Wußten Sie, dass im Hafen von Las Palmas jährlich 1,1 Millionen Container umgeschlagen werden? Oder wussten Sie, dass dieser Hafen die Nummer eins bei Schiffsreparaturen ist? Wie bedeutend und was sich tatsächlich hinter den Kulissen abspielt, welche organisatorische und logistische Meisterleistung das Hafenpersonal jeden Tag vollbringt, war uns nicht klar. Wer nach Las Palmas mit dem Auto fährt, der kann nicht umhin, seinen Blick auf das Meer und die vielen großen Schiffe zu richten, die hier kurz vor dem Hafen vor Anker liegen oder ihren Kurs auf den „Hafen des Lichts“ genommen haben. Das Panorama bestimmen unzählige Kräne, vielen fein säuberlich gestapelten Container und oft auch überdimensionale Ölbohrinseln, die schon von weitem zu sehen sind. Sie kontrastieren mit den Luxuslinern, die in den vergangenen Jahren in steigender Zahl Las Palmas anfahren.
Als erstes deutschsprachiges kanarisches Magazin durften wir hinter die Kulissen blicken, um Ihnen ein Stück dieser „Stadt in der Stadt“ näher zu bringen. Zehntausend Menschen arbeiten direkt im Hafen und weitere zehntausend sind indirekt als Zuliefer- und Dienstleistungsunternehmen von ihm abhängig. Das emsige Treiben zur See zieht sich auch in der Zone der Hafenbehörde, der „Autoridad Portuaria de Las Palmas“, fort. Unzählige Lastwagen fahren kreuz und quer und zu ihren Zielen.
Hafen mit langer Geschichte
Noch bevor der heute Hafen erbaut wurde, war er aufgrund der natürlichen Gegebenheiten ein beliebter Anlaufpunkt für Seefahrer, Freibeuter, Entdecker, Abenteuer, Auswanderer etc. Die See, die Klimabeständigkeit, das gute Wetter und die optimale Lage an der Schnittstelle dreier Kontinente (Europa, Afrika und Amerika) waren weitere Gründe.
Mit dem Bau des Hafens verstärkte Puerto de la Luz seine Bedeutung als Wirtschafts- und Handelszentrum für die Stadt Las Palmas. Im Prinzip befindet er sich an der Stelle, wo im Jahr 1883 die kanarischen Brüder Fernando und Juan León y Castillo ihn klug planten bzw. auch realisierten.
Der Hafen wächst mit Vulkanerde von La Isleta
Nur hat sich das Hafengebiet inzwischen beträchtlich ausgedehnt und umfasst heute zwei Hektar. Im hinteren Teil des Areals wird nach wie vor fleißig gebaut. Die Erde aus der angrenzenden Halbinsel Las Isleta wird für die Trockenlegung des Meers verwendet. Man sieht die terrassenförmigen Einkerbungen des Hügels durch diesen Abbau (Foto 5). Hier entstehen u. a. die Anlegestellen für den Fährverkehr zwischen den Inseln. In drei Jahren soll dies abgeschlossen sein.
Hier hat die Hafenbehörde das Sagen
Auf dem Hafengelände herrschen eigene Regeln. So ist auch eine eigene Hafenpolizei für die Einhaltung der geltenden Bestimmungen verantwortlich. Der Präsident der Hafenbehörde, Don Luis Ibarra Betancort, begrüßte uns persönlich trotz seines vollen Terminkalenders. Dabei erfahren wir, dass erst vor zwei Tagen der Hafen von Las Palmas auf der internationalen Kreuzfahrt-Messe „Cruise Insight“ in Miami ausgezeichnet wurde. Schon 2011 erhielt man einige Auszeichnung als Hafen mit dem „Best turnaround“, „Best Operations Award“ sowie „Best Tour Guides“ sowie „Most improved port facilities“, um nur einige zu nennen.
Die routinierte Powerfrau Doña Begoña ist für die Pressearbeit zuständig und führt uns durch alle, wirklich alle, Hafenbereiche, die wir sehen wollen. Vor Ort organisiert sie via Telefon (ein Festnetz am linken Ohr, das andere Mobiltelefon am rechten Ohr) die einzelnen Sondergenehmigungen bei den jeweiligen Verantwortlichen, parallel versteht sich. Von all unseren bisher wahrgenommenen Presseterminen, war dieser der mit Abstand am professionellsten organisierte. Häufig sind hier auch ausländische Medienvertreter von Presse und TV zu Gast, was die Routine erklärt.
Zusätzlich werden in einem eigenen Informationsgebäude, dem „Centro de Interpretación“ jeden Tag Schulklassen empfangen und die Schüler lernen alles Wissenswerte über den Hafen und die operativen Abläufe.
Es wartet ein Kleinbus auf uns. Gemeinsam mit Begoña werden wir die nächsten zwei Stunden quer durch das Areal chauffiert und mit wissenswerten Details versorgt. Doch bevor wir unsere Erkundungsfahrt beginnen, müssen wir Sicherheitsjacken in leuchtendem Orange (dafür in weniger chicem Schnitt) anziehen mit der Aufschrift „Puertos de Las Palmas“ und irgendwie fühlen wir uns jetzt als Mitglied des Hafenteams.
Lotsen steuern das Verkehrsaufkommen im Hafen
Operativ läuft alles auf dem letzten Stand der Technik. Mittels dem VTS System (Vessel Traffic System) steuern die Lotsen im sogenannten Navtex Zentrum den Schiffsverkehr, ähnlich wie an Flughäfen. Insgesamt sorgen fünfzig Kameras auf den Häfen (einschließlich Lanzarote und Fuerteventura) für die Sicherheit.
Werften mit Tradition
Las Palmas ist die Nummer eins für Schiffsreparaturen im Atlantischen Mediterranen Gebiet. Dieser Bereich erstreckt sich auf 170.000 Quadratmetern. Namhafte Werften sind hier seit Jahrzehnten vertreten wie z. B. Hamilton, Zamakona Yards oder Viking Star. Auch viele spezialisierte Unternehmen sind hier ansässig. Reparaturen gemacht werden, auch die äußerst komplexen bei Ölbohrinseln. Aufgrund der strategischen Lage zwischen Südafrika und Mexiko, dem idealen Wetter bei gleichzeitig ruhiger See, ist hier das ganze Jahr über reger Betrieb.
Wie uns Marketingdirektor Leandro der Schiffswerft Zamakona Yards erklärte, können sie bis zu fünf Schiffe mit einer Länge von jeweils bis zu 126 Metern gleichzeitig im Trockendock (siehe Foto 3) reparieren. Diese werden mittels Stahlseilen aus dem Wasser gezogen. Am Hafen gibt es natürlich auch andere Docks...
Schiffe für jeden Anlass
Lotsen-Schiffe ziehen beispielsweise die Frachter an die gewünschten Positionen im Hafen. Andere Schiffe fungieren als Dienstleister – sogenannte Supply Vessels - und versorgen manche Schiffe oder Bohrinseln mit allem Benötigten. Hat nämlich ein Frachter gefährliche Ladung an Bord, darf dieser nicht in den Hafen, sondern muss in einiger Entfernung auf dem offenen Meer vor Anker gehen.
Im Hafengebiet befinden sich riesige Areale für die Warenlagerung und natürlich auch riesige Kühlhäuser für die Fischereibetriebe. Die Fischerei hat allerdings schwere Einbußen zu verkraften und reduzierte das Volumen auf beinahe auf die Hälfte zwischen 2011 und 2012. Hintergrund waren die vor etwa einem Jahr geschlossenen Abkommen der Europäischen Union mit Mauretanien, die die kanarischen Fischer in eine schwere Krise stürzten (wir berichteten ausführlich).
Gigantische Ölplattformen
4,6 Kilometer ist das Dock Reina Sofia lang. An unserem Besuchstag ist gerade die Ölplattform „Eirik Raude Nassau“ (Foto 4) für Wartungsarbeiten angedockt. Wochen und Monate können die komplizierten und heiklen Arbeiten an solchen Ölplattformen oder Ölförderschiffen dauern. Die Eirik Raude zählt zu den sogenannten „halbtauchenden Ölplattformen“ und zählt zu den weltweit größten ihrer Art. Sie ist für Bohrtiefen von bis zu 3.000 Metern unter dem Meeresspiegel ausgelegt.
Ungeachtet dessen hat die Sicherheit den höchsten Stellenwert im Hafenbetrieb, vielleicht auch weil der Hafenpräsident aktives Mitglied bei Greenpeace ist. Keine Ölbohrinsel ankert hier ohne einem Reinigungsboot, das im Falle eines Vorfalls sofort eingreifen könnte. Zusätzlich schirmen schwimmende Eingrenzungen die Meeresoberfläche ab – sicher ist sicher.
Der Hafen arbeitet nach Vorgaben der Marpol. (Anm.: Das ist ein internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe).
Das Bunkering
Aus Sicht der Tanklager für Brenn- und Kraftstoffe ist der Hafen von Las Palmas de Gran Canaria der größte Spaniens und einer der wichtigsten im Atlantik (Foto 6). Praktisch alle großen Ölkonzerne nutzen das „Bunkering“-Angebot und sind hier vertreten, von BP Oil, Shell, Disa bis hin zu Repsol.
Im Gespräch mit Luis Ibarra Betancort
Präsident der Hafenbehörde Las Palmas
Anm.: Im nächsten Teil 2 erfahren Sie mehr über den Containerhafen, die Duty-Free-Zone, die Fundación Afrika, das Recycling-Programm, das Sportzentrum sowie Fakten und Zahlen.
Zur Hafenbehörde Las Palmas zählen folgende Häfen
Gran Canaria:
Puerto de la Luz de Las Palmas de G.C.
Puerto de Salinetas
Puerto de Arinaga.
Lanzarote: Puerto de Arrecife.
Fuerteventura: Puerto del Rosario.
Ranking Spanien
Rang 1 Reparaturen „Navales“
Rang 2 Treibstofflagerung „Bunkering"
Rang 3 Kreuzfahrten
Rang 4 Container