Am 17. April dieses Jahres besuchte Ministerpräsident Pedro Sánchez Marokko, um die Beziehungen beider Länder zu verbessern. Es gab einige Gründe, die zu Spannungen führten, und es wurde Zeit, eine neue Phase der Entspannung einzuleiten.
Spanien gab die einstige Kolonie in der Westsahara im Jahr 1975 auf und wurde im selben Jahr von Marokko widerrechtlich okkupiert. Das sorgte seitdem immer wieder für Spannungen zwischen diesen beiden Staaten.1) Der Internationale Gerichtshof der UNO hat bereits im Jahr 1965 in einem Gutachten bestätigt, dass Marokko keinerlei Ansprüche auf das Territorium habe. Diese zwischenstaatlichen Spannungen haben zu einer Reihe von Maßnahmen geführt, u. a. Einschränkungen im Warenverkehr.
Die Gespräche während dieser 2-tägigen Reise seien sehr herzlich verlaufen. Sánchez führte dabei Gespräche mit König Mohamed VI. sowie dem marokkanischen Bundeskanzler Aziz Ajanuch. Geeinigt habe man sich auf die vollständige Normalisierung des Warenhandels an den Grenzübergängen von Ceuta und Melilla am spanischen Festland.
Aus Sicht der Autonomieregion der Kanarischen Inseln ist die Situation aufgrund der geographischen Nähe zu Marokko noch komplexer. Alleine in den ersten vier Monaten dieses Jahres ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte von 3.980 auf 6.359 um knapp 60 Prozent gestiegen, die Mehrheit davon stammt aus der Subsahara sowie aus Marokko (Stichtag 15. April 2022, siehe Tabelle u.). Die Kanaren forderten den Nachbarstaat auf, die Häfen stärker zu kontrollieren und ihre Bemühungen im Kampf gegen die Schlepperbanden zu intensivieren. Zudem stellen die MarokkanerInnen nach den ItalienerInnen die größte Nationalität der AusländerInnen auf dem Archipel dar.
Territorialer Disput
Im Dezember 2019 kam es zu einem weiteren Eklat. Das marokkanische Parlament hat zwei Gesetze verabschiedet, um dabei erstmals seine Hoheitsgewässer gegenüber Spanien und Mauretanien abzugrenzen. Marokkos Außenminister Naser Burita hat auf eine Anfrage Spaniens hinauf erklärt, es handle sich um die Definitionen über die 12-Meilen Seegrenze sowie die 200 AWZ (Ausschließliche Wirtschaftszone).3)
Dabei wurde das an die Westsahara angrenzende Meer legal einbezogen. Allerdings ergeben sich dadurch Überschneidungen mit Kanarischem Gewässer, also Spanischem Hoheitsgebiet. Kanarenpräsident Víctor Ángel Torres habe darauf hingewiesen, dass kein Staat ohne die Zustimmung des Nachbarstaats Entscheidungen über die Grenzen treffen könne. Wenn Marokko bei den Annäherungsversuchen auch nur einen Millimeter der Gewässer der Kanarischen Inseln berühre, werde es einen entschlossenen Widerstand sowohl der Regierung der Inseln als auch der Regierung Spaniens geben.
Der marokkanische Außenminister Naser Burita habe eingeräumt, dass diese territoriale Abgrenzung der 12 und 200 Meilen Gewässer sowie des 350 Meilen Festlandsockels Überschneidungsprobleme mit dem benachbarten Spanien schaffen könne, die aber im Dialog behandelt werden könnten. Marokko dränge keine vollendete Tatsachenpolitik auf und sei nicht dem Dialog mit Spanien oder Mauretanien verschlossen, um ein Problem durch Konsens zu lösen.
Torres appellierte an die Einhaltung des internationalen Seerechts (siehe Skizze re. Seite) sowie die Auflagen des Umweltschutzes und -sicherheit. Er erachte es zudem als positiv, dass die Beziehungen zwischen Spanien und Marokko sich normalisieren und keine einseitigen Entscheidungen gefällt werden, sondern gemeinsam am Verhandlungstisch. Letztendlich ist das auch für die Migrationsströme und die Sicherheit auf beiden Seiten von Vorteil. Nach dem Treffen mit Sánchez wurde die spanisch-marokkanische Kommission für die Abgrenzung der Hoheitsgewässer reaktiviert und übernimmt eine Schlüsselrolle bei der Lösungsfindung dieses Themas.
Foto o.: Ministerpräsident Pedro Sánchez trifft marokkanischen König Mohamed VI.
Siehe auch
Seerecht: Hoheitsgebiete Definitionen
Marokko: Ölvorkommen sind vielversprechend
Westsahara - der vergessene Krisenherd1)
Marokkanisch-spanische (Ent)Spannung
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Verweise
1)Unter Maghreb (auch Maghrib) versteht man die nordafrikanischen Territorien von Algerien, Marokko, Westsahara und Tunesien, die geschichtliche und geographische Gemeinsamkeiten haben. Libyen und Mauretanien werden mitunter auch dazu gezählt.
2)Frente Popular de Liberacion de Seguia al Hamra y Rio de Oro - Volksfront für die Befreiung von Saguia el Hamra und Río de Oro
Quelle:
Dieses Dokument ist dem Buch von Umberto Romano entnommen worden: „Rabbia di Sabbia“. Info: roro3@libero.it, www.sahrawi.it. Übersetzung des Extrakts von Sabrina Bussani.