Am 28. Mai 2023 fanden in Spanien die Kommunalwahlen statt, die zu deutlichen Einbußen für die regierende sozialistische Partei unter Ministerpräsident Pedro Sánchez führten und auch einen starken Rechtsruck auswiesen. Daher hat Ministerpräsident Pedro Sánchez für den 23. Juli 2023 bereits vorgezogene Nationalratswahlen ausgerufen.
Spaniens Politik: Ein Überblick
Das spanische Parlament besteht aus dem Abgeordnetenhaus (Congreso) und dem Senat (Senado). Die insgesamt 350 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt und repräsentieren ihre Provinzen wobei die Anzahl sich nach der Einwohnerzahl richtet. Die Parlamente der Regionen ernennen ebenfalls die 58 Senatoren in der Zentralregierung in Madrid.
Die Autonomieregion der Kanaren verfügt über ein Parlament mit 70 Abgeordnetensitzen (Diputados/as) seit 2019, anstelle von bisher 60. Diese werden von zwei Listen eruiert und zwar der Inselliste (Circunscripción insular), wo jeweils 15 Sitze aus den bevölkerungsreichen Inseln Gran Canaria und Teneriffa stammen, je 8 aus Lanzarote, Fuerteventura und La Palma, 4 aus La Gomera und 3 aus El Hierro. Das ergibt 61 in Summe.
Die restlichen neun der insgesamt 70 Abgeordneten werden von den Wählern von einer Regionalliste (Circunscripción regional) direkt gewählt, die für die gesamte Region gilt. Jede Insel hat zudem eine Inselregierung (Cabildo Insular) und in den Gemeinden werden die Gemeinde- bzw. Stadträte gewählt (Concejales).
Die detaillierten offiziellen Wahlergebnisse der Kanarenregierung finden sich hier: resultadoscanarias2023.infoelecciones.com
Übersicht Kommunalwahlergebnisse Kanaren
Sieben Parteien werden in dieser nächsten Legislaturperiode im Parlament der Autonomieregion der Kanarischen Inseln vertreten sein. Es handelt sich um die elfte seit der Verabschiedung des Autonomiestatus nach den ersten freien Parlamentswahlen. Die Sozialdemokraten sind die stimmstärkste Partei und konnte sich in Summe 23 Sitze sichern, also ein kleiner Gegentrend im Vergleich zum landesweiten Ergebnis.
Die CC ist die zweitstärkste Partei mit 19 Sitzen und die PP holte mächtig auf und ist mit 15 Sitzen nun drittstärkste Partei. NC-BC blieb unverändert, ebenso wie die ASG (auf La Gomera). Neu ist die AHI auf El Hierro und die rechte VOX, die von null auf vier Stimmen gestiegen ist.
Auffällig, im europäischen Vergleich ist, dass es keine einzige ‚grüne Partei‘, wie z. B. „Reunir Canarias Sostenible“ geschafft hat, genügend Stimmen für das kanarische Parlament zu erreichen. Allerdings hat die Regionalregierung in der letzten Legislaturperiode stark auf das Thema Nachhaltigkeit sowie Energie- und Ökologietransformation gesetzt (Strategiepapier Agenda Canaria 2030), womit Umweltschutz einen extrem hohen Stellenwert eingenommen hat und im Einklang mit der Wirtschaft adressiert wurde.
Der Kampf gegen den Klimawandel soll laut Ángel Víctor Torres auch in Zukunft eine wichtige Initiative bleiben bzw. im Gleichgewicht auf allen Inseln forciert werden. Das Potential als Leader in erneuerbaren Energieträgern ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Parteien Kanaren ...
• PSOE (Partido Socialista Obrero Español)
Obwohl zwei Sitze eingebüßt wurden sind die Sozialdemokraten mit 23 Sitzen nach wie vor die stärkste Partei auf den Kanarischen Inseln. Das ist nicht zuletzt der Beliebtheit des bisherigen sozialistischen und skandalfreien Kanarenpräsidenten Ángel Víctor Torres geschuldet, der nicht nur während der Pandemie und deren wirtschaftlichen Auswirkungen, sondern auch bei der Eruption auf der Insel La Palma mit exzellentem Krisenmanagement überzeugen konnte.
• CC (Coalición Canaria) bzw. „Folgepartei“ CCA
Die Coalición Canaria ist eine 1993 von Nationalisten, Konservativen und Exkommunisten hervorgegangene Partei, die angesiedelt und stärker in der Provinz Teneriffa vertreten ist, während es Nueva Canarias fast nur in der Provinz Las Palmas gab bzw. ihren Sitz verloren hat. Ihre „Nachfolgerpartei ist die CCA, die für die nächste Legislaturperiode 19 Sitze sichern konnte und somit als die zweitstärkste Partei im Parlament vertreten ist.
• PP (Partido Popular)
Die konservative, christlich geprägte Partido Popular entspricht am ehesten der deutschen CDU, die mit fünf zusätzlichen Sitzen zu den großen Gewinnern der Wahlen 2023 zählt. Sie verteidigt entschlossen den Staat gegen separatistische Strömungen, was vielen Spaniern gefällt und zudem steht die Wirtschaft im Fokus.
• NC-BC (Nueva Canarias)
Nueva Canarias ist eine 2005 gegründete Splittergruppe der Coalición Canaria, allerdings mit einer kanarisch-nationalistischen Positionierung. Auch sie konnten deutlich zunehmen und sind nach den Wahlen 2023 die viertstärkste Partei im Parlament mit 5 Sitzen.
• VOX
Landesweit ist ein Rechtsruck festzustellen, nicht zuletzt aufgrund der Migrationswellen vom afrikanischen Kontinent während der letzten Jahre und erstmals ist nun auch auf dem Archipel die rechtsextreme VOX vertreten und hat vier Sitze erkämpft.
• ASG
Diese linksgerichteten Sozialisten Agrupación Socialista Gomera wurden auf La Gomera gegründet und erhielten so viele Stimmen, dass sie auch mit drei Sitzen im Kanarenparlament vertreten sind.
• AHI
Die Partei Agrupación Herreña Independiente ist eine nationalistische Inselpartei von El Hierro und seit ihrer Gründung im Jahr 1979 durchgehend an der Spitze der Inselregierung. Im Parlament sind sie nach der neuen Wahl 2023 mit einem Sitz vertreten.
Neues für Gemeinden
Die Sozialdemokraten (PSOE) konnten aus Gesamtsicht der Autonomieregion die meisten Stimmen für sich gewinnen, was sicherlich dem beliebten Kanarenpräsidenten Ángel Víctor Torres Pérez zu verdanken war (siehe Foto o.). Allerdings konnte er mit keiner anderen Partei eine Koalition eingehen, um die erforderliche Mehrheit im Parlament zu erreichen und so kommt es, dass die nächste Legislaturperiode einen neuen Präsidenten bekommt. Es handelt sich um Fernando Clavijo (Coalición Canaria) und der Vizepräsident ist Manuel Domínguez (Partido Popular).
Augusto Hidalgo von NC wird Inselpräsident von Gran Canaria.
Las Palmas de G. C.: In der Hauptstadt konnten die Sozialdemokraten mit über 32 Prozent das beste Ergebnis einfahren. Sozialdemokratin Carolina Darias wird Bürgermeisterin von Las Palmas de Gran Canaria, ein Amt, das erst zum zweiten Mal von einer Frau inne gehalten wird.
San Bartolomé de Tirajana: In der Tourismusgemeinde verteilte sich das Ergebnis Wahlen mit jeweils knapp 25 Prozent auf die Sozialdemokraten (PSOE) und die Volkspartei (PP-AV Partido Popular-Agrupación de Vecinos). Marco Aurelio Pérez Sánchez übernimmt zum fünften Mal das Bürgermeisteramt und hat sich „Arbeit als Medizin“ zum Motto gesetzt. Die PP-AV sowie die CCA haben jeweils sieben Sitze im Rathaus.
Mogán: Bürgermeisterin Onalia Bueno, Bürgermeisterin der zweitwichtigsten Tourismusdestination auf Gran Canaria (siehe Foto oben), darf sich auf ihre dritte Amtszeit freuen und konnte ein sensationelles Ergebnis mit der von ihr gegründeten Partei „Juntos por Mogán“ (CCA) mit 62,7 Prozent der Stimmen erreichen, das höchste Ergebnis einer Gemeinde auf Gran Canaria. U. a. hat sie die meisten öffentlichen Bauvorhaben auf dem Archipel realisiert. jm
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1)Viva Canarias Nr. 149 vom 27.2.2019 Onalia Bueno - Bürgermeisterin von Mogán und ihre Zukunftsstrategien