Am 12. Dezember lief die SSS Gorch Fock, das Segelschulschiff der Deutschen Marine, unter dem Kommando von Kapitän zur See Helge Risch mit 100 Kadetten und 125 Stammsoldaten wieder im Hafen von Las Palmas ein. Die Offiziersanwärter werden im Verlauf der Liege- und Fahrtzeiten erste praktische Erfahrungen an Bord dieses Großseglers sammeln. Obwohl das kanarische Gewässer und das Klima relativ stabil sind und so für die Segelmanöver geradezu ideal ist, bietet die Natur hin und wieder auch mal Überraschungen. Und man kann sich vorstellen, wie aufregend so ein Aufenthalt auf einem Segelschiff bei rauer See sein kann. Dann ist nämlich Teamwork gefragt. Neben der seemännischen Basisausbildung, sind es genau diese Werte wie Kameradschaft, Zusammenarbeit und Rücksichtnahme, die man sich eben nicht in der Theorie aneignen kann. Diese Erfahrungen sammeln die jungen Menschen an Bord.
Schon 35 Mal um die Erde gesegelt
Seit Beginn der Indienststellung der SSS Gorch Fock im Jahr 1958 wurden über 15.000 (Unter)Offiziersanwärter auf ihr ausgebildet. Das Segelschulschiff hat inzwischen über 750.000 Seemeilen zurückgelegt, was 35 Erdumsegelungen entspricht. Das Schiff zählt zum Typ „Bark“. Darunter versteht man ein Schiff mit mindestens drei Masten mit Rahsegeln (trapezförmig) am vorderen und Gaffelsegel am hinteren Mast. 45,5 Meter hoch ist der Hauptmast.
Darüber hinaus verfügt das 89 Meter lange Schiff über 23 Segel aus Synthetic mit einer Fläche von insgesamt 2.000 Quadratmetern. Mit ihnen kann die SSS Gorch Fock bis zu 16 Knoten Fahrt aufnehmen, was umgerechnet in etwa 29 km/h entspricht. Ohne Wind hat das Segelschulschiff die Möglichkeit, einen Motor hinzu zu schalten, mit dem sie eine Geschwindigkeit von max. 13 kn erreichen kann.
Die SSS Gorch Fock verlässt am 13. Januar 2014 den Hafen von Las Palmas und wird mit dem zweiten Teil der Crew von Santa Cruz de Tenerife aus über Portugal und Irland wieder in Richtung Heimathafen Kiel in See stechen, wo sie voraussichtlich am 12. April 2014 einfahren wird.Auch dieses Jahr können Interessierte an den „Open Ship Days“ an Bord des Segelschulschiffs (siehe Kasten).
Das beeindruckende Segelschulschiff der deutschen Marine SSS Gorch Fock ist am 19. Dezember im Hafen von Las Palmas eingelaufen und wird dort noch bis zum 25. Februar bleiben. Kapitän zur See Helge Risch lud den spanischen Admiral Gregorio Bueno zum Essen in die Offiziersmesse ein und öffnete danach die Türen für die Medienvertreter. Als einziges deutschsprachiges Magazin war Viva Canarias an diesem Tag dabei. Das Ausbildungsschiff für Offiziersanwärter darf die militärischen Einrichtungen vom Puerto de La Luz benutzen. So kam zur Begrüßung auch die oberste Kommandoriege der spanischen Marine an Bord. Ebenfalls anwesend waren der Deutsche Konsul Peter Schmid und weitere offizielle Vertreter.
Die Geschichte
In den 30er Jahren liefen in Hamburg fünf Schiffe des Typs Bark vom Stapel so wie der Vorgänger des heutigen Schulschiffs, die Gorch Fock I. Namenspatron war übrigens der im Jahr 1880 geborene Johann Kienau, der mit seinen Kurzgeschichten wie beispielsweise „Seefahrt in Not“ Bekanntheit erlangte und sein Spitzname war eben Gorch Fock. Das erste Schiff sank in den Wirren des Weltkriegs. Sein getreues Abbild wurde 1958 in Hamburg von der Werft Blohm & Voss vom Stapel gelassen und dient seitdem als Ausbildungsschiff (siehe Ausgabe 25).
Frauen an Bord - kein Geschlechterkampf
Eine der sechs Frauen der 75 ständigen Besatzungsmitglieder ist Leutnant zur See Mutscher, die durch das Schiff führte und vom Leben an Board erzählte. Obwohl Frauen in der Minderheit sind sei das Zusammenleben an Bord von geschlechtsspezifischen Sorgen unbelastet, wie uns glaubhaft vermittelt wurde.
Nun spricht der Kapitän
Vom „Einsegeln“ und anderen Aufgaben: Nach einleitenden Worten zur Geschichte der SSS Gorch Fock erläutert Kapitän Risch die Mission wie folgt: „Wir sind am 27. November aus unserem Heimathafen Kiel ausgelaufen ,wohin wir am 18. Mai 2013 wieder zurückkehren werden. Die erste Gruppe der auszubildenden Offiziersanwärter kommt am 21. Januar an Bord. In der Zwischenzeit steht das Einsegeln auf dem Programm.
Das Schiff lag wegen Renovierungsarbeiten fast zwei Jahre lang auf dem Trockenen und die ganze Takelage wurde abgenommen. Man kann sich vorstellen wie komplex die Menge an Tauwerk, Masten, Blöcken oder Beschlägen ist, um mehr als 2.000 Quadratmeter Segel bedienen zu können. Nun muss sichergestellt werden, dass alles wieder einwandfrei funktioniert, bevor mit den intensiven Ausbildungsfahrten begonnen wird. Jedes Mitglied der Mannschaft muss jedes der 23 Segel kennen und vor allem welches Tau wofür dient. Keine leichte Aufgabe, wenn man das komplizierte Maschenwerk der Takelage betrachtet. Doch auch Putzen zählt zu den Aufgaben, denn alles blitzt und blankt. Vor jedem Einlaufen in einen Hafen schrubbt die Mannschaft auf Teufel komm raus jede kleinste Ecke des 89 Meter langen Schiffs.
Die Ausbildungslehrgänge
Nach einer mehrjährigen Grundausbildung werden erstmals die Offiziersanwärter vor der ersten Ausfahrt zur Vorbereitung ein Sicherheitstraining absolvieren, das diese auf die Anforderungen eines klassischen Segelschiffs vorbereiten soll. Da nicht alle Aspiranten auf einmal Platz haben, werden zwei Lehrgänge durchgeführt. Das ist auch der Grund für den relativ langen Aufenthalt in Kanarischen Gewässern.
Warum ausgerechnet Gran Canaria? Und was passiert, wenn der Wind nicht mitspielt?
„Weil es hier so schön ist“, verteilt Kapitän Risch Komplimente an die Gastgeber und führt fort: „Der zweite Grund ist, dass die Wind- und Wetterverhältnisse sehr stabil und so für Ausbildungsmanöver geradezu ideal sind.“ (Anm.: Die kommandierenden Offiziere geben ihre Befehle von der Brücke an Deck aus. Das heißt auch sie sind, so wie jedes Besatzungsmitglied, jedem Wetter ausgesetzt sei es der Hitze der Sonne oder bei nasskaltenStürmen). „Wenn wir bei den Wetterverhältnissen bleiben, Herr Kapitän, wie können Sie die Route so genau planen, wenn doch die Geschwindigkeit des Schiffs vom vorherrschenden Wind abhängt?“
„Erfahrung und großzügige Zeiteinteilung sind für die Routenplanung äußerst wichtig. Nachdem es sich um ein Marineschiff handelt, können wir nicht einfach irgendwann irgendwo einlaufen. Wir müssen unsere Ankunft ankündigen und dann zum geplanten Termin erscheinen. Wenn wir früher ankommen sollten, müssen wir eben ein paar Stunden oder Tage in nahen Gewässern kreuzen, bis es soweit ist. So war es auch diesmal als wir nach Gran Canaria segelten“. (Anm.: Das Schiff hat einen Zusatzmotor, der bei Bedarf an windstillen Tagen dazugeschaltet werden kann).
Kommandant Risch erzählt stolz, wie die SSS Gorch Fock mehrmals erfolgreich an sogenannten „First Ship Home“-Regatten teilgenommen hat. Auch gegen ihre Schwesternschiffe konnte sie den dafür vorgesehenen Pokal schließlich in ihren Besitz nehmen. Mangels Erfolgsaussichten will keiner mehr gegen sie um die Wette segeln vermuten wir, was der Kapitän mit Schmunzeln weder bestätigt noch dementiert.
Der Kapitän bleibt immer an Bord
Während die Mannschaft an- und abreist gibt es einen, der niemals das Schiff verlässt und durchgängig an Bord bleibt. „Das ist das Los des Kapitäns“ lächelt Helge Risch, der nicht den Eindruck erweckt als würde ihm dieser Umstand irgendwie unangenehm sein. Öffentlichkeitsarbeit sieht er als Teil seiner Aufgaben, ebenso wie der Umgang mit öffentlichen Vertretern und anderen Marineverbänden und das liegt ihm im Blut, so souverän und kompetent, wie der charismatische Kapitän die Pressekonferenz leitete.
Nachtrag
Neben der fachlichen seemännischen Ausbildung sind die persönlichen Erfahrungen auf hoher See von großer Bedeutung, insbesondere da der Raum an Bord so begrenzt ist. Die Abhängigkeit von Kameraden und die gute Zusammenarbeit ist auf einem Segelschiff wesentlich, ebenso wie die gegenseitige Rücksichtnahme.
STECKBRIEF SSS GORCH FOCK
Länge: 89 Meter
Höhe des Hauptmasts: 45,5 Meter
Tiefgang: 5,2 Meter
Segel: 23 (aus Synthetik)
Segelfläche: 2.000 qm
Ballast: 300 Tonnen
Geschwindigkeit
Motorantrieb: max. 13 Knoten
Segel: max. 16 Knoten
Crew:
Offiziere: 12
Oberbootsmänner: 14
Bootsmänner: 24
Schiffsmänner: 24
Kadetten: 120