La Aldea de San Nicolás, das Hauptstädtchen der gleichnamigen Gemeinde, liegt versteckt zwischen den Bergen im Westen der Insel und blieb erfreulicherweise von Infektionen weitgehend verschont. Nur zwölf Fälle wurden seit Ausbruch der Gesundheitskrise verzeichnet. Das Municipio hat zwar lediglich 7.500 Einwohner, doch flächenmäßig ist es die drittgrößte Gemeinde mit 130 Hektar Fläche. Hier dreht sich alles um die Landwirtschaft, wo Bananen, Orangen, Tomaten etc. angebaut werden.
Einst war diese Gegend von der indigenen Bevölkerung besiedelt und nach der Unterwerfung der Altkanarier war sie eine der letzten Bastionen im Sinne eines Reservats.
Ein beliebtes Volksfest leitet sich von einem alten Brauch der Altkanarier ab, die hier auf ungewöhnliche Weise fischten. In nahe am Meer liegende Pfützen fließt bei Flut Meerwasser, dass sich bei Ebbe zurückzieht und einige Fische zurücklässt. Die findigen Altkanarier betäubten diese mit einem Wolfsmilchgewächs und fischten sie mit bloßen Händen heraus. In Memoriam an diese Fischereimethode gibt es in der Gemeinde La Aldea de San Nicolás einen Wettbewerb - das beliebte und gut besuchte Megaspektakel Día del charco1), das (normalerweise) immer am 11. September über die Bühne geht.
Beschaulich versteckt
Durch die abgeschiedene Lage und umgeben von unwegsamen Gebirgsketten war es für die Bewohner mitunter schneller, mit dem Boot zur Nachbarinsel Teneriffa aufzubrechen, als sich auf den beschwerlichen Weg nach Mogán zu begeben. Die endlosen Serpentinen entlang der Steilküste sind heutzutage zwar gut ausgebaut und bieten herrliche Ausblicke, sollten aber nur von Menschen befahren werden, die schwindelfrei sind. Mit der Fertigstellung des ersten Teilstücks der geplanten Autobahn rund um die Insel im Jahr 2017 verbesserte sich die Erreichbarkeit, da knapp 200 Kurven „eliminiert“ wurden.
Neue Strategie: Starlight Destination
Ein klarer Blick in den Kosmos ist nur in wenigen Gegenden der Welt derart gut wie auf den Kanarischen Inseln, die sich daher als Destination für die Sternenbeobachtung und Astrophysik hervorragend eignen. Das Megateleskop auf La Palma feiert in diesem Jahr sein zwölfjähriges Jubiläum3) und die ‚Isla bonita‘ leistete mit ihren strengen „Lichtschutzauflagen“ (Ley de cielo) gegen die Lichtverschmutzung und störende Signale Pionierarbeit.
Astrotourismus etablierte sich als eine interessante Nische und richtet sich mit geführten Nachtwanderungen oder Besuchen des Observatoriums an den Qualitätstourismus der Individualreisenden. Die Tourismusvereinigung bescheinigte La Aldea de San Nicolás die gute ‚Himmelsqualität für Sternenbeobachtung“ als Starlight Destination. Angeblich soll die Lage im Westen die Beste dafür sein, um Planeten, Monde, Sonnensysteme und andere faszinierende Phänomene zu beobachten.
Neue Aussichtsplattformen für Sterngucker und Naturliebhaber
„Miradores astronómicos Astra La Aldea“
Mit drei neu errichteten Aussichtsplattformen, die Mitte März 2021 eröffnet wurden, forciert die Gemeinde nun auch diese Nische und sie sollen zudem als Touristenattraktionen das Angebot dieses „versteckten municipios“ bereichern.
- Mirador del Balcón
- Mirador La Cruz del Siglo
- Mirador La Sabinilla
Ein Besuch ist jedoch nicht nur in den Abend- und Nachtstunden attraktiv, denn die Ausblicke belohnen die Besucher zu jeder Tageszeit. Das Projekt mit dem klingenden Namen „Miradores astronómicos Astra La Aldea“ wurde von der Firma Obdulio González Quintana in einem Zeitraum von drei Monaten realisiert und mit Mitteln des Tourismusministeriums FDCAN 2019 subventioniert.
Mirador del Balcón liegt an der alten Küstenstraße GC-200 und bietet in luftiger Höhe einen einzigartigen Ausblick auf die zerklüftete Steilküste. im Westen der Insel (siehe Foto 01) Die moderne Aussichtsplattform wurde dabei ein wenig überhängend gebaut, um das Gefühl von Schwerelosigkeit noch zu unterstreichen und Bereiche mit eingelegten Glasböden ermöglichen einen Blick in die Tiefe.
Tipp: Wer sich auf den Weg zu dieser Aussichtsplattform gemacht hat, sollte die Gelegenheit ergreifen und noch einen Kilometer auf der als Sackgasse ausgewiesenen Straße weiterfahren. Dort haben Sie gleich noch eine Gelegenheit die Küstenstreifen in beide Richtungen zu goutieren. Nordwärts liegt Puerto de Agaete und bei klarem Wetter strahlt der Teide der benachbarten Insel Teneriffa uns majestätisch entgegen.
La Cruz del Siglo erreichen Sie vom Hauptstädtchen aus. Ein hauptsächlich landwirtschaftlich genutzter Weg schlängelt sich vorbei an den Anbauflächen hoch zum Mirador. Die Fahrbahn ist urig und weist mitunter einige Schlaglöchern auf, wodurch diese mit größter Aufmerksamkeit befahren werden sollte. Hier in der Zone von Las Tabladas auf 186 m über dem Meeresspiegel überblicken Sie das ganze Tal. Die lebendige Stadt La Aldea de San Nicolás präsentiert sich in all ihren Facetten. Dahinter erhebt sich der Montaña de Las Tabaibas und in östlicher Richtung blitzt ein Stückchen vom Meer. Die modern gestaltete Architektur der Plattform fügt sich dezent in die Umgebung ein. Gleich zwei Kreuze befinden sich hier, wobei eines davon in einer ungewöhnlich leichten Schieflage montiert ist. Informationstafeln zeigen auf, was es am Himmel in den Nachtstunden zu entdecken gibt.
La Sabinilla ist der dritte Aussichtspunkt, den wir an diesem Tag nicht mehr besuchen konnten und dies auf jeden Fall nachholen werden. Er liegt am Berghang Montaña del Viso an der Grenze zum integrierten Sondernaturschutzgebiet Inagua.
Das Rathaus hat für diesen mirador eine eigene Wanderroute beschrieben, die ungewöhnliche Perspektiven auf das Land bietet (siehe Foto).
Fazit: Ein Besuch der neuen Aussichtsplattformen von La Aldea de San Nicolás ist sehr zu empfehlen für Hobbyfotografen, Astronomie- und Naturbegeisterte und all jene, die bei ihren Ausflügen das Maximum an Highlights sammeln möchten und das abseits touristisch überlaufener Pfade.
El Roque - das Wahrzeichen
Ein stummer Zeuge der erodierenden Klippen ist das Naturdenkmal von La Aldea de San Nicolás mit dem bezeichnenden Namen El Roque. Dieser steil ins Meer abfallende Basalt soll etwa 14 Mio. Jahre alt sein und bietet einen beeindruckenden Anblick.
Die Landwirtschaft ist nach wie vor der wichtigste Wirtschaftszweig, doch setzt man vermehrt auf die Vermarktung als Tourismusdestination und punktet als ideales Ziel für Wander- und Naturfreunde mit spektakulären Routen. Fast das komplette Gemeindegebiet ist Biosphärenreservat und ebenfalls innerhalb des Red Natura 2000 eine Sondernaturschutzzone (ZEC Zonas Especiales de Conservación) sowie Vogelschutzgebiet (ZEPA Zona de Especial Protección para las Aves). Mehrere Wanderrouten mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden sind auf ihrer Webseite perfekt beschrieben zu finden. http://senderoslaaldea.com
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1)Viva Canarias Nr. 155 vom 30.8.2019 „Pfützenfest am Día del Charco“ im September
2)Viva Canarias Nr. 148 vom 31.1.2019 „Cactualdea - Europas größter Kaktusgarten
3)Viva Canarias Nr. 155 vom 30.8.2019 „10 Jahre Observatorium Roque de Los Muchachos auf La Palma, die Vision für die Zukunft“