Ausgabe Nr.
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J M upload 07.06.2013, Viva Edition 37 | Print article

Das Kolumbushaus - das meistbesuchte Museum der Kanaren

Wahrscheinlich eines der schönsten Gebäude von Las Palmas ist das Kolumbushaus hinter der Kathedrale Santa Ana. Sicher ist jedoch, dass es das mit Abstand meist besuchte Kulturzentrum der Kanaren ist. Jährlich kommen um die 200.000 Einheimische wie Touristen in die „Casa de Colón“. Uns erwartet die Schulungsverantwortliche Jennifer Godoy, die uns mit interessanten Hintergrundinformationen versorgen wird. Nachdem das Museum in den Vormittagsstunden täglich von zwei bis drei Schulklassen belagert wird, ist wer gemütlich in Ruhe durch die fünfzehn Ausstellungsräume schlendern will, mit einem nachmittäglichen Besuch gut beraten. Architektonisches potpourrie der stile

Das architektonisch interessante Gebäude ist ein gelungenes Mischwerk, das in seiner heutigen Form erst in den 1950ern erbaut wurde. Nurmehr ein kleiner Rest des ursprünglichen Gouverneurspalasts, der an diesem Platz die Spanische Krone repräsentierte, ist übrig geblieben. Es ist das Portal an der Straßenseite Calle Colón. An dieser Seite der Fassade weist eine Plakette auf den großen österreichisch-spanischen Tenor Alfredo Kraus hin, der hier geboren wurde. Ansonsten wurden die umliegende teils historischen Gebäude in diesen Bau integriert.

Gleiches gilt für die Exponate, die aus allen Teilen der Kanaren zusammengetragen wurden. Es handelt sich um Originale sowie Imitationen und Rekonstruktionen. Auch im Inneren verschmelzen Alt und Neu sowie die unterschiedlichen Baustile, was dieses Gebäude so interessant macht. In einem der beiden Innenhöfe, dem Patio del Pozo, befindet sich der originale Brunnen des einstigen Gouverneurs im gotischen Stil. An drei Seiten umgeben ihn Rundbögen aus grauem Stein, die von einem Dominikanerkloster aus dem 16. Jhdt. stammen, der einem Piratenangriff zum Opfer gefallen ist. Die Arkade ist im Renaissancestil und von einer kunstvollen Holzbalustrade umgeben. Überhaupt lohnt sich dann und wann ein Blick hoch wie z. B. im Gran Canaria Saal mit den beeindruckenden Kassettendecken.

Im Patio befinden sich einige historische Kanonen aus dem 16. Jhdt., die früher an den Befestigungsanlagen der Stadt Las Palmas für die Sicherheit gegen Piratenangriffe sorgen sollten. Nicht selten nützt das Papageien-Pärchen, das Weibchen Yaiza und der freche Chicha, die historischen Kanonen als gemütliche Sitzgelegenheit. Trotz des Troubels, der hier manchmal herrscht, sind die Beiden nicht aus der Ruhe zu bringen.

Die Entdeckungsreisen von Christoph Kolumbus

Gleich im Erdgeschoss kommen wir zum Kernthema des Museums, den vier Erkundungsfahrten von Christoph Kolumbus in der Zeit von 1492 bis 1504. Bei drei seiner vier Reisen machte er Halt auf Gran Canaria und bei seiner letzten im Jahr 1502 sogar in Maspalomas. Im Süden zeugt eine nach Westen zeigende Kolumbus Statue davon.

Am 2. August 1492 begab sich der Seefahrer mit neunzig Mann Besatzung auf drei Schiffen auf seine erste Entdeckungsreise. La Santa María, La Niña und La Pinta. Bei letzterer musste das Ruder repariert werden und bei La Niña die Takelage. Beides wurde auf Gran Canaria durchgeführt, was den Grund für den ersten Halt auf den Kanaren erklärte. Gut einen Monat später startete die Fahrt endgültig von La Gomera aus. Kolumbus soll in der nahe gelegten Kapelle San Antonio Abad gebetet haben, wo heute eine Gedenktafel mit den Jahreszahlen der Entdeckungsfahrten an den Seefahrer erinnern soll.

Replika der Schiffskajüte und Schiffsmodelle

Alle drei Schiffe sind als wunderbare detailgetreue Modelle zu sehen. Ein Nachbau der Admiralskajüte von La Niña in Originalgröße soll einen Einblick in das damalige Schiffsleben bieten. Die damals bekannte Welt dokumentieren teils historische Karten. Katalanen, Mallorquiner, Genuesen und Portugiesen galten als Pioniere in der Kunst, Navigationskarten zu erstellen. Größere Kenntnisse über bis dahin wenig bekannte Gebiete erleichterten die Entdeckung bzw. Eroberung neuer Länder. Eine Reproduktion des ersten Globus aus dem Jahr 1492 stellt die Erde noch ohne Amerika dar (Foto 3, Anm.: Das Original befindet sich im Germanischen Museum Nürnberg).

Navigation anno dazumals

Wichtig für die Orientierung der Seeleute waren klarerweise Navigationsinstrumente, denn GPS gab es bekanntlich nicht. Im 13. Jhdt. hat sich die Verwendung von sogenannten Magnetsteinen (Kompasse) durchgesetzt sowie der einfach zu bedienende Jakobsstab bzw. auch Kreuzstab genannt.

Eine andere Methode war mittels Astrolabium. Es war arabischer Herkunft und keine neue Erfindung, doch wurde es von den Portugiesen und Kastiliern verbessert. Es diente zur Orientierung mithilfe der Sterne. Im Kolumbushaus befindet sich ein original scheibenförmiges Astrolabium aus Bronze (Foto 3, ca. 1520). Das 22 Zentimeter große Navigationsgerät gilt aufgrund seiner atypischen Form im Vergleich zu anderen bekannten Exemplaren als einzigartig.

Im ersten Stock sind Gemälde aus der Zeit vom 16. bis zum 20. Jhdt. ausgestellt, die in Themenbereiche gegliedert sind. Viele flämische Kunstwerke zeugen von der einst engen Handelsbeziehung dieser Länder. Neben dem festen Ausstellungsfundus sind regelmäßig Exponate vom Prado-Museum als Leihgabe temporär zu sehen.

Wie die heutige Hauptstadt Las Palmas anno 1487 ausgesehen haben mag, zeigt ein zwei Meter großes Modell - wenig Häuser, viele Palmen, ein Fluss. Ausgestellt ist auch ein Modell der ersten Befestigungsanlage, dem Castillo de la Luz, das vor Piratenangriffen schützen sollte.

Andere Kulturen in der Krypta

Über Steinstufen ist die Krypta (Foto 04) im Untergeschoss zu erreichen. Hier unten soll sich irgendwo eine Geheimverbindung zur nahe gelegenen Kathedrale Santa Ana befunden haben, die einst dem Gouverneur eine schnelle Flucht ermöglichte, falls Piraten einfielen. Am Boden befindet sich eine Originalplatte aus einer Kirche in Gáldar. Der ganze unterirdische Bereich ist den Kulturen präkolumbianischer Völker gewidmet wie z. B. den mexikanischen Mayas, Azteken, Zapoteken oder der Bevölkerung Amazoniens. Die Sammlung besteht wieder aus Originalen sowie Imitationen und umfasst Kunst- und Gebrauchsgegenstände (Amulette, Pfeiffen, Schmuck, Figuren etc.)

Interessant sind die Stempel, die sogenannten „Pintaderas“, die mit ähnlichen Motiven auch im Archäologiepark von Gáldar zu sehen sind.

Zentrum für Amerikastudien

Viele Siedler in der neuen Welt stammten von den Kanarischen Inseln ab und noch heute zeugen so manche Städtenamen in Amerika von Ursprung dieser. Ein anderes „Exportgut“ ist die Stadtplanung, die in dieser Weise als Muster in allen lateinamerikanischen von den Konquistadoren erbauten Städten nachgebaut wurde. Eine Kirche, ein Platz davor, der von alle wesentlichen öffentlichen Gebäuden wie z. B. dem Rathaus umgeben ist. 

Im rechten Trakt in einem für gewöhnlich für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich wird hinter den Kulissen gearbeitet, sowohl administrative Agenden, aber auch wissenschaftliche Austauschprojekte.

Für besondere Empfänge oder Pressekonferenzen werden manchmal die sonst nicht benützten historischen Räume verwendet. Unsere Führerin an diesem Tag, Jennifer Godoy, ist beispielsweise für die Schulungskonzepte verantwortlich und erarbeitet regelmäßig neue Inhalte für Schulklassen, je nach Alter. Die Schüler vertiefen ihr Geschichtsverständnis und manchmal gleichzeitig noch die Sprachkenntis, wenn die Tests z. B. auf Englisch sind.

Archiv & Bibliothek

Amerikastudien werden nach wie vor betrieben. So kommen regelmäßig Forscher aus aller Welt, um hier Einblick ins Archiv zu nehmen. Der Wissenstransfer mit anderen Universitäten und Museen ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit hinter den Kulissen der Casa de Colón. Alle zwei Jahre tagt auch ein internationaler Kongress. Darüber hinaus gibt es eine Bibliothek, die öffentlich zugänglich ist. Häufig sind recherchierende Studenten anzutreffen. In letzter Zeit kommen vermehrt Senioren, die wissbegierig und interessiert sind. Aus diesem Grund wurden jüngst Kurse zum Thema Katalogisierung des Archivs angeboten, damit sich die Menschen noch besser zurechtfinden können.

Regelmäßig wird die Casa de Colón Kulisse für kurze Theaterstücke. Darin stellen Schauspieler verschiedene geschichtsträchtige Szenen rund um die Reisen von Christoph Kolumbus dar.

KONTAKT

Kolumbushaus „Casa de Colón“ in der c/Colón 1 (hinter der Kathedrale Santa Ana), Las Palmas de Gran Canaria. 
Öffnungszeiten: Mo. bis Sa. von 10.00 bis 18.00 Uhr, So. bis 15.00 Uhr. Eintritt: 4 Euro (Rabatte für Kinder, Senioren und Gruppen).
www.casadecolon.com