Ausgabe Nr.
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J M upload 04.09.2021, Viva Edition 179 | Print article

Naturjuwele: Touristisch entrückt - La Isleta und Las Coloradas

Las Palmas de Gran Canaria hat viele Gesichter. Eine Altstadt, die vor über 500 Jahren gegründet wurde und deren Geschichte so eng mit der Entdeckung der Neuen Welt verwoben ist. Dahinter schlängeln sich die neuen Stadtbezirke wie bunte Mosaike die Hügelketten hoch. Die älteste Marktstraße im Stadtteil Triana avancierte zu einer mondänen Einkaufsstraße mit vibrierendem Multikulti-Flair und der weitläufige, goldfarbene Sandstrand von Las Canteras bleibt das beliebteste Ziel von Sonnenanbetern aus dem In- und Ausland. 

Die Bevölkerung wuchs unaufhörlich und Meter um Meter erkämpften sich die Insulaner mit Trockenlegungen Mitte des letzten Jahrhunderts zusätzliche Landflächen und so verschmolz die vorgelagerte Halbinsel La Isleta zum festenBestandteil der Stadt.

Dieses markante Vulkankegelchen mit seiner rot-braunen Erde sticht unweigerlich ins Auge, ungeachtet von welcher Seite Sie sich nähern. La Isleta blieb geheimnisvoll, wohl auch, weil die östliche Zone zum Hafengebiet zählt und ein anderer Teil die Militärzone des 50. Infanterieregiments ist und somit für „Otto NormalbürgerIn“ unzugänglich bleibt. Doch im Westen dieses Kegels gibt es Neues zu entdecken.

Naturjuwele: La Isleta und Las Coloradas

Es ist schwer zu fassen, dass in unmittelbarer Nähe zur Stadt, zum Hafengelände und dem Las Canteras Strand ein Eintauchen in eine außergewöhnliche Ruheoase möglich ist. Wenn Sie Wanderungen lieben, dann empfehlen wir die Erkundung zu Fuß, denn so können Sie das Maximum an Sinneseindrücken erleben und dabei auch noch ihrem Körper Gutes tun. 

La Puntilla, das östliche Ende des Las Canteras Strandes, bildet zugleich den Anfang unserer Besichtigungstour durch La Isleta, wo die Promenade, die in nördliche Richtung führt, beginnt.

Auf unserem Weg entlang des zerklüfteten Küstenstreifens und den ‚Ausläufern der Stadt‘, also die letzten Häuser dieses nördlichsten Stadtteils ist unschwer zu erkennen, dass an den Fassaden weder die salzhaltige Luft noch der Zahn der Zeit spurlos vorbeigegangen sind. 

Begleitet vom sanften Meeresrauschen und der salzigen Luft verlieren sich schon nach wenigen hundert Metern die Zeichen der Zivilisation und die anfänglich asphaltierte Promenade wechselt nun in einen Schotterweg, gekennzeichnet und begrenzt durch Holzstümpfe.

In den frühen Morgenstunden ist diese Zone ein beliebtes Ziel für HobbysportlerInnen, ob zum Wandern, Joggen oder Nordic Walking. Selbst Tierhalter lieben dieses Fleckchen, genauso wie ihre vierbeinigen Begleiter, die sich hier sozialisieren können und nicht auf heißem Asphalt laufen müssen.

Von sanft bis brachial, für jeden Gusto

Gleich zu Beginn kommen wir zu einer scheinbar beliebten Zone bei Fischern, die ihre Angeln ausgeworfen haben und geduldig auf ihren Fang warten. Und schon erblicken wir am Horizont die Bucht von El Confital, denn an der Sohle des dunklen Vulkankegels zeichnet sich der helle Sandstrand deutlich ab. Wer Liegestühle, Jet-Ski Verleih oder ähnliches sucht ist hier falsch. Doch wer Erholung in einer naturbelassenen Kulisse wünscht, ist hier genau richtig. So scheinen es auch einige Campingaffine zu sehen. 

Der Schotterweg verzweigt sich mehrfach und schlängelt sich durch die diversen Passagen dieser Gegend, sehr zur Freude Abwechslung suchender Wanderer. 

Das Meer ist auch hier der Protagonist und das gleich in verschiedenen Facetten. Mal plätschert es sanft daher, doch häufig demonstriert es seine brachiale Naturgewalt mit hohen und lauten Brechern, die sich dann zischend von der zerklüfteten Oberfläche des Felsgesteins wieder in den Ozean zurückziehen. Ein herrliches Naturschauspiel und nie langweilig.

Biodiversität: Schutz inklusive

Für mutige WassersportlerInnen ist diese Gegend ein geliebter Surf- und Body-Board-Spot. Die Unterwasserfauna und -flora, die kuriosen Riffe sowie Fels- und Höhlenformationen locken zudem Taucher an, wie beispielsweise die legendäre La Catedral, etwa 20 km nördlich. Die allerdings, aufgrund der starken Strömungen, eher für Fortgeschrittene geeignet ist.

Die komplette Zone rund um La Isleta mit einer Fläche von 8.562 Hektar wurde im Jahr 2011 durch RED Natura 2000 aufgrund der einzigartigen Biodiversität sowie der Habitate zum Sondernaturschutzgebiet erklärt (ZEC1)). Aufgrund ihres vulkanischen Ursprungs sind die Meerestiefen der Kanarischen Inseln von steilen und zerklüfteten Felsböden mit vielen Unterwasserschluchten und Tälern geprägt und etwa 1.170 Riffe dienen vielfältigen Spezies als Habitate, teils von allgemeinem Interesse, wie z. B. Algen. Typisch sind u. a. die Golftange (Sargassum), eine äußerst artenreiche Gattung der Braunalgen.

Zudem befinden sich in Kanarischen Gewässern um die 8.330 Unterwasserhöhlen, in denen sich in Ermangelung an Licht Pflanzen ohne Photosynthese entwickeln (Rotalgen). Sie sind zudem ein idealer Lebensraum für wirbellose, sessile Spezies (Schwämme, Korallen, Ascidien, Moostierchen usw.), die für tiefere Gewässer repräsentativ sind. Auch frei umherziehende Nachtfauna (Krebse, Fische usw.) nutzen diese Zonen tagsüber als Zufluchtsort.

Zu den vorkommenden gefährdeten Tierarten zählen, u. a. die Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta). Von acht Meeresschildkröten2) kommen sechs in hiesigen Gewässern vor. Ebenso finden sich Wale und Delfine,3) wie z. B. derGroße Tümmler (Tursiops truncatus), der Meerengel,4) Schmetterlingsrochen etc.

Las Coloradas - wo die Zeit stehen geblieben ist

Inmitten des Vulkankegels von La Isleta befindet sich die Ansiedlung Las Coloradas, die wahrscheinlich schon bessere Zeiten erlebt hat. Und trotzdem bietet dieser Ort das gewisse Etwas. Sie befindet sich auf 239 Metern Höhe auf dem höchsten Punkt der Stadt.

Die Stille und einige aufgelassene bzw. zu vermietende Gebäude erwecken den Eindruck, dass es hier ausgestorben ist. Doch da und dort tauchen vereinzelt Einheimische auf und gönnen sich einen netten Plausch. Auch die vorhandene Infrastruktur, wie z. B. Sport- und Kinderspielplätze, Zentren, Restaurants etc., lässt darauf schließen, dass es ein gewisses Maß an sozialem und gesellschaftlichem Leben geben muss, wenngleich am Morgen unseres Besuchs Las Coloradas wie ausgestorben wirkte. Von einem der Aussichtspunkte auf dieser Höhe bietet sich ein wunderbarer Panoramablick auf die Stadt, die Küste und das Meer - ein Highlight allemal.

Diesen Perspektivenwechsel auf Las Palmas können Sie während ihrem ganzen Rückweg genießen. Wem diese Wanderung zu weit ist, der kann die Ortschaft vom Hafen aus in nördliche Richtung auch mit dem Auto erreichen. Orientieren Sie sich an den Ausschilderungen „Las Coloradas“. 

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Verweise

1)ZEC Zona Especial de Conservación 

2)Viva Canarias Nr. 97 vom 8.5.2018 „Terry, die unglaubliche Rettung der Meeresschildkröte“

3)Viva Canarias Nr. 11 vom 8.6.2012 „Explosion der Meereslebewesen in Kanarischen Gewässern, Delfine“

4)Viva Canarias Nr.154 vom 4.8.2019 “Meerengel - die letzte Bastion in Kanarischen Gewässern“ sowie Nr. 56 vom 25.4.2014 „Die Engel des Meeres, im Gespräch mit Alianza Tiburones“