Ein Muss bei einem Fuerteventura Aufenthalt ist ein Abstecher zur „Insel der Wölfe“, was der Name „Los Lobos“ ins Deutsche übersetzt bedeutet. Vielen unbekannt ist diese unbewohnte 4,5 Quadratkilometer kleine Insel, eine der letzten idyllischen Bastionen des Archpels. Asphaltierte Straßen sucht man hier vergebens, ebenso wie Restaurants oder gar Autos. Und ebenfalls blieb dieses Fleckchen bisher vom Massentourismus verschont. Dafür punktet die Insel mit ihrer pittoresken Erscheinung sowie der Flora und Fauna.
Getrennte Schwestern
Fuerteventura und Los Lobos waren einst, in der sogenannten Kaltzeit, vereint gewesen. Während die Hauptinsel zu den ältesten ´Vulkangeburten´zählt, ist Los Lobos vor etwa 350.000 Jahren durch eine Spalteneruption entstanden, für die der Vulkan Bayuco auf der Hauptinsel verantwortlich war. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels trennten sich die Inseln.
Wackelige Thesen über Römer und Purpur
Eine kleine Sensation ereignete sich im Jahr 2012 als Touristen zufällig historische Tonscherben im Sand fanden. Die Universität von La Laguna auf Teneriffa ordnete diese als antike Reste eines römischen Dorfes ein und eiligst begann man mit Ausgrabungen. Mauerreste, Metallfundstücke, Muschelschalen, Amphorenfragmente und unzählige Mollusken-Fragmente der Art „Thais haemastoma“ förderte man zutage. Letzteres sind Häuser einer Meeresschnecke, der sog. Purpurschnecke. Aus ihrer Drüse kann man den roten Farbstoff Purpur gewinnen und daher scheint es glaubwürdig, dass sich vom 1. bis zum 2. Jhdt. v. Chr. auf Los Lobos eine Purpur-Färbefabrik befand. Ein begehrtes Gut, da aufgrund des überaus aufwendigen Herstellungsprozesses die Farbe sehr wertvoll und sie lange Zeit nur dem Herrschergeschlecht vorbehalten war. Wissenschaftler spekulieren, dass die Kanarischen Inseln als Stützpunkte für einstige Handelsrouten dienten. Allerdings steht diese These auf wackeligen Beinen und ist wissenschaftlich noch mit keinen Studien bewiesen.
Auf jeden Fall gingen die Funde mit einer Wanderausstellung „Un taller romano de púrpura: Lobos 1“ auf Tournee. (siehe Buch: ISBN 978-84-88594-83-9, Mai 2017).
Bei dieser Gelegenheit erscheint uns ein wichtiger Hinweis sinnvoll. Der illegale Besitz und Handel von archäologischen Fundstücken ist verboten und wird streng geahndet. Wir erinnern uns an den Fall im Jahr 2017, bei dem die Polizei 1.800 Jahre alte Tonscherben in einer touristischen Anlage in Tías beschlagnahmte. Laut Gesetz zum Schutz des historischen Kulturerbes auf den Kanaren können solche Vergehen mit bis zu 600.000 Euro oder gar einer Gefängnisstrafe geahndet werden (Ley de Patrimonio Histórico de Canarias).
Von Fischern, Robben und Wölfen
Die Namenspatrone der Insel sind die Mönchsrobben, Lobos marinos, die von den Seefahrern als Seewölfe (span. Lobos) bezeichnet wurden. Einst gab es dort viele Robben, deren trauriges Ende mit der Entdeckung und Unterwerfung der Inseln begann. In einer historischen Weltkarte aus dem Jahr 1339 von Angelino Dulcert fand man den Eintrag „Vegi Mari“, eine Ableitung vom italienischen „Vecchi Marini“ - also dem Seehund.
Die Fischer argwöhnten ob der hungrigen Robben, die täglich jeweils bis zu 40 kg Fisch verzehrten und den Fischfang beträchtlich schmälerten. Da schien es ihnen fürwahr zugute zu kommen, dass die Tiere für die Eroberer durch die Gewinnung von Fleisch, Fett und Fell, ein wertvolles Gut waren. Die Lederproduktion schien geradezu prädestiniert für die Herstellung von Uniformen für das Militär zu sein und so hatte sich das Thema bald von allein erledigt. Nur der Name und eine Skulptur erinnern an ihre einstige Existenz. Diese stark vom Aussterben gefährdeten Tiere kennzeichnen sich durch die doppelte Schwanzflosse und es existiert heutzutage weltweit nur noch eine bescheidene Population von 500 Exemplaren.
Ein kleines Happy End
Den ökologischen Wert des Inselchens Los Lobos erkannte man schließlich doch noch und seit 1982 ist es offiziell unter Naturschutz gestellt worden. Fünf Jahre danach zählt es zum erweiterten Dünengebiet Corralejo. Als Parque Natural Islote de Lobos wurde es im Jahr 1994 zum geschützten Naturpark erklärt und ist zudem eines der ZEPA Vogelschutzgebiete, vor allem wegen der Seevögel (pardela, guincho, gaviota patiamarilla). Die Behörden versuchen diesem Anspruch gerecht zu werden und haben daher nur einen Teil der Insel für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die restlichen Zonen sind tabu, da es sich um Brutplätze bzw. Vogelschutzgebiete handelt.
Das fragile Ökosystem von Los Lobos umfasst etwa 130 teils endemische Pflanzen, wie beispielsweise der Strandflieder (bot. Limonium ovalifolium).
Noch mehr Gründe für den Schutz
Eine der letzten Bastionen, frei von Massentourismus, zu schützen, hat mehrere Gründe. Wir haben gelernt, dass dieses Inselchen ein fester Ankerpunkt für Zug- und Seevögel ist, die hier eine ideale Lage für ihre Brutplätze gefunden haben, wie z. B. Sturmtaucher, Sturmschwalben, Gelbschnabeltaucher, Bulwersturmvögel, Fischadler, Steppenmöven etc. Viele unserer gefiederten und für das ökologische Gleichgewicht so wichtigen Freunde stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Spezies (Kragentrappe, Rennvogel, Raubwürger etc.).
Einige Vögel und andere Tiere haben sich glücklicherweise wieder ein wenig erholt (Wildkaninchen, Ostkanareneidechse, Mauergecko, Flussseeschwalben, Reiher und Bachvögel).
Und auch die exotische Flora verdient eine Erwähnung. Rund 130 teilweise endemische Pflanzen halten das Ökosystem auf Los Lobos in Balance, wie z. B. der Strandflieder (bot. Limonium ovalifolium canariense)oder die Wolfsmichgewächse. Durch den hohen Salzgehalt dominieren vor allem halophile Pflanzen und entstand eine einzigartige Vegetation.
Persönlichkeiten im Kontext
Der Normanne Jean de Bethencourt (1362 – 1425) sollte im Auftrag des Königs Heinrich III. die Inseln des Frühlings missionieren. Diese Aufgabe verfolgte er gnadenlos und nachdem er 1402 Lanzarote unterworfen hatte, streckte er die Finger nach Fuerteventura aus. Dabei erschien ihm Los Lobos als ein ideales Versorgungslager zwischen diesen beiden Inseln. Nachdem er 1405 auch die zweite Insel unterworfen hatte, nannte man ihn „König der Kanaren“ (siehe Chroniken „Le Canarien“).
Der letzte offizielle Bewohner war der Leuchtturmwärter Antonio Hernández alias „Antoñito“, der dort bis zum Einzug der modernen Technik im Jahr 1968 mit seiner Familie lebte. Dieser, Ende des 19. Jhdts. erbaute „Faro“. ist das einzige offiziell errichtete Gebäude auf Los Lobos. Einige wenige Ruinen und zerfallene Zisternen zeugen von einer vergangenen Zeit, als einige wenige Familien Landwirtschaft betrieben.
So klein das Eiland auch ist, es hat einige Persönlichkeiten hervorgebracht, wie beispielsweise den Schriftsteller Alberto Vázquez-Figueroa (geb. 1936), Sohn dieses letzten Leuchtturmwärters. Auch Josefina Plá (1903 – 1999), Schriftstellerin, Kunstkritikerin, Kunsthandwerkerin, Malerin und Journalistin, erblickte auf Los Lobos das Licht der Welt. Sie wanderte in jungen Jahren zwar nach Paraguay aus, doch eine Statue ehrt die facettenreiche Persönlichkeit.
Ode an die Natur: Das Naturkundemuseum
Im Jahr 2009 eröffnete die damalige Königin Sofía mit regem Medieninteresse das Museum „Centro de Interpretación Los Lobos). Auf 180 qm werden, in einem Gebäude mit einer schlichter Holzkonstruktion, Themen, wie z. B. Flora, Fauna, Vulkanismus, Wanderrouten, Unterwasserwelt und Völkerkunde, veranschaulicht. Auch um das Maskottchen der Insel, die Mönchsrobbe, kommt man nicht umher.
Öffnungszeiten: 10.30 bis 15.30 Uhr (Hochsaison auch nachmittags)
Anm. d. Red.: aufgrund der gegenwärtigen Ausnahmesituation durch Covid-19 empfehlen wir die Konsultation der Webseite sobald die Grenzen bzw. die Insel für den Tourismus wieder geöffnet sind.
Wie Sie Ihren Ausflug zu dieser exotischen Schönheit gestalten können, finden Sie im nächsten Bericht in dieser Ausgabe.