Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 01.10.2023, Viva Edition 204 | Print article

Sardina del Norte: Im Norden ticken die Uhren langsamer

Fernab der Hektik der Städte oder Getümmel an den Stränden in den Touristenenklaven liegt der pittoreske Küstenort Sardina del Norte, der zur Gemeinde Gáldar zählt. Hier scheint die Beschaulichkeit die Uhren angehalten zu haben und zu Unrecht, meiner Meinung nach, wird diesem hübschen Küstendorf in einschlägigen touristischen Reiseprospekten kein Tribut gezollt. 

Allerdings ist das vielleicht gar nicht so schlecht, denn so konnte sich Sardina seinen authentischen Charme bewahren und die Einheimischen scheint es wenig zu kümmern. Sie leben von Individualtouristen und Tagesausflüglern, die besonders an den Wochenenden aus allen Teilen der Insel in Scharen heranströmen. Sie wissen die kleinen Badebuchten, die fangfrischen Fisch- und Meeresfrüchte in den Restaurants und vor allem die fantastischen Tauchspots zu schätzen. 

Und tatsächlich ist es fünf Jahre her, seitdem ich das letzte Mal diesen malerischen Ort besucht habe. Bei meiner ‚Auffrischungstour‘ im vergangenen September konnte ich viel Neues entdecken. Keine Sorge, wer sich jetzt riesige Bettenhochburgen, protzige Jachten, überteuerte Restaurants, abgehobene Luxus-Boutiquen oder ähnliches erwartet, der wird nicht fündig. Hier wird ein anderer Luxus geboten: Authentischer kanarischer Charme in entspannter Atmosphäre und mit einer romantischen Kulisse.

Sardina del Norte im Nordwesten der Insel ist einfach zu finden. Folgen Sie der Küstenstraße im Norden in Richtung Gáldar auf der GC-2 und zweigen dort am Kreisverkehr auf die GC-202 ab. Kaum sieben Kilometer entfernt und vorbei an etlichen Bananenplantagen, denn diese Gegend ist eine der Hochburgen im Anbau der Plátanos de Canarias, liegt unser Ziel.

Anders als bisher, können Sie allerdings mit ihrem Auto nicht mehr bis zur Playa y Puerto de Sardina del Norte zufahren. Ein Schranken ermöglicht dies nur noch den Anrainern und autorisierten Personen, denn zu chaotisch wütete lange Zeit die ‚Blechlawine’, besonders an Wochenenden. 

Dafür stehen jetzt am Ortseingang neben der kleinen Kirche Iglesia de San Telmo Sardina große öffentliche, kostenlose Parkplätze zur Verfügung.

Sardina in neuem Kleid

Die Avda. Alcalde Antonio Rosas, quasi die Strandpromenade, erstrahlt in neu restauriertem Glanz und führt, frisch mit Pflastersteinen verlegt, hinab zum Strand bzw. zur Fischermole. Flankiert wird sie auf einer Seite vom glitzernden Meer und der Buchten und auf der anderen Seite von steilen, fast senkrechten Klippen. An diesen schmiegen sich einige Wohnhäuser in buntem Reigen bis in hohe Höhen. Da ich nicht annehme, dass diese mit einem Lift hochfahren können, bewundere ich an dieser Stelle die Sportlichkeit der Bewohner ehrfürchtig.

Spot zum Abtauchen

Sardina del Norte ist bei Tauchern aufgrund des Artenreichtums, immerhin sollen sich hier bis zu 14.000 Spezies tummeln, äußerst beliebt und das wird am Besucherstrom und den Tauchzentren evident. 

Während der Tauchsport in Europa vielerorts nun seinen ‚Winterschlaf‘ hält, lädt das vergleichsweise warme Wasser von ca. 22 °C im hiesigen Gewässer geradezu ein, um abzutauchen. 

Die Kanarischen Inseln, die als Folge etlicher vulkanischer Eruptionen, die vor über 22 Mio. Jahren begonnen haben, sich aus den Tiefen des Atlantiks erheben, bieten viele Highlights für Unterwasser-Entdeckungen an. Bizarre geologische Formationen und eine interessante Biodiversität locken Liebhaber dieses Wassersports aus aller Welt an. Einige Spots stechen dabei hervor, wie z. B. Playa de El Cabrón, Risco Verde oder eben Sardina del Norte.

Der Tauchspot in Sardina del Norte ist auch für Anfänger und Neulinge in der Unterwasserfotografie ideal. Hier tummeln sich auch einige gefährdete Spezies, wie z. B. die Seepferdchen (Caballitos de mar), Meerengel (Tiburones), Rochen, Grunzer, Gartenaale, Riesenanemonen etc.

Achtung Ausländer: Wer eine geführte Tauchexkursion bucht, sollte sich an die hiesigen Profis vor Ort wenden und nicht an die „übervermarkteten Zentren“, die von großen touristischen Einrichtungen vermittelt werden. Die Tauchlehrer an den jeweiligen Spots kennen ihre Zone am besten. In Sardina del Norte möchten wir BUCEO Norte Dive Center empfehlen. Es ist das erste Zentrum auf Gran Canaria, das mit dem Diamant-Zertifikat ausgezeichnet wurde. Sie bieten viele verschiedene Tauchgänge an, sogar welche mit Scooter oder welche für Personen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit. (buceonorte.com)

Fischrestaurants

Es gibt mehrere Restaurants, aber das Terraza El Ancla (dt. Der Anker) liegt direkt an der kleinen Mole in der Bucht und wird seit vielen Jahren im Familienbetrieb geführt. Frische Meeresfrüchte und Fische werden hier zu günstigen Preisen geboten wie Paella und kanarische Gerichte - keine Touristenfalle! Das freundliche Personal gibt Gästen ein herrliches Gefühl wirklich willkommen zu sein, die mediterran/kanarisch/spanischen Speisen sind mit Liebe frisch zubereitet, auch viele Gemüsegerichte, und das Ambiente ist herrlich unprätentiös! (Mo. und Di. geschlossen.)

Fazit

Der Erholungswert ist unbezahlbar, denn Stress ist hier ein Fremdwort. Wer die Möglichkeit hat, den Besuch auf einen Wochentag anzulegen, der kann die Ruhe noch besser genießen, denn an Sonntagen ist Sardina del Norte ein beliebtes Ausflugsziel für Tagesausflügler und Taucher.  jm

_________________

Hintergrundinfo: Bananenproduktion 

349.000 Tonnen „Plátanos de Canarias“ wurden im Jahr 2022 auf den Kanaren produziert und zwar anteilig 50 % auf Teneriffa, 26 % auf Gran Canaria und 22 % auf La Palma. Die Volumen der anderen Inseln sind nur gering. An dieser Stelle muss auch hervorgehoben werden, dass sich normalerweise La Palma auf dem 2. Rang reiht, doch die Eruption im Jahr 2021 hat viele Anbauflächen zerstört. Ungeachtet davon sind in etwa 12.000 Personen in der Bananenproduktion beschäftigt. Auf Gran Canaria sind es die Gegenden im Norden (Arucas und Gáldar), die als die Hochburgen des Bananenanbaus gelten.

Vertrieb:  11,21 % werden auf dem Kanarischen Inseln vertrieben, 0,5 % in den hiesigen Märkten, 88 % werden auf die Iberische Halbinsel exportiert und nur 0,21 % gelangen außerhalb Spaniens Grenzen.

Quelle: ASPROCAN Jahresbericht 2022.

_________________

Bildbeschriftungen:

01: Iglesia de San Telmo Sardina

02: Blick auf Sardina del Norte vom Plateau neben der Kirche

03: Scampi mit Knoblauch für 13 Euro (so wie abgebildet)

04: Tagesfisch gegrillt mit Gemüse und Kartoffeln (also fangfrisch) für 11 Euro.

_________________