Fragen auch Sie sich manchmal, wenn Sie eine Sehenswürdigkeit oder Attraktion besuchen, wer wohl dahinter steckt? Was für ein Mensch hatte die Vision und die Kraft und Ausdauer zur Realisierung?
Wir stellen uns diese Frage immer wieder, wie auch bei einem unserer Besuche im Palmitos Park auf Gran Canaria. Dieser zoologische und botanische Park zählt mit rund einer halben Million Besucher jährlich zu den beliebtesten Touristenattraktio-nen der Insel. Doch begonnen hat alles vor vielen Jahrzehnten mit dem geistigen Gründungsvater Claudio Paulmann und seiner großen Liebe zu Pflanzen und Vögeln. Er erinnert sich für uns an die Anfänge anno dazumal. Zurückgezogen lebt Claudio heute in einer ruhigen und noblen Gegend im Süden Gran Canarias. Das Anwesen thront wie eine uneinnehmbare Burg auf einem Gipfel und nur gebetene Gäste haben in dieser Rückzugsoase Zutritt. Wie von Geisterhand öffnet sich das große, schwere Eisentor, das uns das letzte Stück der Zufahrt zum Hauptgebäude ermöglicht. Uns begleitet eine traumhafte Aussicht auf die zerklüfteten Bergketten eines Barrancos bis schließlich oben angekommen die Kulisse des Meeres sich wie ein blauer Seidenschal an den Horizont schmiegt. Romantisches Landhausflair versprühen die prachtvollen Pflanzen, die in leuchtenden Farben die herben Steinfassaden zieren. Ja, hier lässt es sich schön und entspannt leben, geht gar nicht anders.
Hier tanke ich Glück
Genauso entspannt und mit großer Herzlichkeit empfängt uns Hausherr und Lebensgefährte Majid, der so Manchem durch seine TV-Rollen vielleicht ein Begriff ist (Anm.: Wird Ihnen in Viva als eigenes Thema vorgestellt). Er führt uns zum Haupthaus. Spätestens hier kann kein Zweifel mehr aufkommen, dass wir uns im Zuhause des geistigen Vaters des Palmitos Park befinden. Im Innenhof trällern bunte, quietschvergnügte Vögel ihr Willkommenslied. Dieser Innenbereich wurde nämlich zu einer Riesenvoliere umgebaut, die mit 45 Metern Länge, 25 Metern Breite und mit über vier Metern Höhe beeindruckt.
Zwischen den gefiederten Tieren tummeln sich Schmetterlinge. Ein kleiner Wasserlauf schlängelt sich plätschernd durch die begehbare Voliere, die mit der vorherrschenden Temperatur und der hohen Luftfeuchtigkeit für die Pflanzen und Tiere geradezu paradiesische Lebensbedingungen bietet.
„Hier tanke ich Glück, wenn ich die Vögel beobachte“, unterbricht lächelnd Claudio unsere staunenden und verklärten Blicke. Im Laufe unseres Besuchs sollen wir immer wieder von seinem melodiösen Lachen angesteckt werden. Seine Augen funkeln und mustern uns interessiert. Sie lassen an seinem scharfen Verstand keinen Zweifel aufkommen und davon können wir uns mehrmals überzeugen. Wir nehmen Kaffee und Kuchen auf der Terrasse ein. Vor uns breitet sich ein herrliches Panorama auf Maspalomas aus.
Mit Konsequenz und Disziplin
Für dieses Glück steht der rüstige 77-jährige diszipliniert jeden Tag um 7.00 Uhr morgens auf, um das Futter vorzubereiten. Eine Stunde dauert es, bis das frische Obst fein geschnitten ist und, je nach Vorliebe der Tiere, mit Erbsen, Mais, Quark, Ei oder anderen Zutaten vermischt wurde. Viele Jahre hat er die Vögel studiert und kennt sich aus was für welche Vogelart optimal geeignet ist.
„In der freien Wildbahn ist der Tisch nicht immer so reich gedeckt“, formuliert es Claudio mit einem Augenzwinkern und setzt fort: „Erst nachdem ich meine Tiere versorgt habe, steht meine eigene Morgentoilette auf dem Plan“. Die Frohnatur unterbricht zwischendurch die Ausführungen mehrmals, um mit einem Zitat oder einem kurzen Gedicht oder Anekdoten das Gespräch aufzulockern. Spätestens jetzt ziehe ich ehrfurchtsvoll den Hut und denke an den griechischen Philosophen Sokrates „Ich weiß, dass ich nichts weiß“.
Vom Opern- und Konzertsänger zum 'Vogelkundler'
Disziplin und Konsequenz zieht sich jedenfalls auch in seinem weiteren Tagesablauf durch. Also spielt Claudio im Anschluss zumindest eine Stunde Klavier. Er ist nämlich nicht nur sehr belesen und ein Vogelexperte, sondern auch ehemaliger Opernsänger und folglich auch sehr musikalisch, seine zweite große Leidenschaft. Claudio besuchte die Hochschule für Musik Burkhard in Hamburg. Schade findet er nur, dass er erst sehr spät mit dem Klavierspielen begann. „Es ist wie eine Droge, nur eine gute menschliche. Wenn ich müde bin, dann spiele ich und das Piano gibt mir wieder enorme Kraft“ erläutert der Hausherr.
Die Liebe zum Vogel war schon immer da. Vielleicht faszinierte es ihn, dass sie fliegen können. Man weiß es nicht. Claudio sinniert: „Als kleiner Junge mit zwölf Jahren sparte ich in einer Zeit großer Entbehrungen eisern und lange für meinen ersten Kanarienvogel. Sieben DM kostete es damals, ein Vermögen für die damalige Zeit.“ Wieder erhellt ein Lächeln sein Gesicht und er denkt an seine kindliche Naivität zurück und dass er damals leider noch gar nichts über die Vögel wußte. Doch das änderte sich und im Laufe seines Lebens sollte er nicht nur die Vögel selbst, sondern auch jede Menge einschlägige Literatur studieren. Er ergänzt: „Vögel sind mein Leben. Es war immer mein Traum einmal ein Vogelparadies zu erschaffen.“
Im Jahr 1963, lange bevor der Tourismus auf Gran Canaria seinen Einzug hielt, kaufte sich Claudio sein heutiges Anwesen. Natürlich bevölkerten schon kurze Zeit später jede Menge Vögel die Volieren und darunter teilweise ganz außergewöhnliche Arten. zu einer zeit, als sich das zarte pflänzchen des
Tourismus bildete
Claudio erinnert sich: „Es war in diesem ersten Jahr 1963 an einem schönen Tag im Winter mit strahlend blauem Himmel als ich mit meinem Freund, dem Unternehmer Karl Uwe Bottcher, den Barranco de Palmitos erkundete. Es gab weder Straßen noch Wege und es war geradezu abenteuerlich sich auf dem unwegsamen Gelände zu bewegen. Und dann, plötzlich öffnete sich nach einer Kurve das enge Tal und bot die Sicht auf ein einladendes, breites und fruchtbares Becken. Palmenhaine zierten die Berghänge und das Licht strahlte geradezu göttlich auf die Szenerie. Genau in diesem Moment sagte ich: ‚Hier wäre genau der richtige Platz für den perfekten Vogelpark‘.
Mein Freund Uwe wollte mir damals diesen Zahn ziehen, doch das sollte ihm nicht gelingen. Die Idee ließ mich nicht mehr los. Doch ich sollte über zehn Jahre diese Idee mit mir herumtragen, bis sie realisiert werden konnte“.
Noch lange bevor der Tourismusboom einsetzte
1976 kaufte sein Freund Uwe Bottcher schließlich das gesamte Gelände für 35.000 DM. „Eigentlich war dort ein Stausee geplant, aber man fand heraus, dass das Gestein zu porös war, um das Projekt realisieren zu können. Das war gut für uns. Wie wir das alles in so kurzer Zeit geschafft haben wie z. B. die Genehmigungen bei den Behörden, kann ich mir heute selbst nicht erklären. Allerdings keimte damals schon das zarte Pflänzchen des Tourismus und man förderte die Umsetzung von Projekten ausländischer Investoren“, erfahren wir.
Die Aufteilung der Aufgaben war klar, wie Claudio erläutert: „Bottcher war der Finanzier und für alle kaufmännischen Belange zuständig. Ich hielt einen nur sehr kleinen Geschäftsanteil, war aber für die Vögel zuständig. Ich plante die Volieren so, wie sie größtenteils noch heute sind. Nur mit den kleinen Kästen habe ich nichts zu tun gehabt. Wir arbeiteten mit spanischen und deutschen Architekten zusammen, die unsere Vorstellungen auf das Papier brachten.
Danach ging ich auf Einkaufstour auf der Suche nach schönen, exotischen und außergewöhnlichen Exemplaren. Sogar meine ganz persönlichen Vögel, teils seltene Exemplare, brachte ich in den Palmitos Park ein. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass der Park eines Tages verkauft werden würde.“
Das alles war vor 35 Jahren. Und es sollte genau auf so einer Vogel-Einkaufstour sein, auf der Claudio seinen heutigen Lebensgefährten Madzid kennenlernte. Er erinnert sich schmunzelnd an seine ersten Worte „Lieben Sie auch Vögel?“
Ja, das tat er. Und wie auf Kommando melden sich die beiden Graupapageie Daria und Darius zu Wort. Sie genießen einen Sonderstatus, waren sie doch vor vielen Jahren ein Geschenk von Claudio an seinen Lebensgefährten. Es ist unglaublich, was die Tiere alles können und vielleicht unterschätzten wir manchmal deren Intelligenz. Die beiden „frechen Kerlchen“ sind intelligent und plappern alles nach, was sie so aufschnappen.
Im Jahr 1978 wurde schließlich Palmitos Park als botanischer und ornithologischer Park eröffnet wie er heute größtenteils noch ist. Claudio erläutert: „Wir machten damals vieles selbst. Ich kaufte das Futter und bereitete es vor, so wie heute, nur in viel größeren Mengen. Langsam kamen dann die ersten Gäste. Wir machten unsere ersten Prospekte und verteilten sie an die Hotels. Schließlich wuchs die Zahl der Besucher.“ Im Jahr 1996 kaufte die Aspro Gruppe den Park und vieles hat sich seitdem verändert. Claudio hofft, dass die neuen Eigentümer sich mit der gleichen Intensität und Liebe um seine Vögel kümmern, wie er zu seiner Zeit.
Wir sehen also, wer einen Herzenswunsch hat und diesen nicht aus den Augen verliert, der kann seine Träume irgendwann verwirklichen.