Ausgabe Nr.
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J M upload 21.11.2014, Viva Edition 66 | Print article

Hans Ueli Heiniger über die Kunst "weg zu lassen"

Für viele ist Gran Canaria eine beliebte Urlaubsdestination und für andere ist es wiederum ein beliebter Spot, um dem kalten Winter zu entfliehen. Doch so manche haben sich diese facettenreiche Insel erkoren, um ihren wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Unter ihnen befinden sich einige interessante Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und nicht zuletzt, der Kunst. Einer von ihnen ist der Schweizer Hans Ueli Heininger, der seit elf Jahren seinen Lebensmittelpunkt hierher verlagert hat und nunmehr seiner Leidenschaft des Malens nachgeht. Wir begeben uns nach Los Caideros, wo oberhalb des noblen Anfi der bescheidene und gleichermaßen herzliche Ulysse, wie der Künstler hinlänglich bekannt ist, sein Domizil hat. Im Montecristo läuft im Dezember eine Sonderausstellung mit seinen Werken, was ein guter Grund ist, den Menschen dahinter kennenlernen zu wollen.

Mit strahlendem Lächeln und noch mehr leuchtenden kristallblauen Augen öffnet uns ein braungebrannter neidvoll entspannter Gastgeber in strahlend weißer Leinenbekleidung die Tür. Neid ist zugegebenermaßen keine Tugend, aber beim Anblick des spektakulären Ausblicks von der Terrasse seines Domizils durchaus menschlich.

ORIENTALISCHES FLAIR

Das Multitalent liebt den Orient und das ist in so manchen Details in seinem Haus ersichtlich, wie z. B. den Lampen, dem Mosaik der Aussendusche, die er selbst gestaltete und natürlich dem Tee, den er aus einem entsprechenden marokkanischen Kännchen offeriert. Der Stilmix aus neu und alt vervollständigt seinen grenzenlosen geistigen Horizont.

Das künstlerische Talent wurde dem Sandwich-Kind in die Wiege gelegt und zwar das Tanzen, Malen und Singen. Ulysse wurde 1942 in Luzern geboren und so wie seinem viel zu früh verstorbenem Vater (1954) war ihm das Malen in die Wiege gelegt worden.

FLUCHT INS ATELIER

Die Entscheidung, welche Ausbildung man in seinem Leben macht, lag früher nicht bei den Kindern und daher lernte Ulysse etwas Solides, obwohl er eigentlich die Grafikerschule besuchen wollte. Immerhin richtete sich der Künstler schon in seiner Schulzeit ein eigenes Atelier ein wo er erste abstrakte Portraits und Karikaturen kreierte. „Ich war Einzelgänger und mein Atelier war meine Rettung“ sinniert er heute über die damalige Zeit.

Im Anschluss studierte Ulysse Psychologie und war viele Jahre als Kindertherapeut und Heilpädagoge tätig. Immerhin hatte dies den Vorteil, dass er im Laufe seiner beruflichen Laufbahn entsprechend verdiente und wir alle wissen: Erfolg macht frei, das zu tun was man will. Seine Biografie liest sich wie ein fesselndes Buch. Auch wenn er den sicheren Weg gewählt hat, ging er mit großer Leidenschaft seinen künstlerischen Ambitionen nach.

DER WELTENBUMMLER

Sein erster Job war als Privatlehrer ein Mädchen einer gut betuchten Familie auf Korsika zu unterrichten. Er spielte Gitarre mit den Romas. Mit Ende zwanzig zieht es ihn nach Indien und Nordafrika und es entstehen Foto- und Dia-Dokumentationen. Ein Jahr darauf landet Ulysse in einer südfranzösischen Hippie-Kommune, wo er extravagante Kleidung für eine Pariser Boutique schneidert.

Als Mitglied des Gospelchors Gester Gil-Singers trat Ulysse von 1972 bis 1990 in Basel und Zürich auf. In dieser Zeit trat er sporadisch auch mit der Gauklergruppe „Los Gorgonzolas“ seines Schwagers Wini Sauter auf. Er belegt unzählige Tanzkurse wie z. B. Jazz-Ballett, Modern Dance, Flamenco, Stepptanz und Pantomime.

Von 1983 bis 2003 besucht Ulysse offene Klassen an der Hochschule für Gestaltung für künstlerisch Talentierte in Basel im Akt- und Portrait-Zeichnen, Modellieren nach Aktmodellen und Gießtechniken.

LEBEN AN DER SONNE: GRAN CANARIA

Vor 21 Jahren erwarb er das Haus auf Gran Canaria und investierte zehn Jahre in den Aus- und Umbau, bis es seine heutige Form angenommen hat. Im Jahr 2004 ist Ulysse nun endgültig nach Gran Canaria gezogen. Er kann sich nicht mehr vorstellen die schöne Insel zu verlassen, wo so viele Nationen friedlich miteinander koexistieren können. Er möchte, dass seine Asche einmal über das Meer verstreut wird.

„Je älter man wird, desto mehr schrumpft die eigene Familie. Es lebt nur noch seine ältere Schwester und ein Cousin. Man schätzt den Wert von Familie und Freunden viel höher ein. In mein Refugium lade ich gerne meine Liebsten ein, um gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen.“

Kunst ist es weg zu lassen

Wir gehen ein Stockwerk höher wo sich sein Atelier befindet - ein Bilderbuchatelier. Ulysse sieht meinen sehnsüchtigen sowie interessierten Blick auf die vielen Skizzen. Er meint daraufhin bescheiden: „Es ist ganz gut, wenn man zwischendurch mit dem Blick in die Ferne schweifen kann. Wie man sieht versuche ich auf das Wesentliche zu minimieren. Für mich ist es Kunst, wegzulassen.“

Auch bei der Kunst lässt sich Ulysse nicht festmachen. Er wechselt zwischen Zeichnungen und Bildhauerei ab. Seine Skulptur, eine enorme Waage mit Paaren im Gleichgewicht auf den Waagschalen stand 1995 vor dem Bundeshaus in Bern zum Anlass der Unterschriften-Übergabe der Petition „Gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare“.

Seine erste Ausstellung von Skulpturen und Zeichnungen auf Gran Canaria war im Jahr 2006 in der Casa Condal Maspalomas. Seitdem sind seine zunehmend homoerotischen Werke in regelmäßigen Abständen zu sehen, so wie gegenwärtig im Anwesen Montecristo, die noch bis Ende Dezember läuft (siehe Anzeige auf Seite 9).

HAMLET - DER FILM

Wer rastet, der rostet“, das könnte sein Lebensmotto sein. Denn sein jüngstes zeitraubendes Projekt ist die Verfilmung von „Hamlet, der Prinz der nie König von Dänemark wurde“, eine Adaption des Shakespeare Dramas von Antonio García Cánovas. Sein Anspruch ist es, einen Film auf hohem Nivau und von cinematographischer Qualität zu machen - abermals ein Kunstwerk zu schaffen. Ulysse ist Co-Produzent und entsprechend (ein)gespannt. Der Dreh ist abgeschlossen, der Grobschnitt wurde eben fertig und die von Cornelius Buser komponierte Film-Musik ist unterwegs aus der Schweiz auf die Insel.

(Anm.: Wir waren Backstage bei den Filmaufnahmen zu und berichteten exklusiv in unserer Ausgabe Nr. 60)

Wir sind gespannt, welche weiteren Projekte sich Ulysse einfallen lässt.

KONTAKT: Hans Ueli Heiniger Alias „ULYSSE“
Los Caideros, Gran Canaria
Tel.: (+34) 606 623 015
Email: ulysse@gcx.es