An diesem Montag morgen vor einer Woche besuchten wir die Olivenfinca im Gemeindegebiet von Agüimes. Die Fahrt war vergnüglich und wir staunten (wieder einmal) wie sehr sich die Natur im Winter verändert und auf diesen ansonsten ehrlicherweise öden, kargen braunen Berghängen wuchsen plötzlich Büsche und andere farbenkräftige exotisch anmutende Pflanzen. Es sah aus, als ob der Berg „Bart“ trägt, nur eben in Grün. Eric, Claudia und ich entschlossen uns spontan die Rückfahrt auf einer anderen Route zu begehen. Zum Glück.
Wir fuhren also die kurvenreiche Straße GC-65 in Richtung Santa Lucía. Dieser Streckenabschnitt war sehr dünn besiedelt und aufgrund der eher kargen Landschaft ein wenig exotisch, auf jeden Fall ungewöhnlich. Die Straßen schlängelten sich entlang der Schluchten und vorbei an bizarren Felsformationen. Die Straße bahnte sich unerbarmlich ihren Weg durch die Gegend und zur Not wurde ein Stück Gestein einfach ‚herausgeschnitten“, ein sehr ungewöhnlicher Anblick, so als ob man ein Stück aus einer Torte schnitt. Es war still und friedlich. Nur dann und wann drang ein Vogelgezwitscher an unsere Ohren. Tapfer fuhren wir weiter, denn mit Geduld zählt nicht zu meinen Stärken. Mehr als 40 km/h gab die kurvenreiche Straße aufgrund der Sicht nicht her.
Aussichtsplattform „de la sorrueda“
Unmittelbar vor der Festung befindet sich der Aussichtsplattform vor dem Stausee „Mirador de La Sorrueda“. Die Aussicht ist herrlich. Man sieht in die Tiefen der Schluchten und die zerklüfteten Berghänge, die jedes Mal andere Gedankenbilder wecken. Ein Zwischenstopp lohnt sich.
Imposant: La Fortaleza der Altkanarier
Endlich wurden die Biegungen milder und auf Höhe der natürlichen imposanten Festung „La Fortaleza de Ansite“ machte ich einen obligatorischen Zwischenstopp. Es ist inzwischen zweifelsohne klar, dass es sich hierbei um einen der wichtigsten archäologischen Stätten auf Gran Canaria handelt. Es geht aber nicht um die Mythen, dass sich die stolzen männlichen Einheimischen lieber in den Tod gestürzt haben als sich den spanischen Eroberern zu unterwerfen. Vor einem Jahr etwa berichteten wir über die neuesten Entdeckungen bzw. Ergebnisse der jüngsten Ausgrabungen (die nach wie vor laufen). Denn genau hier existierte einst eine Siedlung der Urbevölkerung, die sich vermutlich um 1.100 nach Chr. ansiedelte.
Die Altkanarier waren geschickte Kletterer, denen die steilen Hänge und das unwegsame Gelände wenig ausmachte. Am Fuß dieser natürlichen Festung, die geradezu senkrecht aus den umliegenden tiefen Schluchten in die Höhe ragt, befand sich eine Siedlung. Bis zu 500 Menschen sollen hier in einer in sich abgeschlossenen gesellschaftlichen Struktur gelebt haben. Eine Steinmauer, die nur über ein Tor zugänglich war, umgab die Festung. Dahinter waren die klassischen Steinbehausungen der Menschen vorzufinden, aber auch Silos und Viehunterkünfte.
Sensationelle Entdeckung
Vor etwa eineinhalb Jahren machten Archäologen zudem einen weiteren sensationellen Fund. Am Gipfel dieser Festung befinden sich sechs kreisförmige Einbuchtungen. Diese sollen religiösen Riten gedient haben, beispielsweise (Fruchtbarkeitsrituale oder die Anbetung der Regengötter für das begehrte Nass).Dieser war nur nur über einen einzigen fast senkrechten Zugang erreichbar, der Rest wurde mit Steinen verbarrikadiert. Die indigene Bevölkerung zog sich bei Gefahr in Verzug hier hoch. Zwei Mann konnten feindliche Angriffe locker abwehren.
Ohne große Anstrengung (aus Sicht eines Sportmuffels) kann man durch den Tunnel von Fortaleza über den hinteren Ausgang an die Rückseite und die Festung umwandern, spektakuläre Ausblicke inklusive. Von dort aus blickt man auch auf die nebenan liegende La Fortaleza Chica (man sieht drei Öffnungen). Diese dienten den Altkanariern als Begräbnisstätte.
Im Januar 2016 hat in unmittelbarer Nähe ein sogenanntes Interpretationszentrum eröffnet. Es wurde aus Steinen der Fortaleza und im Grundriss maßstabsgetreu seines Vorbilds erbaut. Dort wird alles Wissenswerte rund um das Leben der Altkanarier kompetent und anschaulich vermittelt. Es geht es ins malerische Hauptstädtchen Santa Lucía auf etwa 800 Metern Höhe. In der Gemeinde leben knapp 70.000 Einwohner und unter diesem Gesichtspunkt erscheint dieses Städtchen vergleichsweise klein. Das Gebiet erstreckt sich bis an die Küste, wo auch das bedeutendste Industriegebiet südlich der Hauptstadt Las Palmas angesiedelt ist (Poligo Industrial – Vecindario). Die Agrikultur ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig mit Schwerpunkt Tomaten, Paprika, Blumen und Bananen und natürlich Oliven. Der Weinanbau reicht ins 16. Jahrhundert zurück und noch bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurde hier Tabak angebaut.
Charmantes Dorfleben in Santa Lucía
Die kleine überschaubare Stadt verzaubert vor allem mit seinem kanarischen Charme, den hübschen Häusern mit den liebevoll restaurierten (zumeist weißen) Fassaden mit den eingearbeiteten Steinen, den Blumentöpfen und den romantischen Gassen. Aufgrund der Höhenlage ist es hier oftmals deutlich kühler als im Süden und das begünstigt den zumeist in Terrassen bewirtschafteten Anbau von Wein und Oliven und sogar Aprikosen.
An der einen Seite öffnet sich die Sicht auf das Tal, wo die Kanarische Dattelpalme (Phoenix Canariensis) allgegenwärtig ist, ebenso wie die Olivenbäume und Weinreben. Dahinter erhebt sich ein Bergmassiv. Wir schlendern entlang der Hauptstraße und genießen diese Ruhe. Vor uns thront die Iglesia de Santa Lucía auf einer Anhöhe. Die Namenspatronin der Gemeinde steht in Form einer Statue davor. Die Heilige Lucia wird in Schweden sehr verehrt und ist uns als „Lichterkönigin“ bekannt, deren Hauptfesttag der 13. Dezember ist. Kurioserweise ist sie auch die Schutzpatronin von der Ortschaft Santa Lucía und wird folglich auch in diesem kanarischen Dorf an ihrem Ehrentag gefeiert. Einige Bewohner haben es sich an den Sitzbänken vor dem Kirchplatz gemütlich gemacht und genießen die Sonnenstrahlen.
Wir kommen an einem „Tante Emma“ Laden vorbei und können nicht widerstehen, nachdem man uns großzügig Kostproben angeboten hat. Mandarinen, die nicht süßer sein könnten, Oliven im Glas, Mandelkekse, Kaktusfeigen etc. Ein großes Sortiment mit Hochprozentigem steht fein säuberlich geordnet in den Regalen, typisch kanarische Marken (Arehucas Rum etc.). Die Bewohner sind überaus herzlich und gegenüber Besuchern sehr offen. Sie sind ein Musterbeispiel an kanarischer Gastfreundlichkeit.
Mit dieser Verkäuferin haben wir die gleiche Erfahrung gemacht. Sobald ich meine Augen nur kurz auf etwas gerichtet habe, hat sie es mir schon zum Probieren angeboten.
Restaurant Mirador Santa Lucía
Wir schlendern schließlich weiter, der Hunger treibt uns voran. An einer der letzten Kurven vor dem Ortsausgang befindet sich das Restaurant Mirador de Santa Lucía. Ein relativ großes Gasthaus mit typischem kanarischen Essen, genau was wir wollten. Meine anfängliche Skepsis war sehr schnell verflogen.
Die Speisen waren sehr gut und günstig. Sie waren vor allem typisch für die Region und wir bestellten verschiedene Gerichte die wir quasi alle drei kreuz und quer durchprobierten (bis uns beinahe der Hosenbund platzte). Es war köstlich. Eines der Highlights war der überaus lustige kanarische Kellner. Er ist einer der vier Brüder, denen dieses Restaurant gehört. Sie führen es gemeinsam und das nun in dritter Generation. Einer steht in der Küche, die anderen schuften vor Ort, denn das Restaurant Mirador Santa Lucia ist groß und gut besucht.
Ein Augenschmaus ist der herrliche Ausblick (siehe Foto oben). In so einem Ambiente und mit so netten Menschen muss man sich einfach entspannen.
Kontakt
Restaurante El Mirador Santa Lucía de Tirajana
c/Maestro Enrique Hernández 5 in Santa Lucía (Las Palmas de Gran Canaria).
Tel.: 928 798 005