Immer wieder werde ich von Lesen nach urigen kanarischen Gasthäusern gefragt, wo man authentische regionale Gerichte essen kann und am besten dort, wo die Einheimischen essen gehen. Daher unterbreche ich meine ansonsten eher anspruchsvollen kulinarischen Entdeckungstouren, um auch diesem Wunsch in regelmäßiger Weise nachkommen zu können. In Arinaga soll es einen absoluten Geheimtipp geben und nach einiger Recherche habe ich es auch gefunden: La Vacería de las Salinas. Und so begebe ich mich in den Küstenort, der sich in den letzten Jahren durch viele Investitionen der Gemeinde zu einem schmucken Ort verwandelt hat mit einem bei den Einheimischen beliebten Strand und seiner etwa zwei Kilometer langen Promenade. Genau hier liegt das Ziel der Begierde, das ich drei Mal, jeweils incognito und mit anderen Personen, erkundete.
Auf, zum ‚Kuhstall‘
Vor dem Gebäude steht ein alter Viehwagen, da sind sie richtig (siehe Foto rechts). Es wirkt nicht unbedingt einladend und fast zögere ich beim ersten Besuch die Türklinke zu betätigen, denn ich kann es nicht glauben, dass dies ein Restaurant ist. Es gibt keine Fenster und Tageslicht kommt nur über eine Stelle an der mit Wellblech überdachten Decke. Erstaunlicherweise herrscht an diesem Nachmittag reger Betrieb, spanisches Wirrwarr und sogar Touristen mache ich ausfindig.
Der Name ist nicht Programm. Kuhstall bedeutet „La Vacería“ und das war es einst auch. Vor etw zwanzig Jahren wichen die Kühe den Tischen, Stühlen und einer unüberschaubaren Menge an altem Trödel. Anstelle von Rind dominiert hier Schwein in den Gerichten.
Tante Emma ist mit dabei
Ein kurzer Rundgang zahlt sich aus, insbesondere, wenn Sie alte Dinge lieben. Singer-Nähmaschinen, Küchenwagen, alte Rasierer und Haarschneidegeräte, historische Kameras, landwirtschaftliche Geräte, historische Fotos und an den Decken hängen sogar Fahrräder. Der Boden ist einfach mit Schottersteinen ‚ausgelegt‘ und ich wundere mich, wie man diesen Betrieb trotz strenger Auflagen des Gesundheitsamts führen darf. Gleich am Eingang gibt es eine ‚Tante Emma‘ Ecke, wo man regionale, kanarische, landwirtschaftliche Erzeugnisse von den Bauern in der Gemeinde erwerben kann, wie z. B. frisch gelegte Eier, Tomaten, Kartoffeln, Knoblauch, Olivenöl, Käse, Paprika, Zwiebeln etc.
Alle guten Dinge sind drei, naja, nicht immer ...
Die Bedienung hat an diesem Tag „mala leche“, hat also schlechte Laune und diese hat sich scheinbar auf ihre Kollegen ausgeweitet. Die Leidtragenden waren bedauerlicherweise an diesem Tag wir Gäste und wären wir nicht zu fünft und meisterten ab einem gewissen Punkt die Situation nur noch mit Galgenhumor, dann wären wir gegangen. Die von mir hoch gepriesene Alioli sowie der Tomatensalat mit Käse sind bei diesem dritten Besuch nicht serviert worden. Das macht in der Hitze des Gefechts passieren, dass man etwas vergisst. Weniger sympathisch ist es jedoch, wenn man dem Gast nicht glauben schenkt, obwohl wir fünf Personen waren und der offensichtlich frustrierte Kellner mit uns zu diskutieren begann - eigentlich unerhört.
Ungeachtet von dem zugegebenermaßen keinesfalls professionellen Verhaltens des Personals an diesem Tag, bin ich guter Hoffnung, dass wir einfach nur Pech hatten. Ansonsten würde das Lokal nicht immer so gut besucht sein.
Die Hälfte der Portion ist ausreichend
Was im Service fehlt wird mit der Qualität des Essens kompensiert und mit den überaus moderaten Preisen getoppt. Die Portionen sind derart groß, dass ich ihnen wirklich nur eine halbe Portion (liegt preislich zwischen 3 bis 5 Euro) empfehle und dafür mehrere Speisen zu wählen. Alle Preisangaben beziehen sich auf die halbe Portion.
Das ofenwarme Brot wird vor Ort selbst gebacken. Die Spezialität des Hauses ist irreführenderweise das Schwein und sogar Speisen des „Cochino negro canario“, z. B. Hamburger (7 Euro bzw. 5 Euro halbe Portion), eine kanarische Delikatesse, die jeweils freitags bis sonntags angeboten wird. Legendär sind die überdimensionalen Bocadillos de pata de cerdo mit queso tierno (Brot mit Schweinestücken und Käse, 2,70 bis 4 Euro). Köstlich ist der überbackene Käse mit Tomatenmarmelade (5 Euro) oder die Kroketten (5 Euro) vom Schwein. Die ‚üblichen Verdächtigen‘ à la papas arrugadas (3 Euro), pimiento de padrón (3,50 Euro), tortilla española (5 Euro) ein fantastischer Alioli Aufstrich (2 Euro) etc. fehlen natürlich nicht. Bekannt ist das selbstgemachte Eis aus Ziegenmilch, eine Frage des Geschmacks. Wer ohne Pizzen nicht leben kann, hat auch eine entsprechende Auswahl (5 bis 7 Euro).
Wenn Sie also mutig sind und ihre Ansprüche an professionellen Service herunterschrauben oder zumindest den Mut haben diesen dem Zufall zu überlassen, dann werden Sie garantiert geschmacklich in diesem ungewöhnlichen Ambiente auf ihre Kosten kommen - ohne dafür viel zu bezahlen.
Regelmäßig wird in diesem Mekka der kanarischen Hausmannskost auch Live-Musik mit kanarischer Folklore geboten. Viel Spaß!
Julija Major
Bildunterschriften
Fotos v. li. n. re.: Tomatensalat mit Käse, Pata de cerdo, Pimientos de padrón, Gofio und am Eingang „Tante Emma Ecke“ mit regionalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen
Foto unten: Gebäude des Restaurants „La Vacería las Salinas“
Kontakt
La Vaquería Las Salinas, c/Gravina 1 in Playa de Arinaga
Geöffnet: Täglich von 8.00 bis 23.30 Uhr
Tel.: (+34) 928 183 213
Anm.: Sehr rustikal und urig, echter kanarischer Geheimtipp. Man bietet das Essen auch zum Mitnehmen an bzw. ist die Vacería de las Salinas auch ein beliebter Spot für Feiern.