Néstor Martín Fernandez de la Torre (1887 - 1938) außergewöhnliches malerisches Talent war unumstritten. Seine Technik ist dem Jugendstil bzw. Symbolismus zuzurdnen und zeig auf eindrucksvolle Weise und mit großer Detailliebe seinen Tiefgang und sein Können. Er sorgte mit seinen Gemälden schon damals in den großen Kunstmetropolen für Furore und noch heute lassen seine Kunstwerke viele Fragen offen. Nichts ist zufällig platziert, kein Symbol, keine Blume, keine Schlange etc. Sie liefern geistigen Stoff für viele Interpretationen.
Néstor zählte auch zu den Vorreitern der homoerotisch gefärbten Sinnlichkeit in der Malerei. Seine Figuren sind oft nicht eindeutig zuzuordnen. Mal sind sie androgyn, mal gemischt und manchmal erwecken diese den Anschein gleichgeschlechtlicher Liebe, das für die damalige Zeit wohl als revolutionär verstanden werden muss. Bei all meinen Recherchen konnte ich keinen Hinweis finden, ob eine Frau eine Rolle in seinem Leben gespielt hat. So drängt sich der Gedanke auf, dass seine Gesinnung auch eher gleichgeschlechtlicher Natur war und er dieses in seinen Werken ausdrückte.
Bereichert durch seine Reisen und Auslandsaufenthalte hat das Multita-lent mit seinen visionären Ansichten und seinem künstlerischen Schaffen ein großes kulturelles Erbe hinterlassen. Néstor entwarf auch, nicht weniger erfolgreich, Bühnenbildner und (Opern-)Kostüme und in seinem späteren Leben schrieb er philosophische Exkurse über seine Heimat.
Wie alles begann
Der am 7. Februar 1887 in Las Palmas geborene Maler entstammt einer Künstlerfamilie. Sein Talent und seine Kreativität zeigten sich sehr früh. So begann er mit zehn Jahren seinen ersten Malunterricht beim angesehenen Nicolás Massieu zu nehmen. Als er fünfzehn war zog er nach Madrid, wo er bei Rafael Hidalgo de Caviedes studierte. Schon da veröffentlichte er seine ersten Werke im Prado Museum. Wissbegierig und weltoffen zog es ihn zwei Jahre danach nach London, um von den sogenannten „Pre-Rafaelis“ und den Symbolisten zu lernen wie z. B. Leconte de Lisle, Prudhomme etc.
Die Meilensteine: Jedes Jahr ein Highlight
Mit 18 Jahren war 1905 Paris seine nächste Station und ab da reiht sich ein Meilenstein an den anderen im Leben des Künstlers. Mit zwanzig, im Jahr 1907, eröffnete Néstor sein erstes eigenes Atelier in Barcelona und zeigte seine „La Dama Blanca“ im Rahmen einer Sammelausstellung erstmals der Öffentlichkeit.
Ein Jahr später wagte Néstor seine erste Einzelausstellung, die zu einem großen Erfolg wurde. So war es nur allzu verständlich, dass gerade er im Jahr 1910 mit seinem Werk „Epitalamino“ Spanien bei der Internationalen Ausstellung in Brüssel vertreten hat. Im darauf folgenden Jahr erhielt er seine erste Auszeichnung und zwar in London. 1912 wurde er zum Mitglied der Schönen Künste (Union International des Beaux Arts et des Lettres) in Paris ernannt. Zeitgleich waren seine Werke in Madrid ausgestellt sowie in der Grafton Gallery in London.
1915 gestaltete er sein erstes Bühnenbild sowie die Kostüme für ‘Falla’ des Teatro Lara de Madrid. 1918 waren Nestors Werke im Kunstsaal Witcomb in Buenos Aires ausgestellt.
Im elitären Künstlerkreis anno dazumal
Als er 36 war folgte ein weiterer wichtiger Meilenstein. Er freundete sich mit anderen Künstlergrößen der damaligen Zeit an wie z. B. Salvador Dalí, Federico García Lorca, Benjamin Palencia oder José Caballero. Das Jahr darauf (1924) triumphierte er mit seiner nächsten Ausstellung im Palacio de la Biblioteca y Museos Nacionales in Madrid, wo er seinen Bilderzyklus „Poema del Atlántico“ präsentierte. In diesem Jahr nahm er auch an der 14. internatio-nalen Ausstellung in Venedig teil sowie an der 23. Ausgabe des Internacional de Carnegie Institut in Pittsburg (USA).
1927, also mit vierzig Jahren, kreierte er wieder ein Bühnenbild und die Kostüme und zwar für Antonio Mercé an der Volksoper Hamburg.
Néstors Heimatliebe wuchs mit dem Alter
Je älter Néstor wurde, desto größer wurde seine Liebe zur Heimat und so traf es sich gut, dass gerade sein Bruder, der angesehene Architekt Miguel Martín Fernández de la Torre, mit der Neugestaltung des ehrwürdigen Teatro Pérez Galdós beauftragt wurde. Das Stadttheater war nach einem verheerenden Brand bis auf die Grundmauern zerstört worden.
Heute ist das emblematische Teatro Pérez Galdós eines der schönsten und prachtvollsten Bauwerke in Las Palmas de Gran Canaria. Im Inneren beeindruckt es mit seinem Jugendstil Charakter und seinen edlen Materialien. Viele Accessoires und Kunstwerke wurden eigens aus Großbritannien importiert, wie z. B. die Jugendstil-Beleuchtung, Messingbeschläge, Lampen, Tapeten etc.
Néstors Heimatliebe manifestierte sich augenscheinlich in der Wahl seiner Motive, den Farben sowie der Maltechnik. Kanarische landwirtschaftliche Produkte sind prominent vertreten. Die Deckengewölbe zieren heterogene Figuren, weder Frau noch Mann. Dabei handelt es sich keinesfalls, wie vermeintlich vermutet, um Fresken. Die Motive wurden auf großen Leinwänden am Boden gemalt und anschließend auf die Wände geklebt.
Der Multikünstler kreierte zudem viele weitere innenarchitektonische Details, wie z. B. die bunten Glasfenster, den Bühnenvorhang (ist allerdings nicht mehr im Einsatz) und die Handläufe der weitläufigen Holzgeländer.
Das Theater wurde im Jahr 1928 mit einer Verdi Oper wiedereröffnet und die beiden Brüder sorgten mit ihrer Umsetzung für einen wahrlich würdigen Rahmen. Noch in diesem Jahr 1928 sollte Néstor mit der Niederschrift seiner Visionen zu Gran Canaria begonnen haben, die später unter dem Titel „Poema de la Tierra“ bekannt wurden.
Cosmopolit mit vielen Talenten
Als Bühnenbildner und Kostümdesigner betätigte er sich wieder im darauf folgenden Jahr 1929 für die Oper Salomé sowie 1931 für Mozarts Oper Don Giovanni. Weitere Ausstellungen in Buenos Aires und Paris folgten. Im Jahr 1932 entwarf Néstor den Festsaal des Kasinos in Santa Cruz de Tenerife. Zwei Jahre später, 1934, zog der Künst-ler mit 47 Jahren von Paris wieder endgültig in seine Heimatstadt Las Palmas de Gran Canaria. Er entwarf u. a. die Trazas im Cruz de Tejeda sowie im Pueblo Canario, wie schon zuvor erwähnt.
Visionär: Im selben Jahr 1937 schrieb er sein visionäres Manifest über den Tourismus mit dem Titel „Habla Néstor“. Seiner Zeit deswegen voraus, da es zu diesem Zeitpunkt auf den Kanaren noch gar keinen Tourismus gab. Es war ihm ein Herzensanliegen einen Ort zu schaffen, der die kanarische Kultur zeigen sollte (das sollte später mit der Realisierung des Pueblo Canario nach Plänen seines Bruders umgesetzt werden, das am 18. Juli 1956 eröffnet wurde).
Am 6. Februar 1938, einen Tag vor seinem 51. Geburtstag und nur kurze Zeit nach dem Tod seiner Mutter Josefa, verstarb Néstor in seiner Heimatstadt Las Palmas de Gran Canaria.
Update 1.12.2018:
Das Museum wird derzeit umgebaut und soll bis Ende 2018 wieder eröffnet werden.
Museo Néstor Martín im Pueblo Canario, Parque Doramas s/n
35005 Las Palmas
(Einfahrt Las Palmas und danach die Abfahrt Juan Carlos XXIII wählen und den Hinweisschildern folgen).
Öffnungszeiten: Di. - Sa. von 10.00 bis 20.00 Uhr, So. und feiertags von 10.30 bis 14.30 Uhr, montags geschlossen. Eintritt: 50 Cent (Kinder, Rentner, Studenten: Gratis).
PUEBLO CANARIO: Erst Anfang Februar wurden die neun Monate andauernden Renovierungen des Pueblo Canario abgeschlossen. Neben der neuen Klimatisierung im Museum Nestor wurden ein Großteil der Arbeiten in der kleinen Kirche „Ermita de Pueblo Canario“ durchgeführt. Mit steigender Beliebtheit werden hier Hochzeiten gefeiert. Alleine im August des Vorjahres waren es vierzig an der Zahl. Die Trauungen finden meist freitags (12.00 bis 14.00 Uhr oder 18.00 bis 20.00 Uhr) bzw. jeden ersten und dritten Samstag im Monat (18.30 bis 20.00 Uhr statt). Auch ein Tourismusinformationsbüro ist hier untergebracht.