so ist das Freipressen von besetzten Häusern sogar zu einem florierenden Geschäftsmodell geworden(!)
Die Polizei apelliert an die Bevölkerung ...
ihr Vertrauen in die Exekutive zu setzen und mitzuarbeiten. Konkret gemeint ist, dass eine Hausbesetzung ein strafbares Delikt ist. Bei 80 Prozent der „Okupas“ handelt es sich laut Ángel González Gómez (Polizeiinspektor der Policía Nacional in Santa Cruz de Tenerife) um asoziale, nicht vulnerable Personen. Gemeint ist damit, dass es sich nicht um in einer Notlage befindliche Personengruppen handelt, sondern vielmehr meist um jene, die keinen Respekt vor dem Eigentum anderer und der Gesellschaft haben. Sie zapfen den Strom an, nutzen fremde Terrassen für private Partys oder handeln mit Drogen - so Gómez.
Hinsichtlich der Mitarbeit seitens der Bevölkerung ist gemeint, dass alles unternommen werden soll, um den Behörden Mittel in die Hand zu geben, um diesen kriminellen Handlungen Einhalt gebieten zu können.
Ergo: Betroffene EigentümerInnen sollen möglichst viele Beweismittel sammeln:
- Anzeige bei der Polizei tätigen
- Nachweis über das rechtmäßige Eigentum der Liegenschaft vorbereiten
- Evt. Beweise über Vandalismus oder andere illegale Handlungen durch die HausbesetzerInnen sammeln
- Fotos über entstandene Schäden machen
In den Kommissariaten sind die weiteren Schritte in solchen Fällen bekannt.
Wichtig: Die Exekutive kann nicht aktiv werden, solange keine Anzeige durch die Eigentümer vorliegt!
Es gibt zudem eine App „AlertCop“, wo in solchen Fällen Rotos etc. übermittelt werden können.
Tipps gegen illegale Hausbesetzungen (Okupas)
- Leerstehende Immobilien sollten „kaschiert“ werden, ergo: regelmäßig begangen und versorgt werden. Eventuell geben Sie einer Vertrauensperson den Schlüssel, damit diese regelmäßig die Postfächer leert und die Wohnung kontrolliert. Es gibt seriöse Anbieter solcher Dienstleistungen.
- Beauftragen Sie eine Sicherheitsfirma und klären Sie mit dieser das mögliche Vorgehen im Falle eines unbefugten Betretens bzw. einer geplanten Hausbesetzung ihrer Immobilie. Eine Sicherheitsfirma darf in Ihrer Abwesenheit die Immobilie betreten und ggfs. die Polizei einschalten! (Z. B. Securitas Direct, Trablisa). Damit kann schnellstmöglich agiert werden und die Polizei kann unmittelbar agieren, um die Hausbesetzer auf frischer Tat zu ertappen und das ‚Niederlassen‘ durch Okupas zu vermeiden (gemeint ist das Bewohnen).
- Vermeiden Sie ggfs. Schilder, wie z. B. „zu verkaufen“, die über Monate an der Immobilie angebracht stind. Das lockt die Okupas förmlich an!
- Installieren Sie Lichtschalter mit Zeitschaltuhren
- Sollte darüber hinaus illegal Strom angezapft worden sein, zeigen Sie dies beim Energieversorger an, denn die reagieren prompt auf ‚Stromklau‘;
- Installieren Sie eine Alarmanlage, die sie unverzüglich informiert, falls sich jemand unberechtigt Zugang zu Ihrem Eigentum verschafft
- Sind Sie in solchen Fällen versichert? Klären Sie das mit Ihrer Versicherung.
- Sollten Sie „Okupas“ auf frischer Tat beim Einzug ertappen, dann rufen Sie unverzüglich die Polizei.
- Sollte das Eigentum bereits länger besetzt worden sein, dann erstatten Sie sofort eine Anzeige und kontaktieren Sie einen Anwalt, da es sich um ein höchst komplexes Thema handelt. Er wird Sie im Detail beraten, um evt. einen Strafantrag zu formulieren. Dieser könnte um Diebstahl von Wasser und Strom erweitert werden, deren Verbrauch ansonsten Ihnen, dem Eigentümer, in Rechnung gestellt wird.
- Eventuell ist eine „Ablöse“ von den Besetzern die letzte Möglichkeit;
- Sie sollten die illegalen Hausbesetzer jedoch keinesfalls bedrohen oder gar handgreiflich werden, denn dann droht Ihnen eine Anzeige! Sie dürfen auch nicht den Strom oder das Wasser abstellen!
Viva Tipp: In unserem Rechtstipp Nr. 127 vom 1.9.2018 ist die rechtliche Situation von illegalen Hausbesetzungen samt Strafen umfassend beschrieben.