1. WEM GEHÖREN DIE WÄLDER?
Wälder gehören in Spanien oftmals den jeweiligen Gemeinden, den Bundesländern oder manchmal sind sie auch im Privatbesitz. Die öffentlichen Wälder, die früher dem Staat gehörten, sind seit dem Entstehen der „Comunidades Autónomas“ (entspricht spanischen Bundesländern) in den Besitz des jeweiligen Bundeslandes übergegangen.
2. WER IST FÜR DEN WALDSCHUTZ ZUSTÄNDIG?
Auf den Kanarischen Inseln ist dies grundsätzlich die Kanarische Regierung, die ihre Zuständigkeit größtenteils an die jeweiligen Inselregierungen delegiert hat. Der spanische Staat behält jedoch einige Zuständigkeiten in Sachen Gesetzgebung und bezüglich Bränden, die mehrere Bundesländer betreffen.
3. DIE WICHTIGSTEN ANWENDBAREN GESETZE
Art. 149.1.23 der spanischen Verfassung; Ley de Montes 43/2003 de 21 de noviembre (Wäldergesetz, zuletzt im Jahr 2015 geändert); Ley 4/89 de Conservación de los Espacios Naturales y de la Flora y Fauna Silvertre (Naturschutzgesetz); Ley Canaria de Espacios Naturales Protegidos Decreto 124/95; Decreto Legislativo 1/2000, de 8 de mayo, por el que se aprueba el Texto Refundido de las Leyes de Ordenación del Territorio de Canarias y de Espacios Naturales de Canarias (Kanarisches Bodengesetz). Strafgesetzbuch vom Jahre 1995.
4. WIE VIELE WÄLDER GIBT ES IN SPANIEN?
Erstaunlicherweise gibt es in Spanien sehr viele Wälder. Es sind sage und schreibe 7.500 Millionen Bäume und deren Zahl ist in den letzten 10 Jahren um 30 % gestiegen. Nach Schweden ist Spanien das westeuropäische Land mit den meisten Bäumen. Dabei handelt es sich bei 20 % um Eichen, 15 % Korkeichen und ca. 11 % Kiefern.
Allerdings leben wir auf Gran Canaria, Fuerteventura oder Lanzarote, also in der am wenigsten bewaldeten Zone Spaniens. In der Provinz Las Palmas gibt es lediglich 4,7 Millionen Bäume, also nur ca. 4 pro Einwohner!. Unsere lieben Nachbarn der Provinz Teneriffa (Teneriffa, La Gomera, La Palma und El Hierro) haben zehn Mal mehr Bäume.
5. WIE HAT SICH DER WALD AUF GRAN CANARIA IM LAUFE DER GESCHICHTE ENTWICKELT?
Die Kanaren sind seit ca. 2000 Jahren bewohnt. Die Urkanarier rodeten bereits die Wälder an den Küsten. Nach der Eroberung von Gran Canaria durch die Spanier Ende des 15. Jhdts. fing allerdings erst die richtige große Waldzerstörung an.
1518 gab es ein Dekret (Real Cédula), das die Wälder schützen sollte. 1531 wurde eine Verordnung („Ordenanzas de Melgarejo“) erlassen, um die Wälder auf Gran Canaria zu schützen die dem König gehörten. Sie konnte jedoch die schnell voranschreitende Zerstörung nicht verhindern.
Die von Portugiesen eingeführten Zuckerrohrplantagen brauchten für die Produktion von Zucker, der dann nach Europa exportiert wurde, viel Brennholz. Zudem benötigte man Holz, um Häuser und Schiffe zu bauen. Etwa um 1650 hörte man mit dem Zuckerrohrbau auf, da man das benötigte Brennholz bereits von anderen Inseln importieren musste und das für die Zuckerproduktion unrentabel wurde.
In nur 150 Jahren der großen Zuckerrohrplantagen (im Jahr 1520 zählte man etwa 25 auf Gran Canaria), wurden die Loobeerbaumwälder (Laurisvila), siehe Foto unten, fast zur Gänze zerstört. Ende des 18. Jhdts. war die Bevölkerung auf Gran Canaria stark angewachsen und man benötigte mehr Äcker für die Landwirtschaft und Viehzucht. 1823 gab es auf Gran Canaria einen Volksaufstand gegen die Privatisierung der wenigen übrig gebliebenen öffentlichen Wälder. Dabei riefen sie „¡Viva la Virgen del Pino y la Montaña de Doramas!“ (dt. Es lebe die Jungfrau der Kiefer und der Berg Doramas!). Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen und der 72-jährige Anführer des Aufstandes, Matías Zurita, wurde hingerichtet.
Die Landwirtschaft, der Holzverkauf und zu viele Ziegen zerstörten allmählig die restlichen Loorbeerbaumwaldbestände und am Ende auch die Kieferwälder in den Bergen bis schließlich im Jahr 1940 auf Gran Canaria nur noch 6.000 Hektar Wald übrigblieben. Die Berglandschaft sah komplett anders aus als heute. Sie war absolut kahl und trocken, dem 80 % der ursprünglichen Wälder waren verschwunden.
In den 1940-er, 1950-er und 1960-er Jahren begann die Inselregierung mit intensiven Aufforstungen. Diese erfolgten auch danach, allerdings nicht in dem gleichen Ausmaß - bis heute.
Mit dem Verschwinden der Holzöfen zum Kochen erholten sich die Wälder sukzessive. Heutzutage sind etwa 15 Prozent der Insel bewaldet. Das entspricht ungefähr 20.000 Hektar Wald, wobei es sich bei 85 Prozent um Kiefern handelt.
Der jüngste Brand vom August 2019 hat ca. 10.000 Hektar betroffen, allerdings handelte es sich bei einer Seite nicht um einen richtigen Wald und die Kiefernwälder auf der anderen Seite können sich glücklicherweise schnell erholen (in etwa zehn Jahren).
6. WIE SOLL ICH MICH VERHALTEN, WENN ICH EINEN (WALD)BRAND ENTDECKE?
Die Gesetzgebung schreibt folgendes vor: a) Melden sie umgehend den Brand; b) versuchen Sie nicht im Wege zu stehen und bei den Löscharbeiten nicht zu stören; c) Sie sind verpflichtet bei den Löscharbeiten zu kooperieren wenn Sie dazu aufgefordert werden oder wenn Sie den Brand selbst verursacht haben; d) die Behörden können Güter konfiszieren, die sie dringend für die Bekämpfung des Feuers brauchen.
7. WALDBRÄNDE ALS STRAFTAT ODER VERGEHEN
Das spanische Strafgesetzbuch bestraft mit voller Härte diejenigen, die Waldbrände verursachen. Art. 352.1 vom Strafgesetzbuch: 1 - 5 Jahre Haft plus Geldstrafe bei normalen Waldbränden (bis zu einem Jahr, wenn sich der Waldbrand nicht verbreitet hat). Die Strafe kann bis 6 Jahre erreichen, wenn der Waldbrand besonders groß oder schädlich geworden ist, wenn der Boden danach stark erodiert, wenn der Brand in der Nähe von einem bewohnten Ort stattfand, wenn der Täter aus Habgier handelte, oder wenn der Brand in einer klimatisch besonders gefährlichen Zeit stattfand.
Art. 352.2 vom Strafgesetzbuch: 10 - 20 Jahre Haft plus Geldstrafe für die Verursachung von Waldbränden, wenn Personen in Gefahr gebracht werden. Werden Menschen verletzt oder sogar getötet, wird dies extra bestraft.
Der Strafrichter kann außerdem Folgendes entscheiden:
a) dass die Landschaftsplanung der verbrannten Grundstücke 30 Jahre lang nicht geändert werden kann;
b), dass die Nutzung der verbrannten Flächen begrenzt wird, um die Natur zu schützen;
c) dass das verbrannte Holz konfisziert wird.
Waldbrände sind nur dann eine Straftat, wenn der Verursacher böswillig oder grob fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässigkeit gibt es zum Beispiel, wenn man Müll in Zeiten verbrennt, wo das wegen der hohen Temperaturen oder der Brandgefahr verboten ist oder, wenn man die Verordnungen für den Schutz der Wälder missachtet (siehe Kasten). In den anderen Fällen ist die Verursachung des Brandes nur ein Vergehen, das mit einer Geldstrafe bestraft werden kann.
8. ANDERE FOLGEN DER WALDBRÄNDE
a) Das Gesetz „Ley de Montes“ sieht vor, dass die baurechtliche Nutzung der verbrannten Grundstücke in den nächsten 30 Jahren nicht mehr geändert werden kann. Aber seit 2015 kann die Regierung des jeweiligen Bundeslandes ausnahmsweise, aus sehr wichtigen Gründen, anders entscheiden.
b) Wenn Sie beim Brand helfen und dabei sterben oder verletzt werden, gibt es eine Versicherung (Consorcio de Compensación de Seguros), die die Zahlungen der Entschädigungen übernimmt. Die (meines Erachtens viel zu kleinen) Entschädigungen sind in einer Verordnung vorgesehen und gestaffelt. c) Bei großen Waldbränden gibt es in der Regel öffentliche Subventionen für diejenige, die Schäden erlitten haben. Auch Versicherungen gegen Waldbrände sind subventioniert.
d) Der Verursacher des Brandes ist selbstverständlich zur Entschädigung verpflichtet. Wenn er als Angestellter agiert hat, kann möglicherweise sein Arbeitgeber mithaften.
9. WER IST SCHULD AN DEM LETZTEN GROSSWALDBRAND?
Sicherlich unsere Politiker. Sie wissen ganz gut, wie gefährlich es ist, wenn es, wie üblich, trockene und heiße Tage von Juni bis Oktober gibt, das ist ja nichts Überraschendes. Man muss natürlich neue Bäume pflanzen, aber die neu gepflanzten Bäume sowie die bestehenden Wälder müssen auch gepflegt werden, und von leicht brennenden Materialien befreit werden, richtige Waldschneisen müssen geschaffen werden, genug Personal und Flugzeuge müssen zur Verfügung stehen und man muss auch schnell reagieren können. Die Waldbrände werden am leichtesten im Winter verhindert, indem man alles tut, damit sie im kommenden Sommer nicht entstehen. Das geht aber nicht ohne Geld. Die letzte Kanarische Regierung lehnte den Vorschlag der Inselregierung Gran Canaria ab, eine Steuer von 1 Cent pro Liter Benzin einzuführen („céntimo verde“). Die letzte Inselregierung beschloss daraufhin, ab 2018 ca. 4,5 Millionen Euro pro Jahr zu investieren bis man 40 Millionen Hektar Wald auf Gran Canaria geschaffen hat, aber jetzt werden wir sehen, was die nach den letzten Wahlen neu gebildete Inselregierung beschließt.
10. WIE KANN MAN NACH DEM VERHEERENDEN BRAND VON AUGUST 2019 HELFEN?
a) Halten Sie die üblichen Vorsichtsmaßnahmen streng ein; b) verhindern Sie nicht die Löscharbeiten; c) spenden Sie an seriöse Vereine oder Stiftungen;
d) üben Sie Druck auf unsere Politiker, damit diese die bestehenden Wälder besser schützen, damit Wiederaufforstungsprogramme aufgenommen werden, und d) kaufen Sie Produkte aus der nachhaltigen kanarischen Landwirtschaft.
Mit freundlichen Grüssen,
Ihr José Antonio Pérez Alonso
Abogado/Rechtsanwalt