Spanien ist mit 5.978 Kilometern Küste gesegnet (davon entfallen allein auf die Kanaren 1.126 km). An unseren Küsten gibt es ca. 3.000 Strände, und davon gibt es sehr viele (590 im Jahre 2018, damit 11 mehr als im Jahre 2017), die „blaue Flaggen“ von der EU verliehen bekommen haben. In keinem anderen Land Europas gibt es so viele mit der blauen Flagge gekennzeichnete Strände.
Auf den Kanaren haben wir 50 Strände mit der blauen Flagge, und damit eine Flagge mehr als im Vorjahr 2017. Außerdem gibt es fünf kanarische Häfen, die ebenfalls mit einer blauen Flagge ausgezeichnet sind. Die blaue Flagge ist ein Gütesiegel, das jährlich an Strände und Häfen von der 1981 gegründeten Stiftung für Umwelterziehung (englisch: Foundation for Environmental Education) verliehen wird. Diese Nichtregierungsorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, den Umweltschutz durch Maßnahmen wie diese nachhaltig zu unterstützen. Als touristisch geprägtes Land leben wir vor allem von unseren Stränden und von der Schönheit unserer Küste. In meinem heutigen Bericht möchte ich Sie kurz darüber informieren, welche Regeln für die spanische Küste gelten.
1. Wem gehört das Meer?
Nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gehört dem Staat das Küstenmeer (mar territorial): Das Meer bis zu einer Entfernung von 12 Seemeilen (also 22,2 Km) ist spanisches Hoheitsgebiet, sowie der Meeresboden innerhalb dieser Grenze. Zusätzlich gibt es die sogenannte „ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ), das Meeresgebiet jenseits des Küstenmeeres. Küstenmeer und AWZ dürfen zusammen bis zu 200 Seemeilen (370,4 km) breit sein. Innerhalb dieser Zone besitzt jeder angrenzende Staat sämtliche Rechte bezüglich der Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen. Die Gewässer jenseits dieser Zone werden als internationales Meer bezeichnet.
2. Wem gehören die Strände und die Küste?
Nach dem spanischen Küstengesetz aus dem Jahre 1988 (https://www.boe.es/buscar/act.php?id=BOE-A-1988-18762) gehört dem Staat die Küste, inklusive der dazugehörenden Strände. Diese dürfen nicht in Privateigentum überführt werden; sie sind das sogenannte „dominio público marítimo terrestre“. Die spanische Küste besteht nach den Bestimmungen des spanischen Küstengesetzes (Ley 22/88, de 28 de julio, de Costas) und seiner Verordnung (Real Decreto vom 1.12.1989) aus verschiedenen Zonen:
- Das Meer selbst ist Eigentum des Staates, und zwar unverkäufliches Eigentum.
- Dominio público - ribera del mar (staatliches Eigentum an der Küste) ist der Strand bzw. die Küste bis zu dem Punkt, den die größten Wellen bei den stärksten Stürmen erreichen, und er ist ebenfalls unverkäuflich. Egal wie lange jemand einen Teil dieser Küste besitzt, selbst wenn er es irgendwie geschafft haben sollte, dass dieses Grundstück im Grundbuch auf seinen Namen eingetragen ist, ist und bleibt dieser Küstenbereich Eigentum des Staates. Für die Strände und Dünengebiete am Meer gilt ebendies. Die Steilküsten und das dem Meer abgerungene Land sind ebenfalls staatliches Eigentum.
- Die „servidumbre de tránsito“ (die Zugangsdienstbarkeit) beträgt 6 Meter, gemessen ab dem staatlichen Küstenbereich. Diese Zone kann zwar Privateigentum sein, muss aber frei bleiben, damit dieser Bereich jederzeit begangen und befahren werden kann.
- Danach kommt die sogenannte „servidumbre de protección“ (Schutzzone). Sie ist seit der Gesetzesänderung von 2013 nur noch 20 Meter breit (früher war sie mit 100 bis zu 200 Metern wesentlich breiter), gemessen ab dem staatlichen Küstenbereich. Auch wenn diese Zone sich in Privateigentum befindet, darf man hier nichts bauen, nichts einzäunen, keinen Müll entsorgen, keine Strommasten oder Reklameschilder aufstellen, keine Straßen bauen und auch keinen Bergbau betreiben. Man kann aber mit einer entsprechenden Genehmigung Sportanlagen errichten, allerdings ohne Bedachung. Sollten Sie aber ein Haus in dieser Zone besitzen (das schon vor Inkrafttreten des Küstengesetzes 1988 existierte) dürfen Sie dieses behalten, jedoch nicht vergrößern. Für Umbauten in dieser Zone braucht man ein Gutachten von der Küstendirektion sowie eine Baugenehmigung des Bundeslandes.
- Die „servidumbres de acceso al mar” regelt das Wegerecht zum Meer. Das sind nicht etwa Streifen am Meer, sondern bestimmte Stellen, an denen der Zugang zum Meer von jedermann zu respektieren ist. Diese Zugänge müsste es theoretisch alle 500 Meter geben, in Städten sogar alle 200 Meter. Diese Wege sollen in der jeweiligen Bauplanung gekennzeichnet sein.
Mit den sogenannten „Vermarkungen“ (deslindes del dominio público marítimo terrestre) vermisst der Staat die Grenzen dieser oben genannten Zonen. Dabei muss dieser den angrenzenden Eigentümern die Möglichkeit geben, sich zu äußern und gegebenenfalls auch Rechtsmittel einzulegen, falls der Verdacht besteht, dass ihre Rechte durch falsche Vermessung verletzt worden sind.
Das spanische Küstengesetz war ein Segen für unser Land. Man muss sich die Küsten in anderen Ländern anschauen, die aus lauter klein parzellierten „privaten Stränden“ bestehen, um zu merken, wie schön es ist, dass unsere Strände barrierefrei, gratis und offen sind. Bei einem Besuch an der italienischen Adria in Rimini war ich regelrecht schockiert, weil es an dem dortigen riesigen Sandstrand so gut wie nicht möglich war, sich ohne Gebühr irgendwo hinzulegen oder auch nur spazieren zu gehen, weil der einst wunderschöne, breite Strand komplett parzelliert, eingezäunt und privatisiert ist.
Wenn man sich ein Haus oder Appartement direkt an der Küste kauft, sollte man zuvor also immer von einem Experten prüfen lassen, ob die Immobilie irgendwie vom Küstengesetz betroffen ist. Oft gibt es auch Anlagen, in denen ein Teil der „Gemeinschaftszonen“ (z.B. die Pools oder die Gärten) ganz oder teilweise auf öffentlichem Grund und Boden stehen, was bedeutet, dass die Gemeinschaft dafür zahlen muss, oder dass eventuell der Anlage diese Nutzung entzogen werden könnte, wenn dort z.B eine Strandpromenade gebaut werden soll.
Die Küstendirektion (Jefatura Provincial de Costas) ist das Amt, das zuständig ist, um die Vermarkungen/Vermessungen zu erstellen, und um Sie zu informieren oder die entsprechenden Bescheinigungen auszustellen.
3. Was passiert mit den Häusern, die vor Inkrafttreten des Küstengesetzes aus dem Jahr 1988 innerhalb des staatlichen Küsteneigentums stehen?
Da, wo die Küste vor 1988 noch nicht klar vermessen war, konnte es Gebäude geben, die zu nah am Meer standen und sogar im Grundbuch als Privateigentum eingetragen waren. Die später stattfindende staatliche Vermessung stellt nunmehr fest, dass diese auf öffentlichem Grund und Boden stehen, was dazu führt, dass die bisherigen „Eigentümer“ entschädigungslos enteignet werden, weil die allgemeine Rechtsauffassung davon ausgeht, dass die Küste schon immer öffentliches Eigentum war. Dagegen ist mehrfach vergeblich bis zur höchsten Instanz geklagt worden. Allerdings haben die „Ex-Eigentümer“ das Recht, eine Konzession zu beantragen, also für viele Jahre dieses Grundstück günstig zu mieten (30 + 30 Jahre lang). Dies geschah zum Beispiel auch mit den Betreibern des im Jahre 1979 gebauten Einkaufszentrum ANEXO 2 in Playa del Inglés. Mit der staatlichen Vermessung im Jahre 1995 verloren diese das „Eigentum“ ihrer (sogar im Grundbuchamt eingetragenen) Geschäftslokale, bekamen jedoch die Möglichkeit, eine auf 30 + 30 Jahre befristete Konzession zu erhalten. Dagegen haben diese jahrelang vergeblich geklagt.
4. Welche Behörde ist zuständig für die Küstenzone?
Zuständig für die Regelung, die Kontrolle und Nutzung der Küstenzone ist grundsätzlich der spanische Staat. Den Bundesländern (comunidades autónomas, z.B. die Kanaren) ist die baurechtliche Regelung der Küste und der Häfen sowie die Abwasserentsorgung übertragen.
Auch den Gemeinden stehen einige Rechte bezüglich der Küste und den Stränden zu. Diese müssen z.B. gehört werden, wenn staatliche Stellen Landvermessungen vornehmen oder Konzessionen vergeben wollen. Außerdem können diese selbst saisonale Konzessionen erteilen (z.B. Vermietung von Liegestühlen und Sonnenschirmen). In die Kompetenz der Gemeinden fällt auch die Sorge um die Hygiene, die Rettung von Personen sowie die allgemeine Sicherheit und Ordnung an den Stränden.