Im Juli wurde die aus Berlin stammende Mirjam Rücke als „ceramista‟ in die FEDAC Vereinigung der kanarischen Kunsthandwerker aufgenommen und anlässlich dieses Ritterschlags machen wir uns auf den Weg nach Firgas, wo sie ihr Atelier eingerichtet hat.
Künstlerisches Talent trifft auf technische Fähigkeit und beides vereint die neu auf den Kanarischen Inseln tätige „artesana“, die allerdings auf viele Jahrzehnte Erfahrung zurückgreifen kann. Die Liebe veranlasste die 56-jährige Deutsche, ihrer Heimat im Jahr 2019 den Rücken zu kehren und hier ein neues Leben zu führen. Ihr Lebensgefährte sorgte für einen sanften Einstieg. Er räumte behördliche Hürden weitestgehend aus dem Weg und richtete für Mirjams künstlerische Tätigkeit gleich auch ein gut ausgestattetes Atelier ein. Da kann man bzw. ‚frau‘ einfach nicht nein sagen.
Aufgrund der Gastfreundlichkeit des Paares fühle ich mich in ihrem Domizil gleich heimisch. Bei einer Führung lerne ich den Werkraum kennen und verschaffe mir anhand unzähliger Objekte einen Überblick über ihr Schaffen als Keramikerin. Einige Keramiken hat sie aus Deutschland mitgebracht, was aufgrund der Menge und des Gewichts ein aufwändiges Projekt war, wie sie mir erklärt.
Der Schalk blitzt zwischendurch aus den Augen der Kunsthandwerkerin, doch ihre Intelligenz kann sie - schon allein durch ihre Vita und ihre Erläuterungen nicht kaschieren.
Mit der Covid-19 Gesundheitskrise hat das Paar ihren ‚Stresstest‘ bereits gemeistert, denn wer in Zeiten von Lockdowns und eingeschränkter Bewegungsfreiheit eine friedliche und harmonische Beziehung leben kann, der ist geeicht. Sie erklärt es folgendermaßen: „In meiner Werkstatt konnte ich mich richtig austoben und wenn mir tatsächlich mal die Decke auf den Kopf gefallen ist, dann bin ich zur Post gegangen und freute mich sogar, mich anstellen zu dürfen.“
Sie fühlt sich offensichtlich wohl auf Gran Canaria und weiß über die hiesige Bevölkerung aufgrund der Offenherzigkeit nur das Beste zu berichten.
Faible für die Natur
Tiere sind ihr ‚gemeinsamer Nenner‘ mathematisch formuliert, denn Mirjam ist studierte Biologin, die an der Charité Universitätsmedizin Berlin klinische Studien koordinierte und ihr Partner ist Tierpfleger. Sie zeigte zwar bereits als Kind Freude am Töpfern, doch in eine professionelle Schiene gelangte sie erst nach ihrem Studium. Sie belegte einen Töpferkurs bei einer versierten alten Dame und viele weitere Kurse, beispielsweise an der Volkshochschule, folgten. Das Töpfern stellte für Mirjam einen idealen Ausgleich für ihre ansonsten computer- und denkdominierten Tätigkeit als Wissenschaftlerin dar.
Tierkeramiken sind ihre große Leidenschaft und auch jetzt zieht sich das ‚animalische Thema‘ durch ihre neuen Keramiken. Allerdings schlägt sie nun die Brücke zu den Kanarischen Inseln indem fast alle Motive der ‚wilden‘ Fauna bzw. Flora entnommen sind, seien es Oktopusse, Seepferdchen, Fische, Eidechsen, Libellen etc.
Test zur Aufnahme in die FEDAC Vereinigung
Nicht ohne ein Quäntchen Stolz erläutert sie das zeitaufwändige Aufnahmeverfahren, bei dm sie sogar einen Test samt Demonstration ihrer Kunstfertigkeit bestehen musste und umso größer ist nun die Freude darüber.
Wissbegierde fließt in ihren Adern und Mirjam begeistert sich unheimlich für die hiesige Pflanzen- und vor allem Tierwelt. Sie holt mir einige ihrer Schätze und sanft hält sie mir eine ‚Schnecke‘ entgegen und erläutert mir andächtig: „Das ist eine Veilchenschnecke und ich hab ein Leben lang danach gesucht.‟ Es folgen noch weitere, wie beispielsweise das Posthörnchen (Spirula spirula), allerdings will ich diesen Rahmen hier nicht sprengen. Mirjam ist begeistert, die Mechanismen der Evolution zu sehen und noch viele weitere interessante Plätze zu entdecken.
Verkauf nur online in Zeiten von Covid-19
Im Moment verkauft sie ihre Waren über den Onlineshop (siehe Kontaktkasten) und beim Schmökern wird ihre Kreativität evident. Eine Keramik beginnt mit der Idee, wie sie uns erklärt. Dann folgt die Recherche, um die Details der Motive kennenzulernen, dann üben und vorzeichnen bis es flüssig von der Hand geht. Derzeit steht die sogenannte Sgraffito Technik im Vordergrund, eine Dekorationstechnik, die durch das Abkratzen von Farbschichten erfolgt. Während Mirjam anfänglich vor allem Tierkeramiken, wie beispielsweise Antilopen oder Jaguare, inspiriert von ihrem Afrikaaufenthalt, erschuf, so stehen jetzt Gebrauchsgegenstände im Fokus.
So finden sich wunderschön verzierte Becher, Sushiplatten, Vorlegeplatten, Seifenteller, Salzschälchen, Schüsseln, Müslischalen, Teeschalen, Dosen etc.
In manche Objekte arbeitet sie auch Reliefs oder, wie im Beispiel ihrer entzückenden Salzschälchen, plastische Tierornamente ein, die ein Highlight im Design darstellen.
Die Keramiken sind bereits ab 15 Euro erhältlich, derzeit vorwiegend online. Aber sie freut sich schon auf ihre erste Anwesenheit auf einem echten Kunsthandwerksmarkt auf den Kanarischen Inseln.