Den Traum vom Auswandern in die Realität umzusetzen, das wagen immer mehr Menschen auch aus den klassischen Wohlfahrts- und Sozialstaaten. Welche Hürden man in einem fremden Land zu bewältigen hat merkt man meist erst vor Ort. Viele probieren sich in fremden Metiers zu verwirklichen und scheitern kläglich, aber eben nicht alle. Aus unserer Serie der Erfolgsunternehmer präsentieren wir das Familienunternehmen der KFZ-Werkstätte „Stefan’s Garage“.
Wir machen uns auf den Weg in den Stadtteil San Fernando de Maspalomas, in dem vornehmlich Einheimische leben und wo sich viele Unternehmer und Geschäfte niedergelassen haben. Man kann das kräftig gelbe Schild auf der Avda. de Gáldar gar nicht verfehlen und schon ist man da. Die ganze Familie ist anwesend, das sind Familienvater Stefan Efferoth, seine Frau Ariane und die aufgeweckte und interessierte Tochter Mayra.
Die Lieblingsinsel: Gran Canaria
Das Zitat „Alle guten Dinge sind drei“ könnte man sprichwörtlich bei den Efferoth‘s anwenden. Stefan arbeitete in Deutschland viele Jahre lang beim ADAC. Als „Engel für die Autofahrer“ wurde er in Notfällen geholt, um die mechanischen Monster, die ihren Dienst den Besitzern verweigerten, vor Ort zu reparieren. Das betraf PKW und LKW gleichermaßen. Auch beim Öffnen von Fahrzeugen, Reifenwechsel sowie bei Pannen kam Stefan als Retter zum Einsatz oder schleppte die Autos ab wenn nichts mehr ging. Die Einsatzzeiten waren eine Herausforderung, denn oft musste Stefan auch nachts ausrücken. Irgendwie manifestierte sich im Laufe der Jahre der Gedanke einer Selbständigkeit, ganz nach dem Motto: „Was ich für andere Leute tue, kann ich auch für mich tun“.
Mit seiner Frau Ariane teilte er eine große Leidenschaft für Gran Canaria und sie kamen über Jahre hindurch häufig auf die Insel. Im Jahr 1999 wagten sie schließlich ihren ersten Versuch den Lebensmittelpunkt ins Ausland zu verlagern. Wie es das Schicksal will, sollte sich Nachwuchs ankündigen und vor diesem Hintergrund brachen sie die Zelte wieder ab um im sicheren Deutschland zu leben. Doch der Traum vom Auswandern blieb. Als ihre Tochter gerade mal acht Jahre war, entschlossen sie sich abermals auszuwandern ihr Glück auf Gran Canaria zu versuchen und haben sich eine persönliche Frist von zwei Jahren gesetzt. Ariane kam zuerst und bereitete im August alles vor, denn nicht nur ein Zuhause war zu finden, sondern auch eine passende Schule für die Tochter.
Aller Anfang ist schwer
Die Familie kam nicht mit einer rosaroten Brille und wusste, dass es am Anfang herausfordernd sein wird. Die Tochter hatte „Bammel vor der Sprache und der Schule“, was wohl für alle Kinder normal ist, die ihre Freunde in der Heimat zurücklassen müssen. Und die Eltern schufteten im wahrsten Sinn des Wortes Tag und Nacht. Stefan begann im kleinen Rahmen und mit nur einer Hebebühne die Autos zu reparieren. Ariane entlastete ihren Mann, wo es ihr möglich war. Sie kaufte Ersatzteile ein aber vor allem kümmerte sie sich um den „Papierkram“.
Von Anfang an gab es eine ganz klare Aufgabentrennung, was sowohl für den reibungslosen Betrieb als auch für eine gute Partnerschaft von Vorteil ist. Bis man als ganze Familie von seiner Selbständigkeit leben kann, dauert es. Ariane erinnert sich zurück: „Wir waren nicht abgehoben und haben in einer ganz kleinen Wohnung gelebt. Beide hatten wir einen zusätzlichen Job und so arbeitete ich das erste Jahr in einem Restaurant und mein Mann reparierte die Quads eines großen lokalen Tourenanbieter“.
Ehrlich währt am Längsten
Wie schafften sie es? Stefan erläutert mit seiner angenehmen Art: „Wenn es Arbeiten gab, wo man eine helfende Hand benötigte, dann mussten Freunde helfen. Am meisten kamen Michael Spahr, der nebenan eine Tischlerei betreibt, und Elektro-Peter zum Einsatz. Dafür war ich auch zur Stelle, wenn sie etwas benötigten. In kleinen Betrieben hilft man sich gegenseitig, was gerade am Anfang wichtig ist. Wenn ich beurteilen soll, was für den Erfolg ausschlaggebend war, dann sind es Fleiß, Durchhaltevermögen und Glück. Ich fing praktisch am Beginn der Wintersaison an und viele ‚Überwinterer‘ waren froh, einen deutschsprachigen KFZ-Mechaniker gefunden zu haben“.
Ariane ergänzt: „Die ersten fünf Jahre hatten wir keinen Urlaub und arbeiteten durch. Doch ‚ehrlich währt am längsten‘ und im Laufe der Zeit bekommt man durch die Mund zu Mund Propaganda immer mehr Kunden die dann jedes Jahr wieder kommen. Inzwischen sind es nicht nur Deutsche, sondern auch Engländer, Skandinavier, Holländer und Spanier.“
Wachstum durch Reinvestitionen
Alles was sie verdient haben, investierten sie wieder in das Geschäft, so dass sie nach zwei Jahren eine zweite Hebebühne dazu nehmen und sich vergrößern konnten. Die Qualität der Arbeit und eine profunde Ausbildung sind dabei von Vorteil, wie Stefan ergänzt. Heute werken sie auf dreihundert Quadratmetern und haben ein kleines aber feines Team. David kommt aus der Slowakei und ist ebenfalls ausgebildeter KFZ-Mechaniker, während der junge Kanarier Alberto im Betrieb berufsbegleitend seine Ausbildung absolviert.
Man erhält tolle Unterstützung von öffentlicher Seite und von der Berufsgenossenschaft FEMEPA (*), wo sie natürlich Mitglied sind. Die bieten u.a. Kurse, Services und sogar einen Rechtsbeistand an.
Alles rund um's Auto: Nun auch Reifen, Klima und Gebrauchtwagen
Stefan’s Garage macht inzwischen alles rund um das Auto und zwar aller Marken. Vor einem Jahr wurde nun auch der Klimadienst und Reifen in sein Angebot aufgenommen. Sein besonderer Stolz sind die Gebrauchtwagen, die blitzblank geputzt und fein säuberlich in Linie geparkt in einem Raum auf ihre neuen Besitzer warten. Stefan erläutert: „Die Gebrauchtwagen kommen bei unseren Kunden super an. Wenn ich sie abgebe bürge ich mit meinem Namen. Die Autos sind technisch einwandfrei und natürlich gewähre ich die gesetzliche Garantie. Das ist für die Kunden ein großer Vorteil gegenüber von Privat erworbenen Fahrzeugen, wo es im Fall der Fälle zu Kosten und Ärger kommen kann.
KFZ-Betrieb nach Vorschrift
Einen Betrieb zu führen ist mit viel Verantwortung verbunden und nicht nur gegenüber den Mitarbeitern. Stefan erläutert es so: „Dass ein Auto ordnungsgemäß funktioniert ist für die Sicherheit enorm wichtig denn da geht es um Menschenleben. Ich will in der Nacht mit ruhigem Gewissen gut schlafen können und daher arbeiten wir immer mit der höchsten Sorgfalt. Manche denken, es reicht eine Garage zu haben und schon ist man Mechaniker. Aber es gibt extrem strenge Auflagen, die in letzter Zeit immer mehr kontrolliert werden“.
Anschließend führt er mich durch den Betrieb und zeigt mir, was das in der Realität bedeutet. In einem gesonderten Raum werden Flüssigkeiten wie Öl oder Batterien für die Sondermüllentsorgung gesammelt. Alleine bei ihnen kommen im Jahr um die 5.000 Liter Altöl zusammen, gar nicht zu sprechen von den Unmengen an Putzlappen und Papierrollen, die während den Reparaturen anfallen. Müllentsorgung und Arbeitssicherheit sind ebenso Faktoren. Die Summe der Betriebsstrategie und aller Abläufe, das macht den großen Unterschied aus, wie ich erfahre.
Auf Stefan’s Garage ist Verlass. Davon durfte (oder musste) ich mich in den letzen Jahren mehrmals überzeugen. Egal zu welcher Uhrzeit mein KFZ ein Eigenleben entwickelte und mich im Stich ließ, Stefan war immer zur Stelle, ohne Murren und das ist auch etwas sehr Schönes. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg.
* FEMEPA: Federación provincional de la pequeña y mediana empresa de metal y nuevas tecnologias de las Palmas.
Kontakt
Stefan‘s Garage
Avda. de Gáldar 70, Local 4
35100 San Fernando de Maspalomas
Tel.: 608 66 22 71
www.stefansgarage.es